BRAK-Mitteilungen 1/2024

sen durch geeignete technische und organisatorische Maßnahmen sicherstellen, dass Dritte keine Veränderungen an der Akte vornehmen. Nach Anklageerhebung geht die Verantwortung zur Aktenführung auf das Gericht über. (3) Die Akten sind chronologisch zu führen. Bei der Anlage der Akte sollen neben der Hauptakte bereits die nach Art und Umfang des Verfahrens notwendigen Sonderbände namentlich definiert werden. Die Hauptakte muss insbesondere alle wesentlichen Ermittlungsmaßnahmen und Ermittlungsergebnisse beinhalten. Soweit ein Dokument nicht in die Hauptakte, sondern lediglich in die Sonderbände aufgenommen wird, ist dies in der Hauptakte zu vermerken. (4) Die Bundesregierung und die Landesregierungen bestimmen jeweils für ihren Bereich durch Rechtsverordnung die für die elektronische Aktenführung geltenden organisatorischen und dem Stand der Technik entsprechenden technischen Rahmenbedingungen einschließlich der einzuhaltenden Anforderungen des Datenschutzes, der Datensicherheit und der Barrierefreiheit. Sie können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die zuständigen Bundes- oder Landesministerien übertragen. (5) Die Bundesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die für die Übermittlung elektronischer Akten zwischen Strafverfolgungsbehörden und Gerichten geltenden Standards. Sie kann die Ermächtigung durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates auf die zuständigen Bundesministerien übertragen. 2. EINSICHT IN ELEKTRONISCH GEFÜHRTE STRAFAKTEN a) BEREITSTELLEN DER AKTE Die Einsicht in elektronisch geführte Strafakten soll sich in erster Linie nach § 32f StPO i.V.m. der Strafakteneinsichtsverordnung (StrafAktEinV) richten.26 26 Vgl. Verordnung über die Standards für die Einsicht in elektronische Akten im Strafverfahren (Strafakteneinsichtsverordnung – StrafAktEinV) v. 24.2.2020, BGBl. 2020 I, 242. Diese sieht dabei verschiedene Übermittlungswege für die Gewährung der Einsicht in elektronische Strafakten vor. Grundsätzlich wird Akteneinsicht durch das Bereitstellen zum Abruf in einem Internetportal (§ 2 StrafAktEinV) oder die Übermittlung auf einem sicheren Übermittlungsweg i.S.d. § 34a IV StPO (§ 3 StrafAktEinV) gewährt, § 32f I 1 StPO. Die Einsichtnahme in den Diensträumen (§ 4 StrafAktEinV), das Ausdrucken (§ 5 StrafAktEinV) oder das Speichern auf einem physischen Datenträger (§ 6 StrafAktEinV) kommen nur auf besonderen Antrag hin in Betracht. Diese grundsätzliche Rangfolge ist notwendig, um dem Zweck der elektronischen Aktenführung gerecht zu werden. Sofern die Bereitstellung über ein Internetportal erfolgt, muss neben ausreichenden datenschutzrechtlichen Sicherungsmaßnahmen gewährleistet sein, dass alle Prozessbeteiligten eine Benachrichtigungerhalten.27 27 Hierzu bereits BRAK Stn.-Nr. 60/2021, 4. Dies sollte durch eine Ergänzung in § 2 StrafAktEinV klargestellt werden. §2 Bereitstellen des Inhalts zum Abruf (1) Für die Einsicht in elektronische Akten wird ihr Inhalt, soweit Einsicht gewährt werden soll, in Form des Repräsentats zum Abruf bereitgestellt. Auf dem Repräsentat ist der Name der Person, der Akteneinsicht gewährt wird, dauerhaft erkennbar anzubringen. Dem Repräsentat soll ein strukturierter maschinenlesbarer Datensatz beigefügt werden, der den nach § 8 Nummer 1 bekanntgemachten Definitions- oder Schemadateien entspricht. (2) Die Bereitstellung erfolgt für 30 Tage. Die Person, der Akteneinsicht gewährt wird, ist auf die Bereitstellung, das Datum des Stands der elektronischen Akte sowie auf das Datum, an dem die Bereitstellung endet, hinzuweisen. Die Benachrichtigung soll über einen sicheren Übermittlungsweg nach § 32a Absatz 4 der Strafprozessordnung erfolgen. (3) Der Abruf ist über das Internet möglich. Die Internetseite wird in geeigneter Weise bekanntgemacht. Der Abruf darf nur erfolgen, wenn sich die Person, der Akteneinsicht gewährt wird, hinreichend sicher authentisiert hat. Der abzurufende Inhalt ist nach dem Stand der Technik verschlüsselt zu übertragen. Er soll auf dem System der Person, der Akteneinsicht gewährt wird, gespeichert werden können. (4) Bei der Einrichtung der Internetseite für ein Akteneinsichtsportal sollen die Anforderungen an die Barrierefreiheit im Sinne der Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung vom 12. September 2011 (BGBl. I S. 1843), die zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 21. Mai 2019 (BGBl. I S. 738) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung beachtet werden. b) „LIVE-AKTE“ Die Einführung einer sog. „Live-Akte“ ist sowohl hinsichtlich Aktenführung als auch Akteneinsicht aus Sicht der BRAK die vorzugswürdigste Lösung. Live-Akte meint eine elektronisch geführte und in einem virtuellen Arbeitsraum hinterlegte Akte, auf die die Verfahrensbeteiligten grundsätzlich rund um die Uhr zugreifen können. Die Verfahrensbeteiligten können so z.B. schneller und eigenständig nachvollziehen, ob neue Aktenbestandteile hinzugekommen sind. Dabei wäre es praktikabel, wenn die Verfahrensbeteiligten bei dem Hinzukommen von Aktenbestandteilen eine Benachrichtigung erhalten, in der auch mitgeteilt wird, welche Aktenteile hinzugekommen sind. Durch technische Vorkehrungen kann gewährleistet werden, dass es der Staatsanwaltschaft dabei möglich bleibt, bestimmte Seiten für bestimmte ProzessbeteiligBUNDESRECHTSANWALTSKAMMER, REFORMVORSCHLÄGE FÜR DAS STRAFRECHT UND DEN STRAFPROZESS BRAK-MITTEILUNGEN 1/2024 AUFSÄTZE 16

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