BRAK-Mitteilungen 4/2024

Aber weil das Leben gerecht ist, hat es für den Vordrängler auch einen kleinen Schönheitsfleck gegeben. In den Urteilsgründen fehlst Du in der Liste derjenigen, die sich in der mündlichen Verhandlung geäußert haben. Wer das kontrollieren will: BVerfGE 109, 279 (303). IX. CHRISTIAN KIRCHBERG, DIE FREUDE UND JUGEND Diese schöne Geschichte ist auch ein guter Anlass, um langsam zum Ende zu kommen. Hoffentlich ist deutlich geworden, dass uns allen die Arbeit im Verfassungsrechtsausschuss Freude macht, und dass sie gerade Dir Freude gemacht hat. Sonst hättest Du das auch nicht so lange durchgehalten. Irgendwie warst Du in dieser ganzen Zeit auch ein bisschen ein Ergänzungs-Bundesverfassungsrichter. Das passt gut zu Dir und Deinen gewissen Neigungen zum Richteramt. Wichtiger ist: Alle Anwesenden sehen, dass der Vorsitz im Verfassungsrechtsausschuss und generell die Tätigkeit für die BRAK Dich hat jung bleiben lassen. Und weil Du es natürlich nicht lassen kannst, wünsche ich Dir für Deine noch laufenden verfassungsgerichtlichen Anwaltsmandate alles Gute und viel Erfolg. Lieber Christian Kirchberg, Du hast Dich um den Verfassungsrechtsausschuss, um die Anwaltschaft und auch um den Rechtsstaat verdient gemacht. Vielen Dank dafür. GEFÄHRDUNGEN DES RECHTSSTAATS DIE ANWALTSCHAFT ALS VERTEIDIGERIN DES RECHTSSTAATS PROF. DR. CHRISTIAN WOLF* * Der Autor ist Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, Deutsches, Europäisches und Internationales Zivilprozessrecht und geschäftsführender Direktor des Instituts für Prozess- und Anwaltsrecht (IPA) an der Leibniz Universität Hannover. Der Beitrag beruht auf seinem Vortrag anlässlich des Symposiums für Prof. Dr. Christian Kirchberg am 11.4.2024. Welchen Gefährdungen ist der Rechtsstaat ausgesetzt? Wie lässt sich der Rechtsstaat absichern? Und welche zentrale Rolle spielen Anwältinnen und Anwälte bei der Verwirklichung und Verteidigung des Rechtsstaats? Diese Fragen standen – neben der konkreten Bedrohung von Anwältinnen und Anwälten – im Fokus der Arbeit von Prof. Dr. Christian Kirchberg in den BRAK-Ausschüssen Menschenrechte und Sicherung des Rechtsstaats. Er wies auf die zweifache verfassungsrechtliche Absicherung der Institution Anwaltschaft hin: als Absicherung des Zugangs zum Recht für Rechtsuchende und aus der anwaltlichen Erwerbsperspektive. Ausgehend hiervon beleuchtet der Autor die Konturen des Anwaltsverfassungsrechts. I. EINLEITUNG Welchen Gefährdungen ist der Rechtsstaat ausgesetzt? Wie lässt sich der Rechtsstaat absichern? Und welche zentrale Rolle spielen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte bei der Verwirklichung und Verteidigung des Rechtsstaats? Mit diesen drei Fragen hat sich Prof. Dr. Christian Kirchberg in seinen unterschiedlichen Funktionen als Vorsitzender des Verfassungsrechtsausschusses, als Vorsitzender des Ausschusses für Menschenrechte und Mitglied der AG Rechtsstaat intensiv befasst. Bereits in seiner Freiburger von Alexander Hollerbach betreuten Dissertation hat sich Christian Kirchberg mit der Frage auseinandergesetzt, wie ein Rechtsstaat durch unbegrenzte Auslegung1 1 Der Begriff geht auf Bernd Rüthers, Die unbegrenzte Auslegung, Zum Wandel der Privatrechtsordnung im Nationalsozialismus, 9. Aufl., 2022, zurück. in einen Unrechtsstaat umgewandelt werden kann. Anhand des Badischen Verwaltungsgerichtshofs zeigte er auf, wie sich das nationalsozialistische Regime der Gerichte bemächtigen konnte.2 2 Kirchberg, Der badische Verwaltungsgerichtshof im Dritten Reich: eine Quellenstudie zur Justiz- und Verwaltungsgeschichte des ehemaligen Landes Baden unter dem Nationalsozialismus, 1982. In den BRAK-Mitteilungen, deren Beiratsvorsitzender Kirchberg war, hat er immer wieder die menschenrechtliche und verfassungsrechtliche Stellung des Rechtsanwalts und damit seine Rolle als Verteidiger des Rechtsstaats in seinen Beiträgen aufgegriffen.3 3 Insb. Kirchberg, Die Anwaltschaft in der neueren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, BRAK-Mitt. 2018, 279-294; ders., Anwaltschaft und Menschenrechte in Deutschland, BRAK-Mitt. 2016, 57-61; ders., Grundgesetz und Anwaltschaft, BRAK-Mitt. 2009, 95-103. Der Beitrag knüpft an die Überlegungen Kirchbergs an. Welches verfassungsrechtliche Instrumentarium steht den Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten zur Verfügung, um der Gefährdung des Rechtsstaats entgegenzutreten, um diesen zu verteidigen? Und es soll auch der Frage nachgegangen werden, wie die Freiheit der Advokatur verfassungsrechtlich abgesichert ist und in welchem Umfang der Rechtsanwalt hierdurch in den Dienst des Rechtsstaats gestellt ist. WOLF, GEFÄHRDUNGEN DES RECHTSSTAATS AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 4/2024 193

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