BRAK-Mitteilungen 3/2024

bei einem Unfall verletzten Versicherten geltend. Der Versicherungsnehmer der beklagten Haftpflichtversicherung hatte diesen Unfall schuldhaft verursacht. Grundsätzlich stand die Übernahme des Schadens außer Streit. Fraglich waren einzelne Positionen und deren Unfallursächlichkeit. Die im Sinne des Leitsatzes entschiedene Frage betraf allein einen Zinsanspruch auf stationäre Behandlungskosten. Der Sozialversicherungsträger konnte hier aufgrund des Direktanspruchs gem. § 115 I VVG unmittelbar gegen den Haftpflichtversicherer vorgehen, hatte dabei aber die §§ 119 und 120 VVG zu beachten. Vorgelegt wurde dem Haftpflichtversicherer lediglich ein sog. „Grouper-Ausdruck“; dabei handelt es sich um die Krankenhausabrechnung, die nach dem diagnose-orientierten Fallpauschalensystem computergestützt ermittelt und übermittelt wird. Nach Ansicht des Senats ergebe sich daraus nicht, wie die Diagnose ermittelt wurde, so dass der Ausdruck nur als Indiztatsache, nicht aber als Beweismittel entsprechend einem Arztbericht gelten könne. Die Haftpflichtversicherung könne daher zu Recht geltend machen, dass ihr damit keine ausreichenden Belege gem. § 119 I VVG zur Verfügung gestellt wurden. Ihr müsse die Möglichkeit verbleiben, selbst die Berechtigung der erhobenen Schadenersatzansprüche zu prüfen. Sie konnte sich damit auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen, wodurch bis zum ausreichenden Nachweis der Diagnose und der Unfallursächlichkeit der Verletzungen kein Verzug eintreten konnte. Das Urteil erging hier zwar im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme eines Kfz-Haftpflichtversicherers, kann aber selbstverständlich in seinen Grundsätzen auch auf die Berufshaftpflichtversicherung übertragen werden. Gerade bei Vermögensschäden wird häufig trotz offenkundig bestehender Pflichtverletzung die Kausalität bestritten. Es ist dann regelmäßig Sache des Geschädigten, diese im Rahmen des § 119 VVG gegenüber dem Haftpflichtversicherer darzulegen und ihm sämtliche Belege zu übermitteln. Die Obliegenheiten des § 119 VVG werden in der Praxis selten bedacht, wenn Vermögensschaden-Haftpflichtversicherungen in Anspruch genommen werden, noch weniger, wenn Klage gegen dort versicherte Berufsträger eingereicht wird. Will man später nicht den Einwänden des § 120 VVG ausgesetzt sein, empfiehlt sich in jedem Fall, parallel den Haftpflichtversicherer ausreichend zu informieren. (bc) STICHWORT BERUFSRECHT FORTBILDUNGSPFLICHT Die Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) sieht in § 43a VIII vor, dass alle Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte verpflichtet sind, sich fortzubilden. Dabei wird diese allgemeine anwaltliche Grundpflicht nicht näher konkretisiert und die Art und Weise, wie ihr nachzukommen ist, nicht vorgeschrieben. Ohne inhaltliche Ausgestaltung und Vorgaben zur Erfüllung fehlt der nach § 43a VIII BRAO angeordneten Berufspflicht zur Fortbildung allerdings die praktische Bedeutung, wenngleich die Fortbildung ein wesentliches Element der Qualitätssicherung der anwaltlichen Dienstleistung ist. Für Fachanwältinnen und Fachanwälte hingegen sieht die Fachanwaltsordnung (FAO) in § 15 und für Fachanwaltsanwärterinnen und -anwärter in § 4 II eine konkrete und vor allem berufsrechtlich sanktionierte Verpflichtung zur Fortbildung in dem jeweiligen Fachgebiet vor. Alle, die eine Fachanwaltsbezeichnung führen, müssen unabhängig von beruflicher Stellung, Leistung, Eignung, Verdienst, Alter, etc. gegenüber der Rechtsanwaltskammer, in der sie Mitglied sind, durch Bescheinigungen oder geeignete Unterlagen unaufgefordert jährlich nachweisen, dass sie auf diesem Gebiet wissenschaftlich publiziert oder an Fortbildungsveranstaltungen teilgenommen haben. Die Gesamtdauer der Fortbildung je Fachgebiet darf 15 Zeitstunden nicht unterschreiten. Zweck dieser Vorschrift ist das Aufrechterhalten des besonderen Qualifikationsstandards der Fachanwältinnen und Fachanwälte. Wird die in § 15 FAO vorgeschriebene Fortbildung von der Fachanwältin oder dem Fachanwalt unterlassen, ist die Rechtsanwaltskammer nach § 43c IV 2 BRAO i.V.m. § 25 FAO im Rahmen ihres pflichtgemäßen Ermessens berechtigt, die Erlaubnis zum Führen der Fachanwaltsbezeichnung mit Wirkung für die Zukunft zu widerrufen. Mit der berufsrechtlichen Frage der Konkretisierung und Sanktionierung der allgemeinen Fortbildungspflicht hat sich auch die Satzungsversammlung bei der Bundesrechtsanwaltskammer (→ Satzungsversammlung, BRAK-Mitt. 2024, 93), das sog. „Anwaltsparlament“, in den letzten Jahren immer wieder intensiv befasst und zuletzt in der 2. Sitzung der 8. Legislaturperiode am 22.4.2024 die vorangegangenen Initiativen der 6. und 7. Satzungsversammlung nochmals aufgegriffen und mit großer Mehrheit – da die Anwaltschaft selbst über ihre Fortbildungsverpflichtung bestimmen können müsse – eine Resolution verabschiedet, die zuvor vom Ausschuss „Aus- und Fortbildung“ erarbeitet wurde. Mit dieser dem Bundesministerium der Justiz am 23.4.2024 übermittelten Resolution fordert die 8. Satzungsversammlung das Ministerium auf, sich mit der Frage BRAK-MITTEILUNGEN 3/2024 151

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