BRAK-Mitteilungen 2/2024

3. Es bedarf vielmehr einer aus sich heraus verständlichen, geschlossenen Schilderung der tatsächlichen Abläufe oder Umstände eines oder mehrerer fehlgeschlagener Übermittlungsversuche. (Os.) BayVGH, Beschl. v. 4.1.2024 – 6 CE 23.1766 Die Glaubhaftmachung der vorübergehenden Unmöglichkeit der Übermittlung als elektronisches Dokument aus technischen Gründen gem. § 55d S. 3 VwGO bzw. § 130d S. 3 ZPO ist essenziell, um die Einhaltung der Frist noch zu retten. Die Vorlage eines Screenshots, aus dem sich die konkreten technischen Probleme ergeben, hat sich als das Mittel der Wahl herauskristallisiert. Eine zusätzliche anwaltliche Versicherung hatte der BGH16 16 BGH, Beschl. v. 10.10.2023 – XI ZB 1/23, BRAK-Mitt. 2024, 60. nicht für erforderlich gehalten. Es genügt jedoch nicht, lediglich den Screenshot vorzulegen – man muss ihn dem Gericht schon erläutern. Im hier entschiedenen Fall zeigte der Screenshot das Fenster „Zertifikatsauswahl“, und dort den Text: „Die Verbindung mit dem Fernsignaturdienst der BNotK konnte nicht hergestellt werden. Bitte prüfen Sie Ihre Netzwerkverbindung und versuchen Sie es erneut. Sollte es weiterhin nicht funktionieren, wenden Sie sich bitte an die Bundesnotarkammer. Fehlerdetails. Fehler beim Verbindungsaufbau“. Der BayVGH bemängelt das Fehlen von Datum und Uhrzeit, verlangt aber auch eine „aus sich heraus verständliche, geschlossene Schilderung der tatsächlichen Abläufe oder Umstände eines oder mehrerer fehlgeschlagener Übermittlungsversuche“. Man muss sich also schon etwas Mühe geben. Wichtig ist ferner, dass die Glaubhaftmachung unverzüglich erfolgt – hieran sind schon etliche Ersatzeinreichungen gescheitert. (ju) ANSONSTEN ZUVERLÄSSIGER KANZLEIDRUCKER 1. Für die einfache Signatur eines Schriftsatzes gem. § 130a III 1 Alt. 2 ZPO genügt es, wenn am Ende des Schriftsatzes der Name des Verfassers maschinenschriftlich wiedergegeben ist. 2. Darauf, dass ein ansonsten zuverlässiger Drucker „gestreikt“ haben soll, kommt es nicht an, da für die Versendung eines Schriftsatzes per beA ein Ausdrucken gar nicht erforderlich ist. (eigener Ls.) BGH, Beschl. v. 30.11.2023 – III ZB 4/23, BRAK-Mitt. 2024, 106 (in diesem Heft) Der Anwalt beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung einer Berufungsbegründungsfrist. Er macht geltend, er habe am Abend des Fristablaufs in zwei Parallelverfahren die Berufungsbegründungen ausgedruckt, ausgefertigt und anschließend erfolgreich per beA an das Berufungsgericht (KG Berlin) versandt. Bei dem hiesigen, dritten Verfahren habe der ansonsten stets zuverlässige Kanzleidrucker einen Fehler gemeldet und den Schriftsatz nicht ausgedruckt. Er habe daher einen „Back-up-Drucker“ aktiviert, der jedoch über eine erheblich geringere Druckgeschwindigkeit verfüge, so dass der umfangreiche Schriftsatz samt Anlagen nicht mehr fristwahrend vor 24:00 Uhr habe erstellt und eingereicht werden können. Das KG wies den Wiedereinsetzungsantrag zurück und verwarf die Berufung als unzulässig. Der BGH verwarf die dagegen gerichtete Rechtsbeschwerde als unzulässig. Es werde schon nicht nachvollziehbar geschildert, warum die Versendung des nach dem Vortrag des Rechtsanwalts bereits fertiggestellten Schriftsatzes per beA ab 22:30 Uhr nicht möglich gewesen sein solle. Der Vortrag zum Ausfall des Druckers sei unbehelflich, weil die Übersendung eines Schriftsatzes per beA keine vorherige „drucktechnische Ausfertigung“ voraussetze. Zur Herstellung eines Dokuments im pdf-Format sei ein Ausdrucken nicht erforderlich. Eine pdf-Datei lasse sich unmittelbar elektronisch herstellen. Ein Ausdruck sei auch nicht für das Anbringen der nach § 130a III, IV ZPO erforderlichen einfachen Signatur erforderlich. Hierfür genüge die maschinenschriftliche Wiedergabe des Namens des Verfassers am Ende des Textes.17 17 BGH, BRAK-Mitt. 2022, 336 = NJW 2022, 3512; BSG, NJW 2022, 1334; BAGE 172, 186 m.w.N. Eine eigenhändige Unterschrift sei nicht erforderlich. Die Fristversäumung beruhe daher auf einem Verschulden des Anwalts. Ausgehend von seinem eigenen Sachvortrag hat sich hier der betroffene Kollege offenbar ohne Not selbst ein Bein gestellt, weil er mit den Anforderungen, aber auch mit den technischen Möglichkeiten des beA und der Kanzlei-IT nicht ausreichend vertraut war. Eine pdf-Datei kann ohne Aufwand direkt aus einem Word-Dokument generiert werden. (hg) GLAUBHAFTMACHUNG AUCH BEI GERICHTSBEKANNTEN STÖRUNGEN NOTWENDIG Auch bei gerichtsbekannten Störungen oder solchen, von denen sich das Gericht ohne Weiteres Kenntnis verschaffen kann, ist eine Glaubhaftmachung – ggf. durch anwaltliche Versicherung – erforderlich, da dem Gericht der Zeitpunkt des Sendeversuchs nicht bekannt sein wird. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 5.12.2023 – A 12 S 1719/23, NVwZ 2024, 273 Ein Antrag auf Zulassung der Berufung wurde zunächst und innerhalb der Frist lediglich per Fax bei Gericht eingelegt. Im Begleitschreiben dazu gab der Bevollmächtigte an, trotz mehrfacher Versuche der Übersendung per beA sei die Übertragung nicht möglich gewesen. Es sei wiederholt die Fehlermeldung „Es ist ein Sendefehler aufgetreten. Bitte überprüfen Sie den Posteingang“ erschienen. Dies zusammen mit den später erfolgten Nachweisen darüber, dass an dem besagten Tag ab 18.00 Uhr wegen Wartungsarbeiten allgemein und damit auch gerichtsbekannt Störungen vorgelegen hätten, ließ das OVG nicht gelten. Das Telefax nebst Begleitschreiben sei bereits um 17:46 Uhr eingegangen. Dass aber schon vor 18:00 Uhr Störungen vorgekommen seien, habe der Bevollmächtigte des Antragstellers gerade JUNGK/CHAB/GRAMS, PFLICHTEN UND HAFTUNG DES ANWALTS – EINE RECHTSPRECHUNGSÜBERSICHT AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 2/2024 91

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