[6] 1. Nach der gem. § 125a II 2 PatG im Patentnichtigkeitsverfahren entsprechend anwendbaren Regelung in § 130d S. 1 ZPO war die von einem Rechtsanwalt eingereichte Berufungsschrift grundsätzlich als elektronisches Dokument zu übermitteln. [7] 2. Im Streitfall war die Übermittlung per Telefax gem. § 130d S. 2 ZPO ausnahmsweise ausreichend. [8] Die Bekl. hat hinreichend und rechtzeitig glaubhaft gemacht, dass eine elektronische Übermittlung aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich war. [9] a) Entgegen der Auffassung der Kl. ist die Glaubhaftmachung rechtzeitig erfolgt. [10] aa) Gemäß § 130d S. 3 ZPO ist die vorübergehende Unmöglichkeit bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen. [11] Nach der Rechtsprechung des BGH hat die Glaubhaftmachung danach möglichst gleichzeitig mit der Ersatzeinreichung zu erfolgen. Eine unverzügliche Nachholung kommt ausschließlich dann in Betracht, wenn der Rechtsanwalt das technische Defizit erst kurz vor Fristablauf bemerkt und ihm daher nicht mehr genügend Zeit für die gebotene Darlegung und Glaubhaftmachung in dem ersatzweise einzureichenden Schriftsatz verbleibt (BGH, Beschl. v. 17.11.2022 – IX ZB 17/ 22, NJW 2023, 456 Rn. 11; Beschl. v. 26.1.2023 – V ZB 11/22, WRP 2023, 833 Rn. 11). [12] bb) Eine noch am gleichen Tag wie die Ersatzeinreichung bei Gericht eingegangene Darlegung und Glaubhaftmachung ist als gleichzeitig im Sinne dieser Grundsätze anzusehen. [13] Der Regelung in § 130d S. 3 ZPO ist allerdings zu Glaubhaftmachung noch am gleichen Tag entnehmen, dass die Gründe für die Ersatzeinreichung so schnell wie möglich darzulegen und glaubhaft zu machen sind. Bei Anlegung dieses Maßstabes darf jedoch nicht außer Acht gelassen werden, dass eine Frist für die Einlegung oder Begründung eines Rechtsmittels grundsätzlich bis zum Ende des betreffenden Tages ausgenutzt werden darf. Vor diesem Hintergrund ist es nicht zu beanstanden, wenn die Ersatzeinreichung und die Darlegung und Glaubhaftmachung am gleichen Tag mit zwei getrennten Schriftsätzen übermittelt werden. [14] Die Darlegung und Glaubhaftmachung wäre auch vom Rechtsstandpunkt der Kl. aus rechtzeitig erfolgt, wenn die Bekl. die Berufungsschrift zusammen mit diesem Schriftsatz erneut per Telefax übermittelt hätte. Ein solches Ansinnen liefe aber auf eine leere Förmelei hinaus, weil die Berufungsschrift in dieser Form dem Gericht bereits vorlag. [15] b) Die Bekl. hat hinreichend glaubhaft gemacht, dass die in § 130d S. 2 ZPO normierten Voraussetzungen für eine Ersatzeinreichung vorgelegen haben. [16] aa) Nach der Rechtsprechung des BGH sind zur Glaubhaftmachung eine aus sich heraus verständliche, geschlossene Schilderung der tatsächlichen Abläufe oder Umstände und eine eidesstattliche oder anwaltliche Versicherung erforderlich (BGH, Beschl. v. 21.9. 2022 – XII ZB 264/22, NJW 2022, 3647 Rn. 15). [17] Diesen Anforderungen wird das Vorbringen der Bekl. gerecht. [18] Die Bekl. hat dargelegt und anwaltlich versichert, mehrfache Übermittlungsversuche dass zwei ihrer Prozessbevollmächtigten am 20.4. 2023 zwischen 12:56 Uhr und 18:34 Uhr insgesamt zwölfmal versucht haben, die Berufungsschrift aus ihrem besonderen elektronischen Anwaltspostfach zu übermitteln, und dass alle Übermittlungsversuche mit der Meldung geendet haben, die Nachricht habe nicht an den Intermediär des Empfängers übermittelt werden können. Sie haben ferner dargelegt, dass am 20.4.2023 auf den Internetseiten des elektronischen Gerichts- und Verwaltungspostfachs (https://egvp.justiz.de) eine mit dem Status „aktuell“ gekennzeichnete Meldung veröffentlicht war, wonach (unter anderem) die Bundesgerichte seit dem 19.4.2023 um 14:12 Uhr „vorläufig nicht erreichbar“ seien. [19] Diese Schilderung ist aus sich heraus verständlich und in sich geschlossen. Sie wird bestätigt durch die anwaltliche Versicherung und durch die vorgelegten Screenshots des Postausgangsordners der beiden besonderen elektronischen Anwaltspostfächer und den Screenshot der Fehlermeldung bezüglich des elektronischen Gerichts- und Verwaltungspostfachs. [20] bb) Aus dem glaubhaft gemachten Vorbringen erScreenshots vorgelegt gibt sich, dass die elektronische Übermittlung aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich war. [21] Durch die dokumentierten Fehlermeldungen ist glaubhaft gemacht, dass das elektronische Gerichtsund Verwaltungspostfach des BGH seit 19.4.2023 nicht erreichbar war, dass dieser Zustand am 20.4.2023 angedauert hat und dass nicht abzusehen war, wann die Störung behoben sein würde. Danach ist der Tatbestand des § 130d S. 2 ZPO verwirklicht. [22] In diesem Zusammenhang kann offen bleiben, ob bereits jede noch so kurzfristige Störung die Möglichkeit der Ersatzeinreichung eröffnet und ob eine elektronische Übermittlung im Zeitraum zwischen dem letzten Sendeversuch um 18:34 Uhr und Mitternacht möglich gewesen wäre. Eine vorübergehende Unmöglichkeit i.S.v. § 130d S. 2 ZPO liegt jedenfalls dann vor, wenn eine elektronische Übersendung über einen längeren Zeitraum hinweg nicht möglich und nicht abzusehen ist, wann die Störung behoben sein wird. [23] Eine solche Situation liegt insb. dann vor, wenn sich aus einer Meldung auf den Internet-Seiten des elektronischen Gerichts- und Verwaltungspostfachs oder einer anderen zuverlässigen Quelle ergibt, dass der betreffende Empfangsserver nicht zu erreichen ist, und nicht angegeben ist, bis wann die Störung behoben sein ELEKTRONISCHER RECHTSVERKEHR BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 6/2023 425
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