BRAK-Mitteilungen 1/2024

scheint fraglich und dürfte sich allenfalls für größere oder sehr stark spezialisierte Kanzleien lohnen. Insgesamt lässt sich jedenfalls nicht ohne weiteres unterstellen, dass es im Zusammenhang mit der digitalen Transformation für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte in der Breite einen deutlich gestiegenen Finanzierungsbedarf gibt. Überdies ist fraglich, ob dieser überhaupt eine Größenordnung erreichen würde, die sich nicht aus laufenden Einnahmen oder mit den bereits existierenden und von der Anwaltschaft auch genutzten Finanzierungsmöglichkeiten tragen lassen würde. 2. INVESTITIONEN IN DIGITALISIERUNG Frage5 ergründet, ob die Befragten selbst gerne (mehr) in die Digitalisierung der eigenen Kanzlei oder Berufsausübungsgesellschaft investieren wollen und wenn ja, in welcher Form. Mehrfachnennungen waren hierbei möglich. a) MEINUNGSBILD Dabei ergab sich generell das Bild, dass mit steigender Größe der Kanzlei auch ein höherer Bedarf an Investitionen in Bezug auf Digitalisierung gesehen wird. Die Einschätzungen unterscheiden sich hierbei z.T. sehr deutlich. Insgesamt 31,57 % der Teilnehmenden gaben an, dass sie gerne zusätzliche Investitionen für die Digitalisierung ihrer Kanzlei tätigen würden. Bei den Einzelanwält:innen sind es lediglich 26,26 %, in Kanzleien mit bis zu fünf Anwält:innen 35,67 %, in Kanzleien mit bis zu zehn Anwält:innen 44,64 %, in Kanzleien mit bis zu 20 Anwält:innen 48,39 % und in Kanzleien mit mehr als 20 Anwält:innen 48,41 %. 12,41 % sehen Bedarf für denAufbau einer eigenen Legal Tech-Plattform. Auch hier waren die Einzelanwält:innen mit 8,73 % am zurückhaltendsten. In Kanzleien mit bis zu fünf Anwält:innen sehen 10,32 % einen derartigen Bedarf, in Kanzleien mit bis zu zehn Anwält:innen 13,10 %, in Kanzleien mit bis zu 20 Anwält:innen 20,97 % und in Kanzleien mit mehr als 20 Anwält:innen 36,62 %. 24,31 % sehen Bedarf für eine umfassende Integration von KI-Anwendungen. Bei den Einzelanwält:innen sehen 17,51 % Bedarf hierfür, in Kanzleien mit bis zu fünf Anwält:innen tun dies 24,40 %, in Kanzleien mit bis zu zehn Anwält:innen 34,82 %, in Kanzleien mit bis zu 20 Anwält:innen 39,78 % und in Kanzleien mit mehr als 20 Anwält:innen 50,00 %. 29,85 % sehen Bedarf in Bezug auf die Digitalisierung der Kanzleistrukturen und den Erwerb von Lizenzen an bestehenden IT-Produkten (z.B. Kanzleisoftware). 23,58 % der teilnehmenden Einzelanwält:innen sehen hierfür Bedarf. Bei den Kanzleien mit bis zu fünf Anwält:innen sehen dies 34,39 %, in Kanzleien mit bis zu zehn Anwält:innen 41,37 %, in Kanzleien mit bis zu 20 Anwält:innen 44,62 % und in Kanzleien mit mehr als 20 Anwält:innen 45,86 %. Insgesamt 36,59 % sehen derzeit keinen Bedarf für Investitionen in die Kanzlei-Digitalisierung. Am wenigsten häufig sehen Einzelanwält:innen mit 46,38 % solchen Investitionsbedarf; in Kanzleien mit bis zu fünf Anwält:innen sehen 31,40 % keinen Bedarf, in Kanzleien mit bis zu zehn Anwält:innen 18,45 %, in Kanzleien mit bis zu 20 Anwält:innen 14,52 % und in Kanzleien mit mehr als 20 Anwält:innen lediglich 10,19 %. 6,19 % der Teilnehmenden fanden keine der Antwortmöglichkeiten passend. b) BEWERTUNG Gefragt wurde allgemein nach dem „Wollen“, nicht nach der Größenordnung etwaiger Investitionen. Rückschlüsse darauf, ob mit der geäußerten Investitionsabsicht überhaupt ein Bedarf an externer Finanzierung – sei es auf herkömmlichen Wegen oder durch reine Kapitalgeber – verbunden ist, lassen sich aus den Antworten nicht ziehen. Ebenso wenig lässt sich aus dem geäußerten Willen bzw. Bedarf schließen, ob und ggf. in welcher Zeitspanne entsprechende Projekte tatsächlich realisiert werden. Denn neben finanziellen Mitteln spielt vor allem auch der erhebliche zeitliche Aufwand für die Vorbereitung und Umsetzung von Digitalisierungsprojekten eine Rolle und kann auch dazu führen, dass Projekte aufgeschoben oder gar nicht erst angegangen werden. Vor dem Hintergrund, dass in der Diskussion ein (vermeintlich) bestehender Investitionsbedarf als Argument für eine Lockerung angeführt wird,41 41 Dazu oben I.2. sticht der Befund besonders ins Auge, dass mehr als ein Drittel (36,59 %) der Teilnehmenden überhaupt keinen solchen Bedarf sieht. Zudem geben nur wenige der Teilnehmenden (rund 12 % bzw. rund 24 % bzw. knapp 30 %) Bedarf für konkrete IT-Projekte an. Da hier Mehrfachnennungen möglich waren, lassen sich die Werte nicht ohne Weiteres addieren. Besonders interessant sind auch bei dieser Frage die Antworten der Teilnehmenden aus kleinen Kanzleistrukturen: Lediglich etwas mehr als ein Viertel der Einzelanwält:innen wollen in die Digitalisierung ihrer Kanzlei investieren, fast die Hälfte sieht für solche Investitionen keinen Bedarf. In Kanzleien mit bis zu fünf Anwält:innen möchten jeweils grob ein Drittel in Digitalisierung investieren bzw. sehen keinen Bedarf dafür. Das legt nahe, dass das von den Befürwortern einer Lockerung formulierte Ziel, dadurch kleine Kanzleien stärken zu wollen, an deren Bedürfnissen vorbeigeht. 3. AUFNAHME REINER KAPITALGEBER Frage6 zielte darauf, ob die Befragten es sich vorstellen können, selbst reine Kapitalgeber als Gesellschafter aufzunehmen, wenn dies erlaubt wäre. Mit zunehmender Kanzleigröße zeigt sich hierbei eine zunehmende Offenheit für die Aufnahme reiner Investoren. NITSCHKE/WIETOSKA, FREMDBESITZVERBOT AUF DEM EMPIRISCHEN PRÜFSTAND BRAK-MITTEILUNGEN 1/2024 AUFSÄTZE 8

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