vielmehr würden Associates – je nach Mitarbeiter- und Mandatslage – auch einem Counsel zugewiesen. Ein Counsel erhalte keine Weisungen, welche Mandate er in welcher Form zu bearbeiten habe. Die Mandatsannahme und -bearbeitung erfolge in einvernehmlicher Abstimmung zwischen Counsel und Partnern. Der Counsel habe in eigener Verantwortung zu entscheiden, ob er ausreichende zeitliche Kapazitäten zur ordnungsgemäßen Bearbeitung neuer Mandate habe. Aufgrund ihrer langjährigen Berufstätigkeit hätten Counsel typischerweise eigene gefestigte und vertrauensvolle Beziehungen zu Mandanten. Außerdem seien sie in Personalentscheidungen eingebunden und führten Bewerbungsgespräche. Seine, des Kl., Beziehung zu den Partnern sei nicht durch eine hierarchische Struktur gekennzeichnet. Es handele sich um eine über viele Jahre gewachsene vertrauens- und respektvolle Beziehung. Die abstrakte Gefahr einer Einflussnahme anderer Partner zur verstärkten Bearbeitung von Anwaltsmandaten bestünde auch bei einer Verbindung des Kl. mit anderen Rechtsanwälten zur gemeinsamen Berufsausübung. Er besitze die persönliche Charakterstärke, einem entsprechenden Druck standzuhalten, um den notariellen berufsrechtlichen Pflichten gerecht zu werden. Er habe uneingeschränkten Zugang zu einem Prüfungssystem der Kanzlei zur Ermittlung etwaiger Interessenkonflikte. Dieses System könne er ebenso bei der Annahme von Notariatsmandaten nutzen. Auch wirtschaftlich sei aufgrund vorhandenen eigenen Vermögens die erforderliche Unabhängigkeit gewährleistet. Dazu bedürfe es keiner Beteiligung an dem Gesellschaftsvermögen von ..., die ohnehin durchschnittlich weniger als 1 % je Partner betrage. Sein Einkommen läge deutlich über dem durchschnittlichen persönlichen Überschuss aus selbstständiger Tätigkeit von Rechtsanwälten. Für die Inanspruchnahme der Infrastruktur von ... werde der Kl. Zahlungen zu leisten haben. Eine noch zu treffende Vereinbarung werde aber die berufsrechtlich erforderliche Autonomie über die Erhebung und Vereinnahmung der Notargebühren beachten. Die angefochtene Entscheidung des Bekl. weiche von Entscheidungen des Präsidenten des OLG Frankfurt am Main ab, der in der Vergangenheit bei ... angestellte Rechtsanwälte zu Notaren ernannt habe. Der Kl. beantragt: Unter Aufhebung seines Bescheides v. 28.2.2023 – 3835 G-G 32/20 KG, dem Kl. zugegangen am 20.3. 2023, wird der Bekl. verpflichtet, den Kl. im Auswahlverfahren gem. § 6 III BNotO in der bis zum 31.7.2021 geltenden Fassung (nunmehr § 6 I BNotO) um eine der im Amtsblatt für Berlin v. 16.10.2020 (ABl. S. 5248) ausgeschriebenen 157 Notarstellen zu berücksichtigen, hilfsweise unter Aufhebung seines Bescheides v. 28.2. 2023 – 3835 G-G 32/20 KG, dem Kl. zugegangen am 20.3.2023, wird der Bekl. verpflichtet, den Kl. unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Der Bekl. beantragt, die Klage abzuweisen. Er trägt vor, die Vereinbarung v. 25.1.2021 stelle die persönliche und eigenverantwortliche Amtsführung, Unabhängigkeit und Unparteilichkeit eines Notars nicht hinreichend sicher. Aus Nr. 1 der Vereinbarung sei eine vertragliche Verpflichtung für den Kl. zur Führung der Notarstelle in den Geschäftsräumen von ... abzuleiten, weswegen bereits nicht davon ausgegangen werden könne, dass er seine Notartätigkeit unabhängig ausüben könne. Die Regelungen in Nr. 4 seien nicht konkret und umfassend genug gefasst, um eine persönliche und eigenverantwortliche, insb. aber eine unabhängige Amtsführung des Kl. – auch in wirtschaftlicher Hinsicht – sicherzustellen. Für die Feststellung, dass eine unzulässige Verbindung zur Berufsausübung i.S.v. § 9 III BNotO nicht vorliege, könne auf konkrete Regelungen nicht verzichtet werden. Das Angestelltenverhältnis des Kl. unterscheide sich trotz der Vereinbarung v. 25.1.2021 in seinen Strukturmerkmalen nicht von denen anderer angestellter Rechtsanwälte. Auch als Counsel stehe er in einem Angestelltenverhältnis und dem einem Anstellungsvertrag wesensmäßig innewohnenden strukturellen Über-Unterordnungsverhältnis. Daran ändere die Möglichkeit einer Teilzeitbeschäftigung nichts. Der Kl. sei gehalten gewesen, die Unabhängigkeit der Amtsführung als Notar gewährleistende vertragliche Vereinbarungen im Vorfeld seiner Bestellung zum Notar vorzulegen, damit diese spätestens an dem der Aushändigung der Bestellungsurkunde folgenden Tag wirksam werden könnten. Auf die Bestellung als Notariatsverwalter finde Abschnitt III Nr. 9 lit f AVNot keine Anwendung. Der bei dem Bekl. zu dem Kl. geführte Bewerbungsvorgang – 3835 E-G xx/20 KG, ein Band Selbstauskünfte „...“ sowie die Kopie der bei der RAK Berlin über den Kl. geführten Personalakte liegen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. AUS DEN GRÜNDEN: 1. Die Klage ist als Verpflichtungsklage statthaft, § 42 I Alt. 2 VwGO. Der Kl. strebt mit seinem Hauptantrag die Verpflichtung des Bekl. an, ihn zum Notar zu bestellen. Wie bei der Ernennung eines Beamten (hierzu BVerwG, VerwRsprs 1970, 422, 445) erfolgt die Bestellung zum Notar durch formgebundenen und mitwirkungsbedürftigen Verwaltungsakt der jeweiligen Landesjustizverwaltung, vgl. § 12 I BNotO (Frenz, in Frenz/Miermeister, BNotO, 5. Aufl., § 12 BNotO, Rn. 8). Das gerichtliche Verfahren vor dem Senat richtet sich nach den Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung soweit die Bundesnotarordnung keine abweichenden Bestimmungen enthält, § 111b I 1 BNotO. 2. Die Klage ist zulässig, insb. form- und fristgerecht nach Zustellung des Bescheids des Bekl. gegen diesen BRAK-MITTEILUNGEN 3/2024 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 182
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