In der Entscheidung des OLG Düsseldorf liegt der Sachverhalt andersherum. Der Vorwurf: Ein Rechtsanwalt habe Fake-Bewertungen gekauft, was ein Wettbewerber unterlassen sehen will. Während die Annahme eines Wettbewerbsverhältnisses und die Anwendung der UWG-Vorschriften durch das OLG vorliegend keine Fragen aufwerfen, sollte dabei ein besonderes Augenmerk auf die vom Gericht zugrunde gelegte Beweislastverteilung gelegt werden. Denn wie in dem Fall, in dem ein sich zu Unrecht Bewerteter gegen negative vermeintliche Fake-Bewertungen wehrt und den Anbieter der Plattform eine hohe Darlegungslast trifft, trifft – jedenfalls nach der Ansicht des OLG Düsseldorf – denjenigen eine erweiterte Darlegungslast, der die (positiven) Fake-Bewertungen über die eigene Leistung angeblich veranlasst hat. Der Anwalt müsse darlegen, dass die Bewertungen echt sind und ihnen ein tatsächlicher Mandatskontakt zugrunde liegt. Ein pauschales Bestreiten des Bewertungskaufs genüge nicht, um den Vorwurf des UWGVerstoßes auszuräumen. Vielmehr treffe den Beklagten eine sekundäre Darlegungslast. Es liegt auf der Hand, dass diese Anforderung dem Anwalt ein Dilemma beschert. Denn erstens kann nicht vorausgesetzt werden, dass eine Anwältin bzw. ein Anwalt Bewertungen immer einem ihrer bzw. seiner Mandanten zuordnen kann. Immerhin herrscht online keine Klarnamenpflicht. Zweitens würde ihr oder ihm selbst bei Kenntnis des Bewertenden das Mandatsgeheimnis aus § 43a II BRAO, § 2 BORA verbieten, das Mandatsverhältnis gegenüber dem beanstandenden Wettbewerber oder dem Gericht ohne Zustimmung des betreffenden Mandanten offenzulegen. Zum Anlass, die Substantiierungsmaßstäbe jedenfalls für Anwältinnen und Anwälte oder andere Berufsgeheimnisträger zu senken, nahm das OLG Düsseldorf dieses Hindernis allerdings nicht. So nachvollziehbar und begrüßenswert das Ziel ist, dass Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte als Organe der Rechtspflege potenziellen Mandanten auf ihren Social-Media-Auftritten oder ihrer Website keine gefälschten Bewertungen und gekaufte angebliche zufriedene Mandanten vorgaukeln, wurden dem verklagten Kollegen erhebliche Darlegungs- und Beweishürden in den Weg gelegt, um den Vorwurf der unlauteren Verkaufsförderung auszuräumen, die praktisch nicht überwunden werden können. Für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte ergeben sich durch die Entscheidung nicht zu vernachlässigende Haftungsrisiken. Fraglich ist nun, ob Folge der Rechtsprechung sein muss, die Möglichkeit der Bewertung auf Online-Profilen (soweit möglich) zu deaktivieren, sich von Portalen mit Bewertungsfunktion grundsätzlich fernzuhalten, oder alle Bewertungen proaktiv zu löschen, die nicht mit bekanntem Klarnamen versehen sind. Die eingangs genannten Anbieter von Bewertungsplattformen sind (ähnlich wie Host-Provider, vgl. BGH, Urt. v. 27.2.2018 – VI ZR 489/16, GRUR 2018, 642) nicht verpflichtet, anlasslos die Echtheit von Bewertungen zu prüfen. Diese Rechtsprechung hat ihren Grund schon in der Unmöglichkeit eines solchen Unterfangens: Denn bei den Plattformen gehen täglich abertausende Bewertungen ein, während das Bewertungsaufkommen bei Anwältinnen und Anwälten überschaubar sein dürfte. Eine Prüfung der Bewertungen auf Authentizität dürfte für sie deshalb keinen unzumutbaren Aufwand bedeuten. Hinzukommt, dass die Bewertungen ihrer Leistung ihrer eigenen Sphäre zugehörig sind und eine Überprüfung der Authentizität ihnen daher zumindest grundsätzlich möglich ist. Zudem lassen sich die von der Rechtsprechung für Bewertungsplattformen angewandten Grundsätze der mittelbaren Störerhaftung (vgl. dazu BGH, GRUR 2022, 1459 Rn. 23 ff.) auch auf der Handlungsebene schon nicht ohne Weiteres übertragen. Die Entscheidung macht zwar diesen Anschein, denn das OLG Düsseldorf führt in der Begründung aus, der Anwalt habe sich die Bewertungen durch „Liken“ zu Eigen gemacht. Der UWG-Vorwurf besteht aber nicht in der Zurechnung des Inhalts der Bewertungen (möglicher) Dritter und der Verletzung von Prüfpflichten, sondern in der Übermittlung und/oder Beauftragung gefälschter Bewertungen und Empfehlungen, somit einer eigenhändigen Handlung. Ob die Bewertungen „geliked“, kommentiert oder sonst zu Eigen gemacht werden, dürfte daher keine Rolle spielen. Das Zu-EigenMachen kam hier daher nur „on top“. Für die Praxis lässt sich daraus neben der Selbstverständlichkeit, keine Fake-Bewertungen zu kaufen, die Empfehlung ableiten, „echte“ Bewertungen auf von der Anwältin oder vom Anwalt betriebenen OnlineProfilen regelmäßig zu sichten und zu prüfen. Kann eine unter vermeintlichem Klarnamen verfasste Bewertung dabei keinem Mandanten zugeordnet werden oder liegt für Bewertungen, die unter Pseudonym veröffentlicht wurden, deren Quelle aber bekannt ist, keine Einwilligung für eine mögliche Offenlegung gegenüber einem Wettbewerber oder dem Gericht vor, sollten solche Bewertungen sicherheitshalber entfernt werden. Rechtsanwalt und Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht Dr. Till Dunckel, Hamburg, Vorsitzender des BRAK-Ausschusses Medienrecht BRAK-MITTEILUNGEN 3/2024 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 166
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