te noch nicht freizugeben, sodass ermittlungstaktische Erwägungen nicht beeinträchtigt würden. Dies würde der beschränkten Akteneinsicht in die Papierakte gleichkommen und wäre aufgrund der Berücksichtigung bereits bei der Anlage der Akte mit weniger Aufwand verbunden als die nachträgliche Selektierung. Natürlich muss eine solche Beschränkung von der Staatsanwaltschaft, wie auch bisher, begründet und im Falle erneuter Akteneinsicht geprüft werden, ob die Seiten nunmehr freizugeben sind. So könnte im Übrigen auch der erforderlichen Begrenzung des Akteneinsichtsrechts Dritter (z.B. §§ 406e, 475 StPO) durch technische Vorkehrungen Rechnung getragen werden. c) AKTENEINSICHT DURCH MANDANTEN Hinsichtlich der Akteneinsicht und der Überlassung von Aktenbestandteilen an Mandanten gilt, dass für die in Haft befindlichen Mandanten von Seiten der Justizvollzugsanstalten die Möglichkeit geschaffen werden muss, die Akten im Haftraum digital lesen und für die eigenen Verteidigungszwecke bearbeiten zu können. Insoweit besteht in Verfahren mit umfangreichen Akten die Notwendigkeit der Zurverfügungstellung eines Laptops oder eines anderen geeigneten elektronischen Gerätes, mit dem die Akte sichtbar gemacht, bearbeitet und dauerhaft abgespeichert werden kann. Im Zusammenhang mit der Einführung des § 32f I 2 StPO hat der Gesetzgeber bereits klargestellt, dass die Verwendung von Kommunikationstechnik durch Gefangene in Justizvollzugsanstalten nicht mehr untersagt werden darf, sofern und soweit dies der Wahrnehmung des Akteneinsichtsrechts entgegensteht.28 28 Gesetzesbegründung zu § 32f I 2 StPO, BT-Drs.1894/16, 56. Ungeachtet dessen ist die Rechtsprechung dazu immer noch uneinheitlich. Einzelne Gerichte lehnen die Nutzung eines Laptops durch Untersuchungsgefangene zur Gewährung von Akteneinsicht selbst bei extrem umfangreichen Akten weiterhin pauschal ab und verweisen stattdessen auf die Möglichkeit der Nutzung von sog. Anstaltsrechnern.29 29 So OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 27.10.2020 – 3 Ws 662/20 (nicht veröff.). Dies ist jedoch keine akzeptable Alternative, da sie nur bei entsprechender Verfügbarkeit der wenigen Geräte in den oft sehr beschränkten Öffnungszeiten der Leseräume in den Haftanstalten verwendet werden können und damit auch kein Bearbeiten und Abspeichern der Akten möglich ist. Zu fordern ist daher die Klarstellung, dass für solche Fälle elektronische Geräte zur Nutzung im persönlichen Haftraum zur Verfügung zu stellen sind, wie dies heute bereits vielfach praktiziert wird. d) VERBOT DER VERBREITUNG DES AKTENINHALTS Da sich bei der elektronischen Aktenführung ebenso wie bei weiteren möglichen Anpassungen des Prozessrechts wie etwa bei der Aufzeichnung der Hauptverhandlung auch die Möglichkeiten der Verbreitung des Akteninhalts zunehmen, erscheint die Schaffung eines entsprechenden Straftatbestandes angebracht. Insofern ist bereits in den vorliegenden Gesetzesentwürfen zur Aufzeichnung der Hauptverhandlung hinsichtlich der Verbreitung einer Bild-Ton-Aufzeichnung eine Erweiterung des § 353d StGB um eine entsprechende Nr. 4 vorgesehen.30 30 Hierzu Entwurf eines Gesetzes zur digitalen Dokumentation der strafgerichtlichen Hauptverhandlung (Hauptverhandlungsdokumentationsgesetz – DokHVG), BT-Drs. 20/8096, 27 f. und Alternativ-Entwurf – Audiovisuelle Dokumentation der Hauptverhandlung (AE-ADH) des Arbeitskreises deutscher, österreichischer und schweizerischer Strafrechtslehrer, 70 f. Die elektronische Aktenführung dient letztlich wie die digitale Aufzeichnung der Hauptverhandlung ausschließlich verfahrensbezogenen Zwecken.31 31 BRAK-Stn.-Nr. 8/2023, 9. So kommt im Fall von elektronischen Verfahrensakten dem Schutz der Persönlichkeitsrechte sowohl des Täters als auch des Opfers eine maßgebliche Bedeutung zu. Dies gilt insb. für die elektronischen Ermittlungsakten der Strafverfolgungsbehörden, deren Inhalt grundsätzlich – anders als die Inhalte der Hauptverhandlung – nicht vollumfänglich öffentlich sind, sondern allenfalls zum Gegenstand öffentlicher Hauptverhandlung gemacht werden. Gleichermaßen wird beispielsweise durch die Kenntniserlangung eines Zeugen vom Akteninhalt dessen Unbefangenheit und damit auch die Wahrheitsfindung beeinträchtigt. Es erscheint daher notwendig, auch die Verbreitung von Akten(bestandteilen) – unabhängig von der bestehenden Regelung des § 353d Nr. 3 StGB – unter Strafe zu stellen. Eine mögliche Regelung könnte wie folgt lauten: §353d Verbotene Mitteilungen über Gerichtsverhandlungen Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer 1. entgegen einem gesetzlichen Verbot über eine Gerichtsverhandlung, bei der die Öffentlichkeit ausgeschlossen war, oder über den Inhalt eines die Sache betreffenden amtlichen Dokuments öffentlich eine Mitteilung macht, 2. entgegen einer vom Gericht auf Grund eines Gesetzes auferlegten Schweigepflicht Tatsachen unbefugt offenbart, die durch eine nichtöffentliche Gerichtsverhandlung oder durch ein die Sache betreffendes amtliches Dokument zu seiner Kenntnis gelangt sind, oder 3. die Anklageschrift oder andere amtliche Dokumente eines Strafverfahrens, eines Bußgeldverfahrens oder eines Disziplinarverfahrens, ganz oder in wesentlichen Teilen, im Wortlaut öffentlich mitteilt, bevor sie in öffentlicher Verhandlung erörtert worden sind oder das Verfahren abgeschlossen ist. 4. Neufassung i.S. des RegE eines Hauptverhandlungsdokumentationsgesetz – DokHVG] AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 1/2024 17
RkJQdWJsaXNoZXIy ODUyNDI0