BRAK-Mitteilungen 3/2024

7. MEHRVERGLEICH IM ARBEITSRECHT Ein Mehrwert des Vergleichs ist ausgeschlossen, wenn zur Durchsetzung des hinzugekommenen Gegenstands eine weitere Klageerhebung erforderlich wäre.35 35 Bayerisches LAG, Beschl. v. 26.7.2023 – 3 Ta 123/23. 8. WERTFESTSETZUNG IM SOZIALRECHT Liegen die Voraussetzungen der Abrechnung nach Betragsrahmengebühren gem. § 3 I RVG vor, ist ein Antrag auf Wertfestsetzung unzulässig.36 36 LSG Baden-Württemberg, Beschl. v. 26.6.2023 – L 13 AS 1242/23 ER-B 91/22. Wird individuell eine Vergütungsvereinbarung über die Abrechnung nach Wertgebühren gem. § 2 RVG beschlossen, sollte daher zugleich auch der anzusetzende Wert vereinbart werden, da eine verbindliche Wertfestsetzung durch das Gericht nicht möglich ist. 9. FÄLLIGKEIT DER GEBÜHR BEI RUHEN DES VERFAHRENS Nach § 8 I 2 RVG wird die Vergütung auch dann fällig, wenn das Verfahren mehr als drei Monate ruht. Der Ruhenstatbestand tritt erst ein, wenn das Gericht das Ruhen des Verfahrens auf Antrag der Parteien anordnet oder sonst zu erkennen gibt, dass es das Verfahren nicht ohne Antrag der Parteien wieder aufnehmen wird.37 37 LSG Thüringen, Beschl. v. 26.9.2023 – L 1 SF 921/22 B; vgl. auch Touissant, 54. Aufl., § 8 RVG, Rn. 24. Für das Ruhen des Verfahrens bedarf es daher nicht unbedingt einer förmlichen Anordnung. So ist gewährleistet, dass die Fälligkeit auch in solchen Verfahren eintreten kann, die nicht förmlich zum Ruhen gebracht werden, aber aus außerhalb des Verfahrens liegenden Gründen nicht wieder durch Antrag der Partei aufgenommen werden. 10. FIKTIVE TERMINSGEBÜHR BEI ERZWINGBAREM TERMIN Nach der Anm. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV-RVG fällt eine fiktive Terminsgebühr nur in einem Verfahren an, in dem eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist. § 54 II FamFG gibt die Möglichkeit, eine mündliche Verhandlung zu erzwingen. Damit ist nach Ansicht des OLG Karlsruhe eine mündliche Verhandlung nicht vorgeschrieben, so dass eine fiktive Terminsgebühr nicht anfällt.38 38 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 17.1.2024 – 18 WF 155/24. An der Richtigkeit dieser Entscheidung ist zu zweifeln. Sie widerspricht der gesetzlichen Wertung in der Anm. 1 Nr. 2 zu Nr. 3104 VV-RVG. III. SCHLUSSBEMERKUNG Die vorgenannten Entscheidungen erscheinen dem Autor bedeutsam. Aus Platzgründen können viele andere Entscheidungen nicht in diesem Aufsatz aufgeführt werden. Im Hinblick auf die Entscheidung des EuGH zur Zeithonorarvereinbarung bleibt abzuwarten, wie die deutschen Gerichte künftig urteilen werden. PFLICHTEN UND HAFTUNG DES ANWALTS – EINE RECHTSPRECHUNGSÜBERSICHT RECHTSANWÄLTIN ANTJE JUNGK, RECHTSANWÄLTE BERTIN CHAB UND HOLGER GRAMS* * Die Autorin Jungk ist Leitende Justiziarin, der Autor Chab Leitender Justiziar bei der Allianz Versicherungs-AG, München; der Autor Grams ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Versicherungsrecht in München. In jedem Heft der BRAK-Mitteilungen kommentieren die Autoren an dieser Stelle aktuelle Entscheidungen zum anwaltlichen Haftungsrecht. HAFTUNG EINSCHÄTZUNG DER ERFOLGSAUSSICHTEN Auch wenn eine streitentscheidende Rechtsfrage höchstrichterlich abschließend geklärt ist, können sogar im Schrifttum geäußerte Bedenken, mit denen sich die Rechtsprechung noch nicht auseinandergesetzt hat, Veranlassung zu der Annahme geben, die Rechtsprechung werde noch einmal überdacht. Die Prozessaussichten sind dann nicht als erfolglos einzuschätzen. (eigener Ls.) OLG Köln, Urt. v. 18.1.2024 – 12 U 48/23 Offenkundig wächst der Anteil der Haftpflichtklagen gegen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, die auf Betreiben der Rechtsschutzversicherer initiiert werden, weiter. Immer geht es dabei um behauptete Beratungsmängel in Bezug auf die (fehlenden) Erfolgsaussichten der Klage. Dass die Ansprüche aus nach § 86 VVG übergegangenem Recht ohne Weiteres vom Rechtsschutzversicherer geltend gemacht werden können, ist nicht zuletzt seit den BGH-Entscheidungen aus 20211 1 Insb. BGH, Urt. v. 16.9.2021 – IX ZR 165/19. geklärt. Im Einzelfall zu prüfen bleiben aber die konkreBRAK-MITTEILUNGEN 3/2024 AUFSÄTZE 146

RkJQdWJsaXNoZXIy ODUyNDI0