BRAK-Mitteilungen 2/2024

lation bedarf es keiner gesonderten Rechtsgrundlage für die weitere Verarbeitung (Plath/Struck, in Plath, DSGVO/BDSG/TTDSG, 4. Aufl. 2023, Art. 6 EUV 2016/ 679, Rn. 97). aa) Der Bekl. kann sich bei der Zulässigkeitsprüfung der hier streitgegenständlichen Datenverarbeitung allerdings nicht auf prozessrechtliche Vorschriften zur Akteneinsicht stützen. Denn eine Einsichtnahme in die Insolvenzakte, die die gem. §§ 174 ff. InsO erhobenen Daten der anmeldenden Gläubiger enthält, ist nur für Verfahrensbeteiligte nach § 299 I ZPO i.V.m. § 4 InsO zulässig. Dritte haben nur einen im Verwaltungswege geltend zu machenden Anspruch auf Akteneinsicht, wenn und soweit sie ein rechtlich geschütztes Interesse an der Einsichtnahme darlegen, § 299 II ZPO. Der Bekl. hat als bevollmächtigter Rechtsanwalt eines weiteren Insolvenzgläubigers zwar rechtlich zulässig Akteneinsicht erhalten. Allerdings beruhte seine Berechtigung allein auf seiner Stellung als Verfahrensbevollmächtigter und bietet keinen Rechtfertigungsgrund für eine Weiterverarbeitung für weitere eigene – wenn auch nach den obigen Darlegungen zulässige – eigene Zwecke. bb) Gleichwohl ist eine zweckändernde Weiterverarbeizweckändernde Weiterbearbeitung derDaten tung von Daten einer – nicht öffentlich zugänglichen – Insolvenzakte nicht grundsätzlich rechtswidrig. Vielmehr ergibt sich aus den genannten zivilprozessrechtlichen Vorschriften, dass diese keinen umfassenden Schutz gegen eine zweckändernde Weiterverarbeitung gewährleisten. Dies wird auch durch den Vergleich mit dem Strafprozessrecht bestätigt, das in § 479 StPO Übermittlungsverbote und Verwendungsbeschränkungen bezogen auf – hier allerdings regelmäßig sensiblere – erhobene Daten enthält. Dem demgegenüber weniger hohem Schutzniveau des zivilprozessualen Akteneinsichtsrechts entspricht es, dass die Einsichtnahme in die Insolvenztabelle durch Insolvenzgläubiger – vorbehaltlich eines den Verfahrenszweck gefährdenden Missbrauchsverdachts – auch zu dem Zweck zulässig ist, Erkenntnisse über andere Gläubiger zu gewinnen, um ihnen die angemeldete Forderung abzukaufen, da damit keine verfahrensfremden Ziele verfolgt werden und diese Vorgehensweise dazu beitragen kann, Gläubiger vor Schäden im Zusammenhang mit dem Ausfall von Forderungen zu schützen (vgl. BGH, Beschl. v. 7.5.2020 – IX ZB 56/19 Rn. 6–8). cc) Diese Erwägungen lassen sich zwar nicht direkt auf den vorliegenden Sachverhalt übertragen, der auch im Erwägungsgrund 50 jedenfalls nicht ausdrücklich aufgeführt wird. Allerdings hat der Bekl. als bevollmächtigter Rechtsanwalt und damit zumindest formell als Verfahrensbeteiligter handelnd, Akteneinsicht genommen und mit der Verarbeitung der so gewonnenen Namens- und Adressdaten für das Schreiben v. 18.5.2022 keine verfahrensfremden Zwecke verfolgt, denn das Schreiben zielte auch darauf ab, Gläubigerinteressen gegen die insolvente A GmbH durchzusetzen und betroffene Anleger vor einem kompletten Forderungsausfall zu schützen, so dass das in Art. 6 IV lit. a) DSGVO genannte Abwägungskriterium eines Zweckzusammenhangs gegeben ist. Die Berufung kann demgegenüber auch nicht mit Erfolg geltend machen, dass der Bekl. mit dem Hinweis auf eine möglicherweise bestehende Vermittlerhaftung allenfalls mittelbar mit dem konkreten Insolvenzverfahren im Zusammenhang stehende Zwecke verfolgt hat. Eine solche Differenzierung ist sachlich nicht gerechtfertigt, da es auch bei der Vermittlerhaftung um den Schutz der Anleger vor Forderungsausfällen geht, und somit ein enger Bezug zu dem Insolvenzverfahren gegen die A GmbH gegeben ist. Ein Zusammenhang insb. hinsichtlich des Verhältnisses zwischen den betroffenen Personen und dem Verantwortlichen (vgl. Art. 6 IV lit. b) DSGVO) besteht zwar nicht, es liegen aber auch keine besonders geschützten Daten i.S.d. Art. 9 DSGVO vor, und die Folgen der Weiterverarbeitung sind gering (vgl. Art. 6 IV lit. d) DSGVO), da es den Adressaten grundsätzlich freigestanden hat, dem Schreiben keine weitere Beachtung zu schenken und der Bekl. die Daten ohnehin nur für kurze Zeit gespeichert hat. B.1. Den Kl. steht auch kein nach datenschutzrechtlichen Vorschriften gem. Art. 82 I DSGVO oder Art. 17 DSGVO i.V.m. Art. 79 DSGVO begründeter Unterlassungsanspruch zu, da kein Verstoß gegen Art. 6 DSGVO vorliegt und der Bekl. die Daten nach Widerspruch durch die Kl. (Art. 23 DSGVO) gelöscht hat (s.o. unter A.). Es kann daher offenbleiben, ob die Kl. den geltend gemachten Unterlassungsanspruch noch auf Art. 17 DSGVO stützen können (vgl. BGH, EuGH-Vorlage v. 26.9.2023 – VI ZR 97/22). II. Mangels Vorliegens einer Wiederholungsgefahr ist das Unterlassungsbegehren auch nicht aus §§ 823 I i.V.m. 1004 BGB begründet. Es bedarf daher auch keiner Entscheidung, ob aufgrund der abschließenden Regelungen der DSGVO Schadensersatz- und Unterlassungsansprüche nach nationalen Recht ausgeschlossen sind (vgl. hierzu Senat, Urt. v. 31.8.2021 – 4 U 324/21; Beschl. v. 19.4. 2021 – 4 W 243/21 m.w.N. zum Meinungsstand). Notwendige Voraussetzung eines Unterlassungsanspruchs nach dieser Vorschrift ist das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr, d.h. eine ernstliche, auf Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass in der Zukunft gegen eine bestehende Unterlassungspflicht verstoßen werden wird. Wenn bereits ein – hier unterstellter – rechtswidriger Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen erfolgt ist, spricht zwar eine tatsächliche Vermutung für das Vorliegen der Wiederholungsgefahr, die allerdings entkräftet werden kann, wobei an die Entkräftung strenge Anforderungen zu stellen sind (st. Rspr.: BGH, Urt. v. 30.10.1998 – V ZR 64/98, BGHZ 140, 1 (10) Rn. 20; Senat, Urt. v. 28.3. 2023 – 4 U 944/22 Rn. 65 m.w.N.). Dies ist bspw. dann der Fall, wenn es sich erkennbar um eine einmalige Beeinträchtigung handelt und im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung oder mündlichen Verhandlung festDATENSCHUTZ BRAK-MITTEILUNGEN 2/2024 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 116

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