V. ERGEBNISSE DER BEFRAGUNG Erfragt wurden die Einschätzungen der (Patent-)Anwältinnen und Anwälte zur Erforderlichkeit einer Lockerung des Fremdbesitzverbots sowie der Ermöglichung von Investitionen mit Gewinnbeteiligung und der damit verbundenen Chancen und Risiken. Die im folgenden dargestellten Ergebnisse der Befragung beziehen sich jeweils auf die Gesamtheit der Teilnehmenden. Dabei wird nicht nach Zugehörigkeit zur Rechtsanwaltschaft oder Patentanwaltschaft differenziert. Eine Auswertung etwa nach Alter, Dauer der Berufszugehörigkeit, Geschlecht oder fachlicher Ausrichtung der Teilnehmenden ist nicht möglich, da diese Parameter nicht erhoben wurden. Hierfür hätte es einer größer angelegten Studie bedurft; dem Ministerium ging es jedoch ersichtlich um ein schnelles Meinungsbild. Bei der Auswertung wird, soweit möglich, nach den in Frage232 32 Dazu oben IV.2. erhobenen Kanzleigrößen differenziert. Um die Darstellung übersichtlich zu halten, werden hierbei jeweils nur die Antworten der Personengruppen betrachtet, die selbst über die Aufnahme von Kapitalgebern (mit-)entscheiden können – also von Einzelanwältinnen und -anwälten sowie von Partnerinnen und Partnern in Kanzleien.33 33 Angestellte sind jedoch in den angegebenen Gesamtzahlen mitenthalten. Sie machen lediglich einen Anteil von gut 13 % der Teilnehmenden aus, vgl. IV.2. Die geäußerte Skepsis gegenüber einer Lockerung des Fremdbesitzverbots ist in dieser Gruppe über alle Fragen und Kanzleigrößen hinweg etwas größer als unter den Einzelanwält:innen und Partner:innen. In der letzten Frage konnten die Teilnehmenden ergänzende Anmerkungen zu möglichen Reformüberlegungen machen. Von dieser Möglichkeit machten 1.159 Personen Gebrauch. Bei diesen Freitextantworten zeigte sich ein ähnliches Bild wie bei den vorhergehenden Fragen mit vorgegebenen Antwortmöglichkeiten: Der weit überwiegende Teil der Teilnehmenden lehnt eine Lockerung des Fremdbesitzverbots ab und sieht Gefahren für den Anwaltsberuf. Nur ein kleiner Teil der Antworten äußert sich positiv bzw. argumentiert gegen die von den Kritikern gesehenen Gefahren einer Lockerung. Die Freitextantworten werden in die Auswertung im Folgenden punktuell einbezogen. 1. ERFORDERLICHKEIT EINER LOCKERUNG DES FREMDBESITZVERBOTS Gegenstand von Frage4 ist, ob die Befragten eine Lockerung des Fremdbesitzverbots – insb. vor dem Hintergrund des durch die digitale Transformation gestiegenen Finanzierungsbedarfs – für erforderlich halten. Mehrfachnennungen waren bei dieser Frage möglich, schließen sich aber in den meisten Konstellationen logisch gegenseitig aus. a) MEINUNGSBILD Nur ein sehr geringer Anteil von 7,23 % der Teilnehmenden hält eine Lockerung zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit für erforderlich. 6,82 % halten eine Lockerung zwar nicht für erforderlich, würden sie aber als Chance begrüßen. Insgesamt stehen also 14,05 % der Teilnehmenden einer Lockerung aufgeschlossen gegenüber. Die Einschätzungen unterscheiden sich graduell nach der Größe der Kanzlei, in der die Teilnehmenden tätig sind. Aufgeschlüsselt nach Kanzleigrößen ergibt sich folgendes Bild: Lediglich gut 5 % der Einzelanwält:innen hält eine Lockerung für erforderlich (5,43 %) bzw. würden sie als Chance begrüßen (5,36 %). In Kanzleien mit bis zu fünf Anwält:innen sind es 5,98 %, die eine Lockerung für erforderlich halten bzw. 6,57 %, die sie als Chance begrüßen würden. In Kanzleien mit bis zu zehn Anwält:innen liegt der Anteil bei 9,91 % bzw. 7,87 %, in Kanzleien mit bis zu 20 Anwält:innen bei 13,44 % bzw. 7,53 % und in Kanzleien mit mehr als 20 Anwält:innen bei 18,38 % bzw. 13,4 %. Insgesamt 27,69 %benötigen für ihr Geschäftsmodell keine Lockerung des Fremdbesitzverbots, weil sie entweder keinen erhöhten Finanzierungsbedarf haben oder diesen anderweitig decken können.34 34 Die Antwortoption zielt auf den konkreten Finanzierungsbedarf und steht neben der Option „komplette Ablehnung einer Lockerung“. Der Wert ist daher nicht mit dem deutlich höheren Wert des Berufsrechtsbarometers 2021 (vgl. Kilian, AnwBl. 2022, 320 (321)) vergleichbar. Dort sahen 87 % keinen Bedarf für eine reine Kapitalbeteiligung, wobei es nur die Antwortoptionen ja/nein/Enthaltung gab. Hier zeigt sich ein relativ homogenes Bild: 28,21 % der Einzelanwält:innen benötigen keine Lockerung, 31,65 % in Kanzleien mit bis zu fünf Anwält:innen, 30,9 % in Kanzleien mit bis zu zehn Anwält:innen, 36,02 % in Kanzleien mit bis zu 20 Anwält:innen und 21,5 % in Kanzleien mit mehr als 20 Anwält:innen. Eine deutliche Mehrheit von insgesamt 62,57 % lehnt eine Lockerung des Fremdbesitzverbots generell ab. Der Anteil der ablehnenden Antworten sinkt hierbei mit steigender Kanzleigröße: 64,76 % der Einzelanwält:innen lehnen eine Lockerung generell ab, 64,9 % der Teilnehmenden in Kanzleien Anwält:innen mit bis zu fünf Anwält:innen, 60,64 % in Kanzleien mit bis zu zehn Anwält:innen, 56,45 % in Kanzleien mit bis zu 20 Anwält:innen und 52,96 % in Kanzleien mit mehr als 20 Anwält:innen. Insgesamt 7,77 % stehen einer Lockerung neutral gegenüber und weitere 0,99 % halten keine der Antwortmöglichkeiten für passend. b) BEWERTUNG aa) ÜBERWIEGENDE ABLEHNUNG UND GERINGES INTERESSE Ein sehr großer Teil – fast zwei Drittel – der Teilnehmenden lehnt eine Lockerung des Fremdbesitzverbots generell ab, ein weiteres gutes Viertel lehnt dies zwar nicht generell ab, sieht aber keinen Bedarf für eine Lockerung. Dies war nicht nur nach dem Verlauf der früheren BRAK-MITTEILUNGEN 1/2024 AUFSÄTZE 6
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