Digitalisierung. Jedoch äußert sie erhebliche Zweifel an der praktischen Umsetzbarkeit durch geldwäscherechtlich verpflichtete Anwältinnen und Anwälte sowie durch die Rechtsanwaltskammern, die als Aufsichtsbehörden die Einhaltung dieser Verpflichtungen zu überprüfen haben. ZIVILPROZESS UND DIGITALISIERUNG Im Berichtszeitraum spielte das Thema Digitalisierung der Justiz auch weiterhin eine bedeutende Rolle. Zuständigkeitsstreitwerte Anfang Juni beschloss die Bundesregierung, die Streitwertgrenze, bis zu der die Amtsgerichte für zivilrechtliche Streitigkeiten zuständig sind, von derzeit 5.000 Euro auf 8.000 Euro anzuheben. Ferner sollen bestimmte Streitigkeiten unabhängig vom Streitwert an die Amtsoder Landgerichte zugewiesen werden. Die BRAK hatte sich vor allem wegen der Auswirkungen auf Rechtsuchende und die Anwaltschaft kritisch zu dem im März vorgelegten Referentenentwurf geäußert.34 34 BRAK-Stn.-Nr. 26/2024; dazu Nachr. aus Berlin 9/2024 v. 2.5.2024. Sie lehnt das Vorhaben zwar nicht generell ab und begrüßt im Grundsatz das Ziel, die Amtsgerichte zu stärken. Scharf kritisiert sie jedoch, dass in der Gesetzesbegründung anwaltliche Beratung als reiner Kostenfaktor dargestellt wird; das missachte die Rolle der Anwaltschaft im Rechtsstaat. Online-Verfahren für geringfügige Streitwerte Ebenfalls Anfang Juni hat das BMJ den Referentenentwurf für ein Erprobungsgesetz eines schnellen OnlineVerfahrens für zivilrechtliche Streitigkeiten mit geringen Streitwerten vorgelegt.35 35 Dazu ausf. Nachr. aus Berlin 12/2024 v. 12.6.2024. Ziel ist es, den Zugang zur Justiz zu erleichtern und die Arbeit an den Gerichten u.a. durch eine strukturierte Erfassung des Prozessstoffs und technische Unterstützungswerkzeuge effizienter zu gestalten. Das Online-Verfahren soll in einem neuen 12. Buch der ZPO geregelt werden. Anwendbar sein soll es für zivilrechtliche Verfahren bis zu einem Streitwert von 5.000 Euro; diese Grenze würde sich auf 8.000 Euro erhöhen, falls die von der Bundesregierung beschlossene Erhöhung des Zuständigkeitsstreitwerts Gesetz wird. In ihrer Stellungnahme zum Referentenentwurf36 36 BRAK-Stn.-Nr. 47/2024; dazu Nachr. aus Berlin 14/2024 v. 24.7.2024. hat die BRAK das Vorhaben insgesamt begrüßt. Sie formuliert aber Änderungsvorschläge zu einigen Punkten. Videoverhandlungen Mitte Juni billigten sowohl der Bundestag als auch der Bundesrat den vom Vermittlungsausschuss erarbeiteten Einigungsvorschlag zum Gesetz zur Förderung des Einsatzes von Videokonferenztechnik.37 37 Vgl. Nachr. aus Berlin 13/2024 v. 26.6.2024. Danach sind in allen betroffenen Gerichtsbarkeiten Videoverhandlungen nur möglich, wenn sich die Fälle dafür eignen und ausreichende Kapazitäten zur Verfügung stehen. Die Entscheidung, ob eine Videoverhandlung angeordnet wird, liegt weitgehend in der Hand der Vorsitzenden Richterinnen bzw. Richter; dies ist aus Sicht der BRAK ein Rückschritt gegenüber der Bindung an den Parteiwillen in früheren Stadien des Gesetzgebungsverfahrens. Für sog. vollvirtuelle Verhandlungen, an denen alle Verfahrensbeteiligten und alle Mitglieder des Gerichts per Video teilnehmen, enthält der Einigungsvorschlag eine Erprobungsklausel für Bund und Länder. Das Gesetz wurde am 18.7.2024 im BGBl. veröffentlicht.38 38 BGBl. 2024 I Nr. 237 v. 18.7.2024. Dazu äußern sich Wessels39 39 Wessels, BRAK-Mitt. 2024, 121. sowie zur praktischen Umsetzung vollvirtueller VerhandlungenDenz.40 40 Denz, BRAK-Mitt. 2024, 125. STRAFPROZESS Auch im Strafprozessrecht begleitete die BRAK im Berichtszeitraum eine Reihe gesetzgeberischer Aktivitäten. Weisungsrecht gegenüber Staatsanwaltschaften Mit einem aktuellen Gesetzentwurf sollen ministerielle Weisungen an Staatsanwaltschaften künftig transparenter gemacht werden. Dieses Ziel begrüßt die BRAK in Stellungnahmen ihrer Ausschüsse Strafprozessrecht41 41 BRAK-Stn.-Nr. 32/2024; dazu Nachr. aus Berlin 11/2024 v. 29.5.2024. und Strafrecht (Strauda)42 42 BRAK-Stn.-Nr. 39/2024; dazu Nachr. aus Berlin 13/2024 v. 26.6.2024. ausdrücklich. Sie kritisiert jedoch u.a., dass erteilte Weisungen nicht zur Verfahrensakte genommen werden müssen, was ihre gerichtliche Überprüfung erschwert. Weitere strafprozessuale Themen Im Rahmen eines Interviews43 43 Suliak, Legal Tribune Online v. 11.6.2024; dazu Nachr. aus Berlin 13/2024 v. 26.6. 2024 sowie jüngst BRAK-Stn.-Nr. 60/2024. hat die BRAK sich zu den Plänen Bayerns geäußert, die sog. Laienverteidigungzu beschränken, um einen Missbrauch des Instruments durch Extremisten und Reichsbürger zu verhindern. Sie warnt davor, einer gesellschaftlich unerwünschten Entwicklung durch Beschränkung von Beschuldigtenrechten begegnen zu wollen; die gegenwärtigen Regelungen genügen aus ihrer Sicht. Über den vom Bundesrat beschlossenen Gesetzentwurf muss nunmehr der Bundestag entscheiden. Die BRAK wird das weitere parlamentarische Verfahren kritisch begleiten. Ablehnend geäußert hat die BRAK sich ferner zu dem geplanten Vermögensverschleierungsbekämpfungsgesetz. Damit soll die Verschleierung von Vermögenswerten etwa im Zusammenhang mit Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung und Steuerhinterziehung wirksamer bekämpft werden. Doch die geplante Regelung zur Einziehung solcher Vermögenswerte ist aus Sicht der BRAK verfassungswidrig.44 44 Vgl. BRAK-Stn.-Nr. 40/2024; dazu Nachr. aus Berlin 13/2024 v. 26.6.2024. Den umstrittenen Vorschlag der EU-Kommission zur Chatkontrolle, um besser gegen kinderpornographiAUS DER ARBEIT DER BRAK AUS DER ARBEIT DER BRAK BRAK-MITTEILUNGEN 4/2024 217
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