kein Verstoß gegen §7UWG Dritten – hier dem Bekl. in seiner Eigenschaft als nicht von den Kl. mandatierter Rechtsanwalt – zugänglich gemacht. Zwischen den Parteien bestand auch kein wie immer geartetes persönliches oder wirtschaftliches Verhältnis. Auch die Absehbarkeit einer möglichen Datenverarbeitung durch den Bekl. für die Kl. als betroffene Personen ist vorliegend nicht gegeben, denn entgegen der Ansicht des Bekl. drängt sich einem Gläubiger in einem Insolvenzverfahren bei der Forderungsanmeldung nicht zugleich die Annahme oder die Erwartung auf, dass ihre Namenund Adressdaten durch andere Verfahrensbeteiligte für Werbe- und/oder Informationszwecke genutzt werden können. cc) Der Bekl. hat aber mit der Verarbeitung der Namens- und Adressdaten nur in geringem Umfang und für eine kurze Dauer in Rechte der Kl. eingegriffen. Hinsichtlich des Ausmaßes der Datenverarbeitung hat er allerdings in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklären lassen, er habe entsprechend seiner „Datenschutzrechtlichen Information“ im Zuge einer (Fremd-)Mandatsbearbeitung Akteneinsicht in die Insolvenzakte genommen und hieraus eine Liste mit Namen und Anschriften der Anleger von Gold bei der A GmbH sowie Vertragstyp, Vertragsnummer, VertragsID, monatliche Beitragszahlungen und Zahlbestände kopiert. Zum Zwecke des – einmalig erfolgten – Anschreibens habe er jedoch ausschließlich Name und Anschrift der Kl. gespeichert, mithin Daten, die der Sozialsphäre der Kl. zuzuordnen sind. Auch diese Daten seien umgehend gelöscht worden, nachdem die Kl. den Widerspruch erklärt haben. Ausgehend von diesem von der Klägerseite nicht substantiiert in Zweifel gezogenen Vortrag hat der Bekl. zwar nicht nur Namen und Anschrift der Kl. verarbeitet, sondern zumindest auch die Verknüpfung dieser Daten zur Forderungsanmeldung im A GmbH-Insolvenzverfahren und dem hieraus zu schließenden Investmentausfall, also sensiblere (Finanz-)Daten. Insofern unterscheidet sich die vorliegende „eingriffsintensivere“ Datenverarbeitung von einem gewöhnlichen Fall einer Direktwerbung nach vorausgegangener Kundenbeziehung. Andererseits ist maßgeblich zu berücksichtigen, dass der Bekl. mit dem Schreiben – anders als „übliche“ Werbeschreiben – eher zurückhaltend seine anwaltlichen Dienste angepriesen und in keiner Weise aufgedrängt hat. Hinzu kommt die Verfolgung von im Allgemeinwohl liegenden Zielen der Verbraucherinformation, was – jedenfalls ist dies bei einem Teil der Adressaten zu vermuten – nicht stets als unzweckmäßig wahrgenommen wird. Zudem erfolgte die Verarbeitung für einen insgesamt nur sehr kurzen Zeitraum, da der Bekl. die Namens- und Adressdaten der Kl. nach einmaliger Verwendung für das Schreiben v. 18.5.2022 gelöscht hat. Die Kl. hätten den Brief zudem einfach wegwerfen oder für eigene (Informations-)Zwecke nutzen können, ohne dass das irgendwelche Auswirkungen oder Folgen gehabt hätte, auch insoweit geht das Schreiben nicht über übliche Werbung hinaus. dd) Insgesamt ist das Schreiben in seiner konkreten Ausgestaltung als Verbraucherinformation und als Werbemaßnahme unter Verwendung von eher als unkritisch anzusehenden Adressdaten mit der DSGVO zu vereinbaren. Jedenfalls sind im Rahmen der Interessenabwägung keine überwiegenden Interessen auf Klägerseite zu erkennen. Zwar ist zu berücksichtigen, dass es sich um Daten handelte, die durch die besondere anwaltliche Stellung, in Ausnutzung der besonderen anwaltlichen Informations- bzw. Akteneinsichtsrechte, erlangt worden sind, und deren Verwendung äußerst limitiert ist (vgl. AnwG Berlin, Beschl. v. 5.3.2018 – 1 AnwG 34/16 Rn. 37). Gleichwohl ist die ausdrückliche Hervorhebung der DiWerbung als berechtigtes Interesse rektwerbung in Erwägungsgrund 47 zur DGSVO ein Hinweis darauf, dass Werbung nicht nur ein „berechtigtes Interesse“ darstellt, sondern dass Werbung vielmehr bei der Interessenabwägung i.S. einer gesetzlichen Vermutung grundsätzlich zulässig ist, solange der Maßstab der Erforderlichkeit eingehalten wird, der überdies eher weit auszulegen ist. Zum Ausgleich sieht die DSGVO in Art. 21 II für das Direktmarketing ein bedingungsloses Widerspruchsrecht der betroffenen Person vor (vgl. Plath/ Struck, in Plath, DSGVO/BDSG/TTDSG, 4. Aufl. 2023, Art. 6 EUV 2016/679, Rn. 80). Damit wird den Interessen der Kl. hinreichend Rechnung getragen. 2.a) Die auf §§ 174, 175 InsO beruhende Datenerhebung zur Insolvenztabelle erfolgte ursprünglich zu dem Zweck, festzustellen, welche Ansprüche im Rahmen des Insolvenzverfahrens mit welcher Quote und in welcher Reihenfolge befriedigt werden können. Im vorliegenden Fall hat der Bekl. die in der Insolvenztabelle aufgeführten personenbezogenen Daten u.a. der Kl. zur Verbraucherinformation und zu Werbezwecken weiterverarbeitet. Ob hierin eine Zweckänderung nach Art. 6 IV DSGVO liegt, kann dahinstehen. Eine solche Zweckänderung wäre jedenfalls nach Art. 6 IV, Art. 5 I lit. b DSGVO gerechtfertigt. b) Erfolgt – wie hier – die Verarbeitung personenbezogener Daten zu einem anderen Zweck als zu demjenigen, zu dem diese Daten erhoben wurden, ergibt sich aus Art. 6 IV i.V.m. dem 50. Erwägungsgrund DSGVO, dass eine solche Verarbeitung insb. dann zulässig ist, wenn sie auf dem Recht eines Mitgliedstaats beruht und eine notwendige und verhältnismäßige Maßnahme zum Schutz eines der in Art. 23 I DSGVO genannten Ziele darstellt. Wie es im 50. Erwägungsgrund heißt, ist der Verantwortliche zum Schutz der wichtigen Ziele des allgemeinen öffentlichen Interesses berechtigt, die personenbezogenen Daten ungeachtet dessen weiterzuverarbeiten, ob sich die Verarbeitung mit den Zwecken, für die die personenbezogenen Daten ursprünglich erhoben wurden, vereinbaren ließ (vgl. EuGH, Urt. v. 2.3. 2023 – C-268/21 Rn. 33–41; BAG, Urt. v. 29.6.2023 – 2 AZR 296/22 Rn. 25, m.w.N.). In einer solchen KonstelDATENSCHUTZ BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 2/2024 115
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