§8, Rn. 17; Wolf, in Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, 3. Aufl., § 46 BRAO, Rn. 44; Koch, DNotZ 2018, 84, 94). Mit dieser Begründung hat auch das OLG Celle die Klage einer angestellten Rechtsanwältin gegen die Versagung der Übertragung eines Notaramts zurückgewiesen (OLG Celle, NdsRpfl. 1995, 246). Nach anderer Ansicht soll die Tätigkeit als angestellter Rechtsanwalt in einer Kanzlei der Bestellung zum Notar nicht grundsätzlich entgegenstehen. So werde in größeren Kanzleien mit mehreren Rechtsanwälten die Arbeitszeit in der Regel flexibel gestaltet (Lerch, in Arndt/ Lerch/Sandkühler, BNotO, 8. Aufl., § 8 Rn. 50). cc) Der Senat erachtet die herrschende Auffassung für vorzugswürdig. Die von dem Gesetzgeber in der Bundesnotarordnung getroffenen Regelungen zum notariellen Berufsrecht haben zum Ziel, die Unabhängigkeit des Notaramts soweit wie irgend möglich zu sichern und jeder Beeinflussung der Unparteilichkeit durch wirtschaftliche Interessen entgegenzuwirken. Der Notar ist verpflichtet, selbst den Anschein einer Abhängigkeit oder Parteilichkeit zu vermeiden, § 14 III 2 BNotO (BGH, a.a.O.). Ein solcher Anschein kann aber durch eine anwaltliche Tätigkeit im Angestelltenverhältnis zu anderen Rechtsanwälten letztlich nicht vermieden werden. Allerdings übt auch der angestellte Rechtsanwalt einen freien Beruf aus, § 2 I BRAO, und ist ein unabhängiges Organ der Rechtspflege, § 1 BRAO (vgl. BGH, NJW 2023, 2724, 2727). Fachlich ist er freiberuflich tätigen Rechtsanwälten gleichgestellt (Prütting, in Henssler/ Prütting, BRAO, 5. Aufl., § 46, Rn. 2). Von dieser fachlichen Unabhängigkeit ist hingegen die persönliche Abhängigkeit persönliche Abhängigkeit des angestellten Rechtsanwalts von seinem – vorliegend anwaltlichen – Arbeitgeber zu unterscheiden. Ein angestellter Rechtsanwalt erbringt seine vertraglich geschuldete Leistung wie andere Arbeitnehmer auch im Rahmen einer von Dritten bestimmten Arbeitsorganisation (BAG, ZIP 1998, 1761, 1762). Grundlage seiner Tätigkeit ist der mit seinem Arbeitgeber geschlossene Arbeitsvertrag, der ihn zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet, § 611a S. 1 BGB. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit und Ort der Tätigkeit betreffen, § 611a S. 2 BGB. Weisungsgebunden ist, wer nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann, § 611a S. 3 BGB. Neben dem damit verbundenen Verlust an persönlicher Autonomie verzichtet der Arbeitnehmer mit Eingehung des Arbeitsverhältnisses auch auf die unternehmerische Verwertung seiner Arbeitskraft. Die Chance, einen mit seiner Tätigkeit verbundenen unternehmerischen Gewinn zu erzielen, hat lediglich der Arbeitgeber (Wolf, a.a.O. Rn. 33). Wegen des Widerspruchs zwischen fachlicher und persönlicher Unabhängigkeit ist die Anstellung eines Rechtsanwalts nur bei einem anwaltlichen Arbeitgeber zulässig, § 46 I BRAO (BGH, a.a.O.). cc) Der Bekl. hat diesen rechtlichen Rahmen erkannt und seiner Entscheidung v. 28.2.2023 zutreffend zugrunde gelegt. (1) Der Kl. steht auch in seiner Eigenschaft als „Counsel“ in einer persönlichen Abhängigkeit seiner Arbeitgeberin. Daran ändern seine wirtschaftlichen Verhältnisse nichts. Auch ein vermögender Arbeitnehmer ist nicht in der Lage, seine Arbeitskraft unternehmerisch zu verwerten (Wolf, a.a.O.). Nichts Anderes gilt für die von ihm vorgetragene grundsätzliche Flexibilität bei der Auswahl des Arbeitsortes. Es erscheint nicht ungewöhnlich, wenn erfahrenen – angestellten – Rechtsanwälten insoweit mehr Freiheiten zugestanden werden als etwa Berufsanfängern. Gleichwohl ändert sich ihre rechtliche Bindung zum Arbeitgeber damit nicht so grundlegend, dass sie deren Partnern damit gleichstünden. Ohnehin hängt der Grad der persönlichen Abhängigkeit auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab, § 611a S. 4 BGB. Es kann deshalb auch kein ausschlaggebendes Kriterium sein, wenn ein angestellter Rechtsanwalt seine Arbeitszeiten grundsätzlich frei bestimmen kann. Dessen ungeachtet sind den Rechtssuchenden die rechtlichen Beziehungen zwischen dem angestellten Rechtsanwalt und seinem Arbeitgeber in der Regel unbekannt. Hingegen bedarf es keiner vertieften rechtlichen Kenntnisse, um zwischen einem Angestellten und dem Partner einer anwaltlichen Sozietät unterscheiden zu können. Daran ändert es nichts, wenn der Angestellte eine nicht selbsterklärende und zudem fremdsprachliche Bezeichnung für sich in Anspruch nimmt (hier „Counsel“). Der Senat übersieht nicht, dass auch die Partner einer konkrete Bezeichnung irrelevant anwaltlichen Sozietät nicht völlig frei handeln können, sondern im Rahmen ihrer gesellschaftsrechtlichen Vereinbarungen gewissen Bindungen unterliegen. Gleichwohl besteht zwischen den Partnern aber kein Über-/Unterordnungsverhältnis, wie es dies bei angestellten Rechtsanwälten der Fall ist. Anders als der angestellte Rechtsanwalt vermittelt die Stellung als Partner gerade nicht den Anschein einer persönlichen Abhängigkeit. (2) Der Bekl. hat auch die von dem Kl. vorgelegten schriftlichen Vereinbarungen zwischen ihm und ... gesehen. Dass er sie nicht für ausreichend erachtet hat, eine persönliche Eignung des Kl. für das Notaramt zu begründen, begegnet keinen Bedenken. Anlass zu weiteren Ermittlungen bestanden weder für den Bekl. noch für den Senat. Insbesondere bestand kein Anlass, über die von dem Kl. vorgelegten schriftlichen Vereinbarungen mit ... hinaus weitere anzufordern. NOTARRECHT BRAK-MITTEILUNGEN 3/2024 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 184
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