BRAK-Mitteilungen 2/2024

Das LG hat klargestellt, dass die Anordnung einer Durchsuchung nach § 102 StPO voraussetzt, dass eine Wahrscheinlichkeit besteht, dass eine bestimmte Straftat bereits begangen ist. Hierfür müssen zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen. Vage Anhaltspunkte oder bloße Vermutungen genügen hingegen nicht. In dem konkreten Fall lagen nach Auffassung des LG keine zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte dafür vor, dass einem sanktionierten Mandanten mittelbar oder unmittelbar Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen zugutegekommen sind oder von deren Rechtsanwälten zur Verfügung gestellt wurden. Der sanktionierte Mandant der beschuldigten Rechtsanwälte hatte keine tatsächliche Verfügungsgewalt über die gezahlten Gelder erlangt. Das Gericht stellte klar, dass nach § 18 I lit. a AWG lediglich zu bestrafen ist, wer einem Bereitstellungsverbot eines im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften oder der Europäischen Union veröffentlichten unmittelbar geltenden Rechtsaktes der Europäischen Gemeinschaften oder der Europäischen Union zuwiderhandelt. Erfasst ist jede Handlung, die unabhängig von ihrer rechtlichen Qualifizierung erforderlich ist, damit eine gelistete Person tatsächlich die Verfügungsgewalt über eine Sache erlangen kann. Der bloße Vertragsabschluss oder sonstige Vorbereitungshandlungen sind hingegen nicht tatbestandsmäßig. Anzuknüpfen ist vielmehr an den Realakt. Ferner betonte das LG, dass Dienstleistungen eines Rechtsanwalts nicht unter die Legaldefinition der wirtschaftlichen Ressourcen i.S.d. § 18 AWG fallen. 5. DIE MEHRFACHE MITGLIEDSCHAFT Der Bayerische AGH8 8 BRAK-Mitt. 2023, 395 ff. hatte sich mit der Verfassungsgemäßheit des § 60 II Nr. 3 BRAO zu befassen. Diese Norm sieht vor, dass nichtanwaltliche Mitglieder von Geschäftsführungs- und Aufsichtsorganen von zugelassenen Berufsausübungsgesellschaften Mitglied in der Rechtsanwaltskammer sind. Der AGH rechtfertigt diese Vorgabe und hält es auch nicht für unangemessen, dass Mitglieder interprofessioneller Sozietäten ggf. mehreren Berufskammern angehören und vor diesem Hintergrund auch mehrere Kammerbeiträge leisten müssen. § 60 II Nr. 3 BRAO gewährleiste, dass auch nichtanwaltliche Geschäftsführungsorgane einer Berufsausübungsgesellschaft den anwaltlichen Mitgliedspflichten unterliegen und somit eine effektive Aufsicht der zuständigen Rechtsanwaltskammer über die Berufsausübungsgesellschaft sichergestellt ist. Die Regelung sei zur Erreichung dieses Ziels geeignet. Ohne eine solche Norm wären nichtanwaltliche Gesellschafter einer Berufsausübungsgesellschaft lediglich gem. § 59d I 1 BRAO verpflichtet, die anwaltlichen Berufspflichten zu beachten. Diese würden für berufsfremde Gesellschafter mithin nicht unmittelbar gelten; ihre Sanktionierung mit berufsrechtlichen Instrumenten wäre mithin nicht möglich. Nach Auffassung der BRAK sollte eine Doppelmitgliedschaft in den Rechtsanwaltskammern aber nur dann erforderlich sein, wenn nicht bereits eine anderweitige Mitgliedschaft in einer Berufskammer besteht, welche eine vergleichbare Berufsaufsicht (wie beispielsweise bei Steuerberatern, Patentanwälten und Wirtschaftsprüfern) gewährleistet. In diesen Fällen ist eine zusätzliche Mitgliedschaft in der Rechtsanwaltskammer entbehrlich. 6. DER LANGE ARM DES GWG Der VGH München9 9 BRAK-Mitt. 2023, 341 ff. hatte sich mit der Reichweite des § 2 I Nr. 10 GWG zu befassen. Anders als etwa Steuerberater sind Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte nicht per se nach dem Geldwäschegesetz Verpflichtete, sondern lediglich dann und insoweit sie Tätigkeiten aus einem Kataloggeschäft i.S.d. § 2 I Nr. 10 GWG erbringen.10 10 Vgl. hierzu auch die Erläuterungen und die Übersichtstabelle zu Kataloggeschäften bei Bluhm, BRAK-Magazin 6/2021, 14 ff. Der VGH hatte die Frage zu beantworten, ob ein Rechtsanwalt auch dann i.S.d. § 2 I Nr. 10 GWG an einem der dort genannten Kataloggeschäfte mitwirkt, wenn er lediglich Angestellter der beauftragten Sozietät ist, das Mandat nicht mit ihm persönlich abgeschlossen wurde und er bei dessen Bearbeitung nur Zuarbeit leistet, ohne nach außen aufzutreten. Der VGH bejahte diese Frage. Der Begriff des Mitwirkens sei schon von seiner Wortbedeutung her, aber auch mit Blick auf die Entstehungsgeschichte und den Schutzzweck des Geldwäschegesetzes, weit auszulegen. An einer Mitwirkung an einem Kataloggeschäft fehle es nicht deshalb, wenn ein angestellter Rechtsanwalt nicht Vertragspartner des Mandanten war. Bei der Zuerkennung der Verpflichteteneigenschaft ist eine Differenzierung des Gesetzes danach, wie das Mitwirken an dem jeweiligen Kataloggeschäft ausgestaltet ist, nicht zu entnehmen. 7. FREI ODER SCHEINSELBSTSTÄNDIG? Der BGH11 11 BRAK-Mitt. 2023, 270 ff. hatte sich mit der Abgrenzung von sog. scheinselbstständigen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten und freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in einer Kanzlei zu befassen. Er stellte klar, dass für eine solche Abgrenzung das Gesamtbild der Arbeitsleistung entscheidend ist. Ob eine Person Arbeitgeber ist, richte sich nach dem Sozialversicherungsrecht, welches weitgehend auf das Arbeitsrecht Bezug nimmt. Gemäß § 7 I 1 SGB IV ist Beschäftigung die nicht selbstständige Arbeit, insb. in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Der BGH weist darauf hin, dass sich aus dem anwaltlichen Berufsbild und den berufsrechtlichen Vorschriften für diese Abgrenzung nichts wesentlich Anderes erDAHNS, DER BERUFSRECHTLICHE JAHRESÜBERBLICK AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 2/2024 83

RkJQdWJsaXNoZXIy ODUyNDI0