Der Zeuge und ehemalige Mandant des angeschuldigten Avocat, Herr F., beauftragte den angeschuldigten Avocat im September 2014 mit der Vertretung seiner rechtlichen Interessen gegenüber einem Bekannten, dem er Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit der ihm übertragenen Koordination und Leitung eines Bauvorhabens in H. vorwarf. Er habe eine Zahlungsrückforderung gegen diesen, die der angeschuldigte Avocat in H. für ihn per Strafanzeige und gerichtlich geltend machen und durchsetzen sollte. In der Folgezeit erklärte der angeschuldigte Avocat dem Mandanten auf Nachfrage, ein von ihm beauftragter Gerichtsvollzieher habe den Mann an dessen von dem Mandanten benannter Wohnadresse in H. nicht auffinden können. Dieser müsse daher gesucht werden. Ferner erfragte der angeschuldigte Avocat, ob der Mandant im Besitz eines Personaldokumentes des Mannes sei, damit dem Gerichtsverfahren – ggf. durch Erwirkung eines Haftbefehls – auf diese Weise Fortgang gegeben werden könne. Nachdem der Zeuge dem angeschuldigten Avocat daraufhin eine Ausweiskopie übersandt hatte, bekam er von dem angeschuldigten Avocat auf wiederholte Nachfrage lediglich noch die Information, der Mann habe in H. nicht gefunden werden können. In diesem Zusammenhang bat der angeschuldigten Avocat auch um Mitteilung einer dem Mandanten bekannten weiteren Wohnanschrift des Gesuchten in Deutschland, um die Rechtsverfolgung ggf. auf diesem Wege vorantreiben zu können. Nachdem er auch diese Information von dem Zeugen erhalten hatte, teilte der angeschuldigte Avocat dem Zeugen wiederholt auf dessen Nachfrage mit, er sei aus privaten bzw. beruflichen Gründen aktuell an einer weiteren Sachbearbeitung gehindert. Sodann bat er ihn um eine nochmalige Herausgabe der Unterlagen. Nach deren Übersendung geschah nichts mehr. Der angeschuldigte Avocat unterrichtete den Mandanten weder über den weiteren Sachstand noch reagierte er auf dessen monatliche Anfragen, beispielsweise auf eine solche im Dezember 2015. Er brachte dem Mandanten auch den in der Sache angefallenen Schriftverkehr trotz mehrfacher mündlicher und schriftlicher Aufforderung nicht zur Kenntnis. Die eigenen Unterlagen des Zeugen gab der angeschuldigte Avocat diesem trotz gänzlich mangelnder Kommunikation seit Anfang 2018 und zwischenzeitlicher Abrechnung mit dessen Rechtsschutzversicherung auf Grundlage des deutschen RVG ebenfalls nicht zurück, obwohl der Zeuge seinem Herausgabeverlangen spätestens mit seiner Stellungnahme v. 30.1.2018 an die RAK Y., die dem angeschuldigten Avocat zur Kenntnis gebracht wurde, Ausdruck verliehen hatte. Im Jahr 2021 ließ sich der angeschuldigte Avocat eine weitere Vollmacht in arabischer Sprache vom Zeugen unterzeichnen und übersandte dem Zeugen im Dezember 2021 eine von ihm gefertigte einseitige Strafanzeige v. 7.12.2021 in arabischer Sprache. Der angeschuldigte Avocat erhielt von der Rechtsschutzversicherung des Zeugen ein Honorar i.H.v. 2.776,80 Euro auf Grundlage des deutschen RVG. Der zweimaligen Aufforderung der RAK v. 24.8.2018 und 11.9.2018 im dortigen Beschwerdeverfahren, dieser die Handakten vorzulegen, ist der angeschuldigte Avocat nicht nachgekommen. Er ließ durch seinen Bevollmächtigten mitteilen, dass er beruflich in H. sei und die Akte mit sich führe, diese jedoch in arabischer Sprache geführt sei und ein Verfahren vor dem LG betreffe. Er wolle sie jedoch nach seiner Rückkehr der Kammer vorlegen, was er unterließ. III. (...) Durch Schriftsatz seines Verteidigers bereits im anwaltsgerichtlichen Ermittlungsverfahren sowie aufgrund der insoweit geständigen Einlassung des angeschuldigten Avocats in der Hauptverhandlung, steht fest, dass im festgestellten Zeitraum eine Deckungslücke in der Berufshaftpflichtversicherung bestand. Diese Deckungslücke sei durch familiäre Probleme des angeschuldigten Avocat in H. entstanden. Er habe sich aufgrund einer schweren Erkrankung seiner Mutter, die auch zu einer Überforderung des angeschuldigten Avocats geführt habe, in H. aufgehalten. Die Schreiben der RAK habe er daher auch nicht zur Kenntnis nehmen können. In diesem Zeitraum sei die Deckungslücke ungewollt entstanden. Den Vorwurf der nicht gewissenhaften Mandatsausübung hat der angeschuldigte Avocat zurückgewiesen. Im Ansatz wäre es richtig, dass es in einem Mandatsverhältnis zu Herrn F. über einen längeren Zeitraum zu diversen Kommunikationsstörungen gekommen sei. Das Urteil des AnwG Köln berücksichtige allerdings nicht die besonderen persönlichen Beziehungen zwischen ihm und Familienmitgliedern des Mandanten. Diese hätten wesentlich dazu geführt, dass es zu unerfreulichen Missverständnissen zwischen ihm und dem Mandanten gekommen sei. Die Missverständnisse seien inzwischen aufgeklärt – unmittelbar vor dem Hauptverhandlungstermin (am 10.8.2023) habe es eine Aussprache mit dem Mandanten gegeben und die Missverständnisse seien nun ausgeräumt. Aus der protokollierten Aussage des Zeugen F. aus erster Instanz, die mit Einverständnis des angeschuldigten Avocats verlesen wurde, ergibt sich, dass dieser nach Erteilung des Mandats ein- bis zweimal monatlich beim angeschuldigten Avocat den Verfahrensstand erfragt hat. Der angeschuldigte Avocat habe den Zeugen dabei stets vertröstet. Mal sei das Auto defekt gewesen, mal sei dieser beruflich oder privat überfordert gewesen. Ein anderes Mal habe er die erforderlichen Unterlagen nicht mehr gehabt. Ein in H. beauftragter Gerichtsvollzieher habe den Schuldner in H. nicht gefunden, ein anderes Mal habe er einen anderen Gerichtsvollzieher beauftragt. Unterlagen, die er – der Zeuge – dem Angeschuldigten übergeben habe, habe er auch auf mehrmalige Aufforderung nicht zurückerhalten. Erst nach Erhebung der Anschuldigungsschrift durch die Generalstaatsanwaltschaft in vorliegender Sache habe der angeschuldigte Avocat erstmals einen Schriftsatz übersandt, der eine Strafanzeige enthielt. BERUFSRECHTE UND PFLICHTEN BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 1/2024 51
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