BRAK-Mitteilungen 4/2024

Mittteilungen der ersten Stunde, Christian Kirchberg. Das Tagesgeschäft haben die Chefredakteure Rechtsanwalt Elmar Gellner, Rechtsanwalt Uwe Scherf, Uta Fölster, Rechtsanwalt Stephan Göcken, Rechtsanwältin Peggy Fiebig und seit 2016 Rechtsanwältin Dr. Tanja Nitschke, der ich auch für die unterstützenden Informationen zu diesem Vortrag danke, verantwortet. Sie alle leisteten und leisten einen ganz wesentlichen Beitrag zu dem Stellenwert, den die BRAK-Mitteilungen heute im wissenschaftlichen und rechtspolitischen Diskurs einnehmen. Die vereinte Expertise der anwaltlichen Autorinnen und Autoren, die in den Veröffentlichungen in den BRAK-Mitteilungen zum Ausdruck kommt, trägt auch zu der hohen Reputation der fachlichen Äußerungen der BRAK bei, die sich etwa auch in den Stellungnahmen ihrer Ausschüsse wiederfindet. So nimmt es nicht Wunder, dass Autorinnen und Autoren der Mitteilungen häufig auch in den Ausschüssen vertreten sind. Bedeutung und Einfluss der BRAK-Mitteilungen sind Rolle der Anwaltschaft im rechtlichen Diskurs nach alledem klar: Sie haben einen wesentlichen Anteil am rechtswissenschaftlichen und rechtspolitischen Diskurs. Und dieser Diskurs beschreibt eines der wesentlichen Elemente der Rolle der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte im Rechtsstaat: „Denn letztlich gründet die Organstellung des Rechtsanwalts sich in einer dialogisch, argumentativ verstandenen Mitwirkung des Rechtsanwalts bei der Rechtsfindung der Gerichte.“11 11 Wolf/Knauer, FS Scharf, S. 329 (339). Nebenbei: Humoristisches Solitär zum Thema Dialog ist der Beitrag „Der etwas andere Schriftsatz“ von Rechtsanwalt Daniel Krause aus Berlin aus dem Jahr 1999.12 12 BRAK-Mitt. 1999, 165. Dieser verteidigte seinen anwaltlichen Mandanten gegen den Vorwurf, sich wegen der Bezeichnung des gegnerischen Rechtsanwalts als „Büttenredner“ wegen Beleidigung strafbar gemacht zu haben. Den einleitenden Worten: „Denn zu dieser Anwaltsfehde paßt allein die Büttenrede“13 13 BRAK-Mitt. 1999, 165. folgt ein – obwohl ich selbst kein Karnevalsgänger bin – mit Witz gereimter, kaum zu toppender Schriftsatz. Passend zum Thema Diskurs schreibt er: „Kurz: wenn man um die Wahrheit ringt, ist der Konflikt strukturbedingt. Des Streites Mittel sind die Worte; Und die zuweilen harter Sorte. Auch – sagt man – wird der Kampf ums Recht zuweilen schon mal zum Gefecht! Am Ende siegt – wie man es kennt – in dem Diskurs das Argument“14 14 BRAK-Mitt. 1999, 165. Zum Finale: „Wer jemand „Büttenredner” nennt, der macht ihm doch ein Kompliment!“ Sein Beweisangebot: Sachverständigengutachten durch Philipp Becker, Präsident der Interessengemeinschaft Mittel-Rheinischer Karneval.15 15 BRAK-Mitt. 1999, 166. Besser kann „Diskurs“ kaum beschrieben werden. Doch zurück zum Ausgangsthema: Um im Diskurs mitSpiegel aktueller Diskurse zuhalten, müssen die BRAK-Mitteilungen up to date sein. Und das sind sie. Ich erinnere mich etwa, dass unmittelbar als die Frage aufkam, ob die durch den Siemens-Skandal aufgekommene Methode, strafrechtsrelevante Sachverhalte in Unternehmen durch große Kanzleien aufarbeiten zu lassen (Internal Investigations), rechtsstaatlichen Maßstäben genügen könnte, die BRAK-Mitteilungen hierzu einen Beitrag anfragten. Aktuell bietet die Digitalisierung ganz besonders Anlass zu Stellungnahmen und Diskurs. Etwa die Einführung der E-Akte, das Gesetz zur digitalen Dokumentation der strafgerichtlichen Hauptverhandlung, die Erprobung des Onlineverfahrens für geringfügige Streitigkeiten, das Pilotprojekt Bayerns und Niedersachsens zur Erprobung des elektronischen Basisdokuments, die Einführung von Commercial Courts und der Einsatz von KI16 16 Hierzu etwa Wolf, BRAK-Mitt. 2022, 240. sind mit großen Chancen verbunden, bergen aber auch Risiken für den Rechtsstaat und die verfassungsmäßige Ordnung. Diese Risiken und Chancen zu identifizieren und konkrete Vorschläge zu machen, wie mit ihnen umgegangen werden kann, ist unsere Aufgabe. Natürlich wurden auch die Reformvorschläge der BRAK für das Strafrecht und den Strafprozess angesichts der Digitalisierung in den Mitteilungen veröffentlicht.17 17 BRAK-Mitt. 2024, 12. Deutlich müssen die Mitteilungen aber auch dann werden, wenn politische Entscheidungen das Funktionieren unserer Justiz gefährden. So hat etwa Hans-Bernd Schäfer Sparmaßnahmen auf Ebene der Justiz bereits 1996 in seinem Aufsatz „Kein Geld für die Justiz – Was ist uns der Rechtsfrieden wert?“ deutlich kritisiert.18 18 BRAK-Mitt. 1996, 2. Anwältinnen und Anwälten kommt als Organen der Rechtspflege – und das ist heute wieder von geradezu trauriger Bedeutung geworden – eine besondere Bedeutung für die Sicherung des Rechtsstaates zu. Wir schwören bei unserer Zulassung, die „verfassungsmäßige Ordnung zu wahren und die Pflichten eines Rechtsanwalts gewissenhaft zu erfüllen.“19 19 § 12a I und II BRAO. Diese Pflichten hat Christian Kirchberg bereits in seinem Beitrag „Grundgesetz und Anwaltschaft“20 20 BRAK-Mitt. 2009, 95. aus dem Jahr 2009 samt ihrer grundgesetzlichen Herleitung durch das BVerfG auf Basis der Bastille-Entscheidungen21 21 BVerfG, Beschl. v. 14.7.1987, BVerfGE 76, 171 und BverfGE 76, 196. ausführlich dargestellt. Zugrunde gelegt hat er, dass „das BVerfG in seiner Rechtsprechung die FunkBRAK-MITTEILUNGEN 4/2024 AUFSÄTZE 200

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