BRAK-Mitteilungen 2/2024

fluss auf die deutsche Rechtsanwaltsgesellschaft ausüben kann. Es ist den Gesellschaftern untersagt, auf die Geschäftsführung durch Weisungen, vertragliche Bindungen oder die Androhung einer Zuführung von Nachteilen einzuwirken. Insbesondere dürfen die Gesellschafter auf die konkrete Annahme, Ablehnung und Führung eines Mandats durch die Gesellschaft keinen Einfluss nehmen. Auch die Abberufung eines Geschäftsführers darf nicht angedroht oder vorgenommen werden, um auf die Berufsausübung durch die Geschäftsführer einzuwirken oder diese zu sanktionieren. Die Satzung beschränke insoweit die Befugnisse der Gesellschafterversammlung zusätzlich. Beschlüsse, die gegen diese Verpflichtung verstoßen, sind unzulässig. Durch die Gestaltung der Satzung könnte ggf. hinreichend sichergestellt werden, dass die anwaltlichen Vertreter der Rechtsanwaltsgesellschaft ihre Tätigkeit unabhängig ausüben. Zumindest erscheine fraglich, ob der generelle Ausschluss Dritter, die keinen anwaltlichen Beruf ausüben, erforderlich ist, um die Unabhängigkeit der anwaltlichen Berufsträger sicherzustellen.2 2 Nach Ansicht der BRAK ist das Fremdbesitzverbot – nach alter sowie neuer Rechtslage – nicht nur geeignet, sondern auch zwingend geboten, um das formulierte Ziel eines sicheren und qualitativ hochwertigen Zugangs zum Recht durch unabhängige Rechtsdienstleistung zu gewährleisten (vgl. hierzu BRAK-Stn.-Nr. 41/2023 v. 24.7.2023 zum Vorlageverfahren). In einer weiteren Stellungnahme (vgl. hierzu BRAK-Stn.-Nr. 71/2023 v. 21.12.2023) hat die BRAK zum Ausdruck gebracht, dass eine Gefährdung der Unabhängigkeit einzelner Berufsträger nicht hinreichend geschützt werden kann, wenn die anwaltliche Beratung i.V.m. einer rein gewerblichen Tätigkeit erfolgt. Risiken sieht die BRAK u.a. im Hinblick auf die Struktur des Anwaltsmarktes, und zwar insoweit, als die Schere zwischen Großkanzleien und mittelständischen bzw. kleineren Kanzleien signifikant weiter geöffnet würde. Während der Vorlagebeschluss des BayAGH die Rechtslage vor der BRAO-Reform betrifft, prüft das Bundesministerium der Justiz derzeit das Fremdbesitzverbot auch de lege lata. In diesem Zusammenhang führte das Ministerium u.a. eine Umfrage in der Rechts- und Patentanwaltschaft durch, mit dem Ergebnis, dass diese überwiegend keinen Bedarf für eine Lockerung des Fremdbesitzverbots sieht.3 3 Die Ergebnisse der Umfrage werden ausführlich dargestellt von Nitschke/Wietoska, BRAK-Mitt. 2024, 2. 2. VERBOTENE PROVISIONEN Das OLG Dresden4 4 BRAK-Mitt. 2023, 247 ff. hatte sich mit der Vermittlung von Anwaltsverträgen im Internet zu befassen. Eine Firma bietet über das Internet mit einer von ihr entwickelten Software Dienstleistungen für Personen an, die einen Anhörungsbogen bzw. Bußgeldbescheid zu einem behaupteten Verstoß gegen Vorschriften bei der Teilnahme am Straßenverkehr erhalten haben. Zur Überprüfung der erhobenen Vorwürfe und der sich aus dem Prüfungsergebnis ergebenden Handlungsmöglichkeiten arbeitet diese Firma mit Partnerkanzleien zusammen. Eine dieser Kanzleien bezahlte in der Vergangenheit für die Vermittlung von Mandaten eine Vergütung i.H.v. fast 4 Mio. Euro. Die Vorinstanz hatte die