in einen Schriftsatz einzukopieren, dazu geführt hat, dass sich der Umfang der Schriftsätze vervielfacht hat, dass er viele Informationen und Zitate enthält, die mit dem konkreten Fall bestenfalls am Rande etwas zu tun haben, und die der Bewertung des Falls nicht förderlich sind. Das schadet zwar in der Regel formal gesehen nicht, kostet jedoch Gegner und Gerichte unnötig Zeit und hilft der Rechtsfindung nicht. An eine Berufungsbegründung sind indes höhere Anforderungen zu stellen als an einen normalen Schriftsatz im laufenden Verfahren: Diese muss nämlich auf den konkreten Streitfall zugeschnitten sein und die tragenden Erwägungen des angefochtenen Urteils angreifen und darlegen, warum diese aus Sicht des Berufungsklägers nicht zutreffen.3 3 BGH, Beschl. v. 30.7.2020 – III ZB 48/19. Ein textbausteinartiger Schriftsatz erfüllt diese Anforderungen in der Regel nicht. Das OLG stört sich schon daran, dass die Berufungsbegründung „in ihrer Gesamtheit“ nicht auf das angefochtene landgerichtliche Urteil zugeschnitten ist, sondern ein aus Textbausteinen zusammengesetztes (63 Seiten langes) Dokument darstellt, das die Prozessbevollmächtigten des Klägers ersichtlich zu dem Zweck erstellt haben, um dieses mehr oder weniger weitestgehend inhaltsgleich für eine Vielzahl von (Berufungs-)Verfahren zu verwenden, was schon an der Allgemeinheit der verwendeten Formulierungen („Klägerseite“, „das Ausgangsgericht“ usw.) abzulesen sei. Auch bei einer rein isolierten Betrachtung der einzelnen vier streitgegenständlichen Klageanträge würde sich dieser Eindruck bestätigen. Das OLG führt in über 30 Randziffern konkrete Beispiele auf, aus denen sich dies ergibt. Insbesondere seien auch keinerlei individualisierende „Ergänzungen“ enthalten und damit nicht auf die konkrete Beweiswürdigung im Einzelfall eingegangen worden, wie es aber prozessual erforderlich gewesen wäre. Natürlich verführen die jedenfalls „ähnlich“ gelagerten Fälle der vielen betroffenen Mandantinnen dazu, mit einem Musterschriftsatz alle denkbaren Argumente abzuhandeln. Die Kunst liegt aber dann darin, die – ggf. wenigen – individuellen Aspekte klar herauszustellen und gezielt hierauf Bezug zu nehmen sowie im Gegenzug solche Punkte, die vom Ausgangsgericht überhaupt nicht problematisiert wurden, wegzulassen. Selbst wenn es solche individuellen Ausführungen gibt, drohen diese in einem Mammut-Textbaustein-Text unterzugehen. Solange es kein gesetzlich festgeschriebenes Massenverfahren gibt (für das man dann auch kein herkömmliches Gerichtsverfahren bräuchte, sondern das mithilfe von Legal Tech abgehandelt werden könnte), bleibt den Prozessbevollmächtigten nichts anderes übrig, als sich die Situation jeder Mandantin einzeln vorzunehmen und schriftsätzlich abzuhandeln. (ju) ERSATZEINREICHUNG UND WIEDEREINSETZUNG Die Glaubhaftmachung der vorübergehenden Unmöglichkeit der Einreichung eines Schriftsatzes als elektronisches Dokument bedarf einer aus sich heraus verständlichen, geschlossenen Schilderung der tatsächlichen Abläufe oder Umstände. Hieran fehlt es, wenn die glaubhaft gemachten Tatsachen jedenfalls auch den Schluss zulassen, dass die Unmöglichkeit nicht auf technischen, sondern auf in der Person des Einreichers liegenden Gründen beruht. BGH, Beschl. v. 14.3.2024 – V ZB 2/23 Der Umgang mit der Situation, dass eine fristgerechte Einreichung eines Schriftsatzes per beA – aus welchen Gründen auch immer – nicht erfolgreich ist, überfordert nach wie vor nicht wenige Anwälte und Anwältinnen. Dabei hilft § 130d ZPO mit der Möglichkeit der Ersatzeinreichung bei technischer Unmöglichkeit unabhängig davon, ob ein Anwaltsverschulden vorliegt. Wenn auch die Ersatzeinreichung nicht klappt, kann man Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragen – diese gibt es allerdings nur, wenn insoweit kein Anwaltsverschulden erkennbar ist. Im hier entschiedenen Fall ging leider zu viel schief: Die Berufungsfrist versäumte der Prozessbevollmächtigte, weil elf Tage vor Fristablauf sein beA-Account nicht mehr funktionierte und er bis dahin auch keine neue beA-Karte erhielt. Er bat daher am Tag des Fristablaufs (19.9.) mittags eine Anwaltskollegin, den Schriftsatz für ihn einzureichen. Diese teilte ihm erst am nächsten Tag mit, sie habe das wegen plötzlicher Erkrankung ihres Kindes nicht machen können. Am 4.10. habe er sie bitten wollen, einen Wiedereinsetzungsantrag zu stellen, sie sei jedoch nicht erreichbar gewesen. Der Telefonanschluss eines weiteren bekannten Rechtsanwalts sei „stets besetzt“ gewesen. Daher sei die Übermittlung schließlich per Telefax erfolgt. Aber auch das Telefaxgerät habe technische Probleme gehabt, weshalb nur der Wiedereinsetzungsantrag ohne die Berufungsschrift versandt worden sei. Am 7.10. ging bei Gericht ein Wiedereinsetzungsantrag nebst einem nicht unterzeichneten Berufungsschriftsatz vom 17.9. in Papierform ein. Der geschilderte Ablauf lässt schon vermuten, dass hier nichts mehr zu retten war. Eine Ersatzeinreichung betreffend die Berufungseinlegung hatte der Prozessbevollmächtigte gar nicht versucht, sondern er wollte den Schriftsatz durch die Kollegin übermitteln lassen. Ob dieser ein Verschulden vorzuwerfen war, hätte im Rahmen eines Wiedereinsetzungsantrags überprüft werden müssen. Der Wiedereinsetzungsantrag scheiterte aber schon daran, dass auch er nicht per beA, sondern per Fax eingereicht wurde. Diese Ersatzeinreichung war indes nach Ansicht des BGH nicht möglich, da nicht glaubhaft gemacht wurde, dass die Funktionsfähigkeit tatsächlich auf einer technischen Störung beruhte und nicht z.B. auf den Ablauf der JUNGK/CHAB/GRAMS, PFLICHTEN UND HAFTUNG DES ANWALTS - EINE RECHTSPRECHUNGSÜBERSICHT BRAK-MITTEILUNGEN 4/2024 AUFSÄTZE 210
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