BRAK-Mitteilungen 2/2024

STICHWORT BERUFSRECHT DIE SATZUNGSVERSAMMLUNG Die Satzungsversammlung ist ein unabhängiges Organ, das organisatorisch bei der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) angesiedelt ist. Sie beschließt die Regeln der Berufsordnung der Rechtsanwälte (BORA) und der Fachanwältin- und Fachanwaltsordnung (FAO). Etabliert wurde die Satzungsversammlung durch die Reform der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) im Jahr 1994. Dem gingen die sog. Bastille-Entscheidungen des BVerfG im Jahr 1987 (BVerfGE 76, 171 und BVerfGE 76, 196) voraus. Die bisherige Praxis durch die BRAK erlassener Standesrichtlinien zur Konkretisierung der Generalklausel in § 43 BRAO, die von den Gerichten zur Auslegung der anwaltlichen Berufspflichten herangezogen wurden, war dadurch beendet. Das BVerfG stellte fest, dass die ohne demokratische Beteiligung der Mitglieder erlassenen Standesrichtlinien als berufsbeschränkende Regelungen dem Gesetzesvorbehalt des Art. 12 I 2 GG nicht genügten. Nach mehrjähriger Reformdiskussion trat 1994 die neu gefasste BRAO in Kraft. Sie regelte erstmals ausdrücklich die anwaltlichen Grundpflichten (§ 43a ff. BRAO). Zudem wurde in §§ 191a bis 191e BRAO die Satzungsversammlung als demokratisch von den Mitgliedern der Rechtsanwaltskammern gewähltes Organ geschaffen, um die beruflichen Rechte und Pflichten näher auszugestalten. Sie wird deshalb auch als „Anwaltsparlament“ bezeichnet. Der Satzungsversammlung gehören die von den Mitgliedern der 28 Rechtsanwaltskammern direkt gewählten Delegierten an und – ohne Stimmrecht – die Präsidentinnen und Präsidenten der Kammern sowie die Mitglieder des Präsidiums der BRAK (§ 191a IV BRAO). Die Zahl der zu wählenden Mitglieder pro Kammerbezirk hängt von dessen Mitgliederzahl ab (§ 191b I BRAO). Gewählt wird in den Kammerbezirken jeweils zwischen dem 1. Januar und dem 30. April des Wahljahres (§ 12 I Satzung BRAK). Die Amtsperiode dauert vier Jahre und beginnt zum 1. Juli des Wahljahres (§ 12 II Satzung BRAK). Die erste Amtsperiode begann zum 1.7.1995 und endete am 30.6.1999. Die aktuelle 8. Legislaturperiode der Satzungsversammlung begann am 1.7.2023 und endet am 30.6.2027. Der Satzungsversammlung ist die Aufgabe zugewiesen, „das Nähere zu den berufsrechtlichen Rechten und Pflichten“ durch Satzung zu regeln (§§ 59a I, 191a I BRAO). Zunächst musste die Satzungsversammlung eine komplett neue Berufsordnung erlassen. Die BORA und die FAO wurden am 29.11.1996 beschlossen und traten am 11.3.1997 in Kraft. In der Folgezeit differenzierte die Satzungsversammlung die Regelungen von BORA und FAO weiter aus und passte sie an relevante Rechtsprechung sowie an Gesetzesänderungen an. Eine der wichtigsten Leistungen der Satzungsversammlung ist es, dass sie ergänzend zu den ursprünglich in der BRAO angelegten vier Fachanwaltschaften, die sich an die Prozessordnungen anlehnen, ein breites und fachlich vielfältiges System von nunmehr insgesamt 24 Fachanwaltschaften schuf (§ 43c I i.V.m. § 59a II BRAO). Voraussetzung für das Inkrafttreten von Beschlüssen der Satzungsversammlung ist eine Prüfung und Nichtbeanstandung durch das Bundesministerium der Justiz (§ 191e I BRAO) sowie die Veröffentlichung auf der Internetseite der BRAK (§ 191e III BRAO); der Beschluss tritt am ersten Tag des dritten auf die Veröffentlichung folgenden Monats in Kraft. (tn) In der Rubrik „Stichwort Berufsrecht“ werden in jeder Ausgabe der BRAK-Mitteilungen Grundbegriffe des anwaltlichen Berufsrechts kurz erklärt. Die BRAK-Mitteilungen wollen so eine schnelle Information über wichtige Bereiche des Berufsrechts wie etwa die Selbstverwaltung oder die anwaltlichen Core Values ermöglichen. Die Stichworte verfassen abwechselnd u.a. Christian Dahns (Da), Dr. Tanja Nitschke (tn) und Prof. Dr. Christian Wolf (CW). BRAK-MITTEILUNGEN 2/2024 93

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