auf Zahlung weiteren Entgelts gerichtete Klage mit der Begründung abgewiesen, dass die Geschäftsbeziehung nach § 134 BGB nichtig sei, da sie gegen § 49b III 1 BRAO verstoße. Das OLG Dresden bestätigte diese Auffassung und betonte, dass die Vereinbarung der Firma mit den Partnerkanzleien gegen ein gesetzliches Verbot verstieß und deshalb gem. § 134 BGB nichtig ist. § 49b III 1 BRAO sieht vor, dass die Abgabe und Entgegennahme eines Teils der Gebühren oder sonstiger Vorteile für die Vermittlung von Aufträgen, gleichviel ob im Verhältnis zu einem Rechtsanwalt oder Dritten gleich welcher Art, unzulässig ist. Das berufsrechtliche Provisionsverbot soll verhindern, dass Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte in einen Wettbewerb um den Ankauf von Mandaten treten. Eine Vermittlung setzt voraus, dass neben den Parteien des Anwaltsvertrages eine kanzleifremde Person an dessen Akquisition durch den Rechtsanwalt beteiligt ist. Verboten ist jegliche Art und Form akquisebedingter Belohnung.5 5 Das Verbot des § 49b III 1 BRAO erfasst allerdings nur Provisionszahlungen bzw. die Gewährung von Vorteilen für ein konkret vermitteltes Mandat. Pauschale Entgelte für die Bereitstellung von Infrastruktur, die es potentiellen Mandanten ermöglicht, einen Rechtsanwalt zu mandatieren (z.B. Anwaltssuchdienste), fallen nicht unter dieses Verbot, wenn die Vergütung nicht von der Zahl der Mandatserteilungen abhängt. 3. VORSICHT BEI FREMDEM GELD Der gewissenhafte Umgang mit fremden Geldern gehört für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte zu ihren Kernpflichten. Gegenüber Mandanten sind sie bei vermögensrechtlichen Mandaten vermögensbetreuungspflichtig, insb. hinsichtlich der Verwendung eingegangener Gelder. Die Entgegennahme von Geldern im Auftrag eines Mandanten zur Weiterleitung an Dritte oder die Entgegennahme von Geldern im Rahmen eines bestehenden Mandatsverhältnisses, die für den Mandanten bestimmt sind, begründet die Vermögensbetreuungspflicht im Sinne eines Treuhandverhältnisses. Das OLG München6 6 BRAK-Mitt. 2023, 399 ff. hat klargestellt, dass es einem Rechtsanwalt nicht erlaubt ist, eigene Forderungen mit Geldern zu verrechnen, die an ihn zweckgebunden für einen anderen als den Mandanten gezahlt worden sind. Dies gilt auch dann, wenn die Zahlung durch den Mandanten selbst erfolgt. Eine solche Zweckbindung liegt beispielsweise vor, wenn der Mandant der Rechtsanwältin oder dem Rechtsanwalt einen Gerichtskostenvorschuss, eine Sicherheitsleistung zum Zwecke der Abwendung der Zwangsvollstreckung zahlt oder Zahlungen zur Weiterleitung an die Finanzbehörden zum Zwecke der Begleichung von Steuerschulden auf das Kanzleikonto gezahlt werden. 4. MITNEHMEN VERBOTEN Dass Eingriffe in das Recht auf effektive Verteidigung und in die Rechtstellung des Verteidigers daraus resultieren können, dass Staatsanwaltschaften vorschnell einen Anfangsverdacht gegen Strafverteidiger selbst bejahen und damit den von den §§ 97 I 1, 148 StPO gewährten Schutz unterlaufen, zeigt eine Entscheidung des LG Frankfurt am Main.7 7 BRAK-Mitt. 2023, 404 ff. m. Anm. Knauer. BRAK-MITTEILUNGEN 2/2024 AUFSÄTZE 82

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