b) UNVERZÜGLICHE MITTEILUNG DER ABLEHNUNGSGRÜNDE Ganz auf der Linie bisheriger Rechtsprechung30 30 Vgl. etwa Völker, BRAK-Mitt. 2022, 18 (20) m.w.N. liegt das KG,31 31 Vgl. KG, Vfg. v. 28.11.22023 – 14 U 180/22, beck-online. Ebenso in einem Dieselfall und einer nach mehr als drei Wochen gestellten, überflüssigen Rückfrage LG Krefeld, Urt. v. 2.2.2023 – 2 O 48/22, beck-online Rn. 23 f. bzw. nach „knapp einem Monat“ in einem Dieselfall des AG Köln, Urt. v. 24.3.2023 – 135 C 168/22, beck-online Rn. 9. Auch dem AG Berlin-Köpenick, Urt. v. 30.5.2023 – 7 C 373/22, beck-online Rn. 9 f. war „deutlich über einen Monat“ in einem Massenverfahren, dort Widerruf nach § 5a VVG a.F. zu lang. Erst recht nicht mehr „unverzüglich“ die Ablehnung des Versicherers mehr als acht Wochen nach Anfrage im Fall des LG Köln, Urt. v. 28.4.2023 – 20 O 162/22, beck-online Rn. 15, oder nach über vier Monaten im Fall des AG Köln, Urt. v. 17.1.2023 – 124 C 321/22. Dagegen unverzüglich die Deckungsablehnung nach 15 Kalendertagen wegen eines behaupteten Impfschadens, vgl. LG Mönchengladbach, Urt. v. 7.9.2023 – 1 O 25/23, beck-online Rn. 39 f. das unter Bestätigung der dem Rechtsschutzversicherer regelmäßig, aber nicht starr, zuzubilligenden zwei- bis dreiwöchigen Prüfungsfrist die Ablehnung einer Deckungsanfrage für ein Berufungsverfahren nach 26 Tagen als verspätet ansah; auch weil es sich um eine nicht verlängerbare Notfrist und (ein „DieselFall“) um ein Massenphänomen mit dem Versicherer bekannten rechtlichen Fragestellungen handelte. Das Ablehnungsschreiben des Versicherers muss dabei, um die in § 3a II ARB gewillkürte Schriftform (§ 127 II BGB) zu erfüllen, zwar nicht unterschrieben sein, aber doch den Aussteller erkennen lassen.32 32 Vgl. AG Limburg, Urt. v. 11.9.2023 – 4 C 283/23, beck-online Rn. 32; AG Waldbröl, Urt. v. 19.10.2023 – 6 C49/23, beck-online Rn. 30 ff. (dort nicht erfüllt). c) HINREICHENDE ERFOLGSAUSSICHTEN IM FALL EINES BEHAUPTETEN IMPFSCHADENS Das LG Mönchengladbach33 33 Vgl. LG Mönchengladbach, Urt. v. 7.9.2023 – 1 O 25/23, beck-online Rn. 45 ff. m. zust. Anm. Grams, FD-VersR 2023, 460870. bejahte auf dem Boden der allgemeinen Ansicht, wonach sich die notwendige hinreichende Erfolgsaussicht gem. § 128 S. 1 VVG bzw. § 3a ARB nach den zu § 114 ZPO für die Gewährung von Prozesskostenhilfe entwickelten Grundsätzen richte, den Deckungsanspruch eines Versicherungsnehmers, der über erhebliche Gesundheitsbeschwerden klagte und diese auf seine mehrfache Impfung mit einem mRNA-Impfstoff zurückführte. Es sei unstreitig, dass Covid19-Impfungen generell geeignet seien, die vom Versicherungsnehmer behaupteten Gesundheitsbeschwerden hervorzurufen. Der Ursachenzusammenhang werde gem. § 84 II AMG zunächst vermutet. Der Hersteller könne zwar im Haftungsprozess versuchen nachzuweisen, dass mindestens ein weiterer Umstand (hier eine unstreitige vorherige Infektion mit dem Pfeifferschen Drüsenfieber) geeignet war, den Schaden zu verursachen. Es sei auch nicht gänzlich ausgeschlossen, was wiederum der Kläger anspruchsbegründend zu beweisen habe, dass es in seinem Einzelfall trotz der hohen Wirksamkeit der Covid19-Impfstoffe an der medizinischen Vertretbarkeit ihrer Verabreichung gefehlt habe. Dies alles sei nur in einem Haftungsprozess unter Heranziehung von Sachverständigengutachten aufklärbar. Eine