AnwZ (Brfg) 2/23, NJW 2023, 2579 Rn. 18 m.w.N.). Der Ansatz eines Kanzleikostenanteils als zusätzlicher Bestandteil der festzusetzenden angemessenen Vergütung erscheint gerechtfertigt, wenn ein selbstständiger Rechtsanwalt mit eigener Kanzlei zum Abwickler bestellt wird und eine Abwicklungstätigkeit von erheblichem Umfang erforderlich ist. Ein Kanzleikostenanteil kommt dagegen hinsichtlich solcher Rechtsanwälte nicht in Betracht, deren Abwicklungstätigkeit ihre Arbeitszeit nur in geringem Umfang – vergleichbar mit einer begrenzten Anzahl von zu leistenden Überstunden – in Anspruch nimmt, so dass sie eigene Mandate in üblichem Umfang weiterbearbeiten und hieraus die Kosten ihrer eigenen Kanzlei decken können (vgl. Senat, Beschl. v. 22.5.2023, a.a.O. Rn. 31 und 42 m.w.N.). [13] Der AGH hat gemeint, die von der Bekl. (ohne Begründung) festgesetzte Stundenpauschale von 120 Euro netto, die auch einen Kanzleikostenanteil des RA H. enthalte, liege im Bereich des Vertretbaren (S. 7 des angefochtenen Urteils). [14] Diese Ausführungen begründen ernstliche Zweifel kein Kanzleikostenanteil bei geringem Aufwand an der Richtigkeit der Entscheidung des AGH. Der Ansatz eines Kanzleikostenanteils ist vorliegend nicht gerechtfertigt. Er wird weder in den Vergütungsfestsetzungsanträgen von RA H. noch in den angefochtenen Bescheiden der Bekl. und ihren erstinstanzlichen Schriftsätzen zur Rechtfertigung eines Stundensatzes von 120 Euro angeführt. Nach den Festsetzungsanträgen von RA H., die den angefochtenen Bescheiden der Bekl. zugrunde liegen, hat dieser in dem knapp zwölfmonatigen Vergütungszeitraum v. 10.11. 2020 bis 31.10.2021 eine Abwicklungstätigkeit von 57 Stunden und in dem knapp viermonatigen Vergütungszeitraum v. 1.1. bis zum 25.4.2022 eine Abwicklungstätigkeit von 17,5 Stunden entfaltet. Das entspricht einer Tätigkeit von durchschnittlich 4,75 bzw. 4,4 Stunden pro Monat. Es handelt sich mithin um eine Abwicklungstätigkeit, die die Arbeitszeit von RA H. nur in geringem Umfang – vergleichbar mit einer begrenzten Anzahl von zu leistenden Überstunden – in Anspruch genommen hat und nach den dargelegten Grundsätzen der Senatsrechtsprechung den Ansatz eines Kanzleikostenanteils nicht rechtfertigt. [15] Soweit der AGH ergänzend ausgeführt hat, zudem habe die Geschäftsführerin der Bekl. im Termin zur mündlichen Verhandlung ausgeführt, man habe sich bezüglich des Stundenhonorars an der STAR-Statistik für das Bundesland Schleswig-Holstein orientiert, dort lägen die in Ansatz gebrachten 120 Euro pro Stunde im unteren Bereich des statistischen Durchschnitts, fehlen – ungeachtet der Frage, ob solche statistisch erhobenen Stundensätze zur Festsetzung der nach einem Stundenhonorar bemessenen Abwicklervergütung herangezogen werden können – ebenfalls entsprechende Feststellungen des AGH. Die dem Senat bekannten STAR-Statistiken enthalten hinsichtlich der erfassten Rechtsanwaltshonorare jedenfalls keine Aufgliederung nach einzelnen Bundesländern (vgl. etwa die Abbildungen unter Ziff. 8.2 „Zeithonorare; Stundensätze“ des STAR-Berichts 2020 der BRAK und des Instituts für Freie Berufe [https:/ /www.brak.de/fileadmin/04_fuer_journalisten/star2020/star2020_ergebnisbericht_02-2021.pdf]). [16] 3. Offenbleiben kann, ob die Zulassung der Berufung auch aufgrund der weiteren vom Kl. geltend gemachten Gründe angezeigt ist. [17] III. Das Verfahren wird als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht (§ 112e S. 2 BRAO, § 124a V 5 VwGO). HINWEISE DER REDAKTION: Die BRAK beauftragt regelmäßig das Institut für Freie Berufe (IFB) in Nürnberg, das Statistische Berichtssystem für Rechtsanwälte (STAR) durchzuführen, um die berufliche und wirtschaftliche Lage in der deutschen Anwaltschaft zu ergründen. Den kompletten Endbericht der jeweiligen STAR-Erhebung veröffentlicht die BRAK auf ihrer Website; zusätzlich werden die wesentlichen Ergebnisse in den BRAK-Mitteilungen dargestellt; s. zuletzt Genitheim/Eggert, BRAK-Mitt. 2024, 69. Zudem erstellt das IFB für jede Rechtsanwaltskammer zu STAR jeweils sog. Kammerberichte, in denen ausschließlich die Antworten der teilnehmenden Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte aus dem jeweiligen Kammerbezirk ausgewertet werden. Sofern im STAR-Bericht keine kammerspezifischen Auswertungen dargestellt sind, kann daher grundsätzlich auf die Kammerberichte zurückgegriffen werden. PROZESSUALES EINSTELLUNG BEI VERFAHRENSHINDERNIS BRAO §§ 116 I 2, 198 I; StPO §§ 206a, 467 * 1. Ist ein Betroffener verstorben, ist ein anwaltsgerichtliches Verfahren gem. § 116 I 2 BRAO, § 206a StPO einzustellen. Ein angefochtenes Urteil ist dann gegenstandslos, ohne dass es einer Aufhebung bedarf. * 2. Hat ein Rechtsanwalt vor seinem Tod gegen eine Entscheidung Berufung eingelegt und ist die erforderliche Beweisaufnahme vor dem AGH noch nicht durchgeführt worden, sind die Kosten des Verfahrens sowie die notwendigen Auslagen der Rechtsanwaltskammer aufzuerlegen. Die Ausnahmevorschrift des § 467 III 2 StPO ist dann nicht anwendbar. Bayerischer AGH, Beschl. v. 4.3.2024 – BayAGH II-2-16/21 Volltext unter www.brak-mitteilungen.de BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 3/2024 173
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