BRAK-Mitteilungen 3/2024

hen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden. Damit würden zwei Wege zur rechtswirksamen Übermittlung von elektronischen Dokumenten zur Verfügung gestellt: Zum einen könne der Anwalt den Schriftsatz mit seiner qeS versehen. Zum anderen könne er auch nur einfach signieren, müsse den Schriftsatz aber sodann selbst auf einem sicheren Übermittlungsweg gem. § 130a IV ZPO einreichen. Der Übernahme der Verantwortung durch den qualifiziert elektronisch signierenden, bevollmächtigten Anwalt für den Schriftsatzinhalt stehe es nicht entgegen, dass im Dokument der Name eines anderen Anwalts als Verfasser genannt wird. Auch bei der früher erforderlichen eigenhändigen Unterschrift durch einen Anwalt sei es nicht erforderlich gewesen, dass der Schriftsatz von diesem Anwalt persönlich verfasst wurde. Maßgeblich sei nur, dass der Anwalt den Schriftsatz nach eigenverantwortlicher Prüfung genehmigte und unterschrieb. Dem stehe die qeS des (zweiten) Anwalts gleich. Es bedürfe daher auch keines klarstellenden Zusatzes, dass der qualifiziert signierende Anwalt für den Kollegen handle, der den Schriftsatz verfasst hatte. In dem vom BSG entschiedenen Fall wurde eine vom Anwalt qualifiziert elektronisch signierte Beschwerdebegründung nicht aus dem beA des Anwalts, sondern aus einem anderen beA an das BSG übermittelt. Dies sei, so das BSG, kein Problem. Es verwies auf § 65a III 1 SGG (entspricht § 130a III ZPO, s.o.). Zwar sei der Schriftsatz nicht auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht worden, weil das beA nicht das des Anwalts gewesen sei; dies sei aber wegen der vom Anwalt angebrachten qeS kein Problem. Damit habe es ausgereicht, dass der Schriftsatz auf einem zugelassenen elektronischen Übermittlungsweg durch eine beliebige Person übersandt wurde. Im Ergebnis ist festzuhalten: Liegt eine qeS durch einen bevollmächtigten Anwalt vor, kommt es auf weitere Umstände nicht mehr entscheidend an. (hg) ZEITPUNKT DES ZUGANGS VON beA-NACHRICHTEN BEI VERSENDUNG VON ANWALT ZU ANWALT Sendet ein Rechtsanwalt über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) an einen anderen Rechtsanwalt ein Schreiben, ist dieses dem Empfänger zugegangen, wenn das Dokument auf dem Server für den Empfänger abrufbereit während seiner üblichen oder etwaig darüber hinaus nach außen bekannt gegebenen Büroöffnungszeiten eingeht. Unerheblich für den Zugangszeitpunkt ist, wann die Benachrichtigungs-E-Mail über den Eingang beim empfangenden Rechtsanwalt auf seinem E-Mail-Server eingegangen ist. OLG Hamm, Urt. v. 22.2.2024 – I-22 U 29/23, NJW 2024, 1353 Ein Kaufvertrag über eine Wohnung wurde auf Seiten des Käufers durch einen vollmachtlosen Vertreter geschlossen. Streitig war u.a., ob der Kaufvertrag rechtzeitig nach Aufforderung der Verkäuferin i.S.d. § 177 II BGB genehmigt wurde. Diese Aufforderung wurde am 5.3.2021, einem Freitag, per beA übersandt und ging beim anwaltlichen Vertreter der Käuferin am selben Tag um 10.25 Uhr auf dem Server ein. Der nahm sie aber an diesem Tag nicht mehr zur Kenntnis. Die Genehmigung des Kaufvertrags erfolgte am 16.3.2021 durch notariell beglaubigte Unterschrift. Die Genehmigungserklärung ging dann beim den Vertrag beurkundenden Notar am 22.3.2021 ein. Die Frage war nun, ob damit noch die Zwei-WochenFrist des § 177 II BGB eingehalten worden war oder nicht. Nur dann wäre der später durch die Käufer erfolgte Rücktritt nicht ins Leere gegangen und wären Schadenersatzansprüche denkbar gewesen. Nach Ansicht des Senats löste die Aufforderung zur Genehmigung schon am 5.3.2021 die Zwei-Wochen-Frist aus. Diese sei während der Geschäftszeit vor 17.00 Uhr eingegangen und damit gem. § 130 BGB auch zugegangen. Dafür genüge es nämlich, dass der Empfänger unter normalen Umständen von der jeweiligen Willenserklärung Kenntnis nehmen könne, was zumindest im unternehmerischen Geschäftsverkehr bereits dann der Fall sei, wenn sie zu den üblichen Geschäftszeiten auf dem Mailserver des Empfängers abrufbereit eingehe. Es käme dann nicht darauf an, dass die Mail auch tatsächlich abgerufen werde.6 6 So auch schon BGH, NJW 2022, 3791. Für die Zusendung per beA gelte nichts anderes. Entscheidend sei hier auch nicht der Zugang der Benachrichtigungsmail, sondern der Eingang der Mail an sich auf dem Server, von dem aus die Mail dann abrufbar sei. Deshalb lief die Frist hier bis zum 19.3.2021, so dass der Eingang der Genehmigung beim Notar am 22.3.2021 dem Vertrag nicht mehr zur Wirksamkeit verhelfen konnte. (bc) VERSICHERUNGSRECHT ZURÜCKBEHALTUNGSRECHT DES HAFTPFLICHTVERSICHERERS IM RAHMEN DES § 119 VVG Der Haftpflichtversicherer kann gem. § 119 III 1 VVG von einem Dritten, der Schadensersatzansprüche gegen den Versicherungsnehmer der Haftpflichtversicherung bzw. nach § 115 I VVG unmittelbar gegen die Haftpflichtversicherung geltend machen will, Auskunft verlangen, soweit sie zur Feststellung des Schadensereignisses und der Höhe des Schadens erforderlich ist. Dieser gegen den geschädigten Dritten bestehende Auskunftsanspruch begründet ein Zurückbehaltungsrecht der Haftpflichtversicherung gem. § 273 I BGB gegenüber dem erhobenen Anspruch des Dritten auf Zahlung von Schadensersatz. OLG Stuttgart, Urt. v. 19.12.2023 – 12 U 17/23, MDR 2024, 576 Aus gem. § 116 I SGB X übergegangenem Recht machte der Versicherungsträger hier Aufwendungen für den BRAK-MITTEILUNGEN 3/2024 AUFSÄTZE 150

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