antizipierte Beweiswürdigung verbiete sich. d) HINREICHENDE ERFOLGSAUSSICHTEN UND RECHTLICHES INTERESSE AN KOSTENDECKUNG FÜR EIN SELBSTSTÄNDIGES BEWEISVERFAHREN Das LG München I34 34 Vgl. LG München I, Urt. v. 14.11.2023 – 41 O 4351/12, NJW-RR 2023, 474 ff. hatte sich mit Einwendungen eines Versicherers gegen das Kostendeckungsverlangen eines Versicherten in einem behaupteten Medizinschadenfall auseinander zu setzen.35 35 Der Vorschlag eines ausformulierten Feststellungsantrags für eine Deckungsklage für ein selbstständiges Beweisverfahren in einem Medizinschadenfall findet sich bei Graf/Johannes, VersR 2023, 1554 (1555). Unter Bestätigung des vorerwähnten Beurteilungsmaßstabs des § 114 ZPO wies es darauf hin, dass darüber hinausgehend im Rahmen der Prüfung der Erfolgsaussichten eines selbstständigen Beweisverfahrens eine Schlüssigkeits- oder Erheblichkeitsprüfung des Beweisthemas für das Hauptsacheverfahren gar nicht stattfinden dürfe. Das rechtliche Interesse des Versicherten bestehe, weil zumindest die Möglichkeit bestehe, dass er nach ungünstigem Ausgang des selbstständigen Beweisverfahrens von der Erhebung einer Klage absehen könnte. Der weiter erhobene Mutwilligkeitseinwand sei dem Versicherer schon deshalb gem. § 128 S. 3 VVG abgeschnitten, weil er sich bei seiner Deckungsablehnung lediglich auf fehlende Erfolgsaussichten, nicht aber auf Mutwilligkeit berufen habe. Mutwilligkeit sei gemessen an den Kostenvorteilen und der Gebührenanrechnung eines selbstständigen Beweisverfahrens im Vergleich zu einem sofortigen Klageverfahren aber ohnehin nicht gegeben. Auch ein Weisungsrecht des Versicherers gem. § 82 II VVG, von einem selbstständigen Beweisverfahren abzusehen und unmittelbar Klage zu erheben, verbiete sich, weil damit unzumutbar in die Prozessführung des Versicherungsnehmers bzw. seines anwaltlichen Vertreter eingegriffen werde.36 36 Vgl. hierzu auch das vom LG München I insoweit zitierte Urt. des OLG Karlsruhe v. 7.4.2022 – 12 U 285/21 undVölker, BRAK-Mitt. 2023, 18 (19). 4. (KEIN) WEISUNGSRECHT DES VERSICHERERS BEI WAHL EINES SACHVERSTÄNDIGEN Bekanntlich hat der BGH37 37 Vgl. BGH, Urt. v. 14.8.2019 – IV ZR 279/17, s. dazu ausf. Völker, BRAK-Mitt. 2019, 18 (22) und ihm folgend etwa KG, Urt. v. 19.6.2020 – 6 U 57/19, beck-online Rn. 36/38. vor nicht allzu langer Zeit die sich in § 17 I lit. c ARB 2010 näher ausgestaltete Schadenminderungsobliegenheit und ein darauf fußendes Weisungsrecht des Rechtsschutzversicherers wegen Intransparenz verworfen. Dem AG Paderborn38 38 Vgl. AG Paderborn, Urt. v. 16.6.2023 – 51 C 175/22, zfs 2023, 574 m. Anm. Cornelius-Winkler, juris-PR 1/2024 Anm. 3. war dies offenbar verborgen geblieben. Im Ergebnis hielt es aber, mit teilweise ähnlichen Argumenten, die Weisung eines Versicherers, in einer Verkehrs-Ordnungswidrigkeitensache, nur einen bestimmten Sachverständigen zu beauftragen, mit dem er eine eigene Honorarabrede getroffen hatte, auch unter dem Blickwinkel des § 86 I VVG, jedenfalls für unzumutbar, weil die Qualität von Sachverständigen unterschiedlich und dies eine den Versicherungsnehmer unzulässig benachteiligende Einschränkung seiner Verteidigungsmöglichkeiten darstelle. VÖLKER, DIE RECHTSPRECHUNG ZUR RECHTSSCHUTZVERSICHERUNG IM JAHR 2023 BRAK-MITTEILUNGEN 1/2024 AUFSÄTZE 32
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