hat er sich in seinem ersten Schritt der Frage nach den in dieser Rechtssache beeinträchtigten Freiheiten gewidmet, mit dem Ergebnis, dass das zur Rede stehende Regelungsgefüge zum Fremdbesitzverbot eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit darstelle – die Beeinträchtigung des freien Kapitalverkehrs sei lediglich ein nachrangiger Nebeneffekt. Damit seien die nationalen Regelungen letzten Endes am Maßstab der Richtlinie über Dienstleistungen im Binnenmarkt 2006/ 123/EG zu messen. Eine am Maßstab des Art. 15 der RL 206/123/E, durchgeführte Rechtfertigungsprüfung des Generalanwalts ergab, dass die Gründe, auf denen die Bestimmungen zum Fremdbesitzverbot der BRAO fußen, als zwingende Gründe des Allgemeininteresses angesehen werden können – mit Blick auf die ständige Rechtsprechung des EuGH seiner Ansicht nach auch anerkanntermaßen. Hierzu führte der Generalanwalt entgegen der Auffassung der Kommission an, dass die Apotheker-Entscheidung des EuGH in den verbundenen Rechtssachen C71/07 und C-172/07 gleichermaßen auf die Anwaltschaft anwendbar ist. Auch der Rechtsanwalt verfolge zwar das Ziel Gewinne zu erwirtschaften, jedoch sei dieses durch seine Ausbildung, seine berufliche Erfahrung und die ihm obliegende Verantwortung gezügelt, da ein etwaiger Verstoß nicht nur eine Investition, sondern seine berufliche Existenz tangiere. Der Generalanwalt ruft zudem in Erinnerung, dass der Anwaltschaft in einer demokratischen Gesellschaft eine grundlegende Aufgabe zukommt: die Verteidigung der Rechtsunterworfenen. Dies setzt die unabhängige Rechtsberatung und die damit zusammenhängende Loyalität des Rechtsanwalts seinem Mandanten gegenüber zwingend voraus. Bereits vor diesem Hintergrund ist das Fremdbesitzverbot nach Ansicht des Generalanwalts sinnvoll. Daraus folge auch, dass es für die Ausübung des Rechtsanwaltsberufs unerlässlich sei, Interessenkonflikte zu vermeiden und die Anwaltschaft in ihrer Unabhängigkeit auch gegenüber anderen Wirtschaftsteilnehmern und Dritten sicherzustellen – hier darf auch nach Ansicht des Generalanwalts keine Einflussnahme bestehen. Die Beschränkung der Beteiligung an einer Rechtsanwaltsgesellschaft auf den Kreis der Rechtsanwälte ist nach Auffassung des Generalanwalts zwar grundsätzlich geeignet zum einen die berufliche Unabhängigkeit der Anwaltschaft und zum anderen den Schutz der Rechtsuchenden zu gewährleisten – sie erfolge im Regelungsgefüge der BRAO (a.F.) jedoch nicht kohärent. Dementsprechend empfiehlt der Generalanwalt dem Gerichtshof solche Regelungen für unionsrechtswidrig zu erklären, die einerseits bestimmten Gruppen erlauben, sich an einer Rechtsanwaltsgesellschaft zu beteiligen, andererseits Angehörige anderer Berufsgruppen, die objektiv dieselben Kriterien erfüllen könnten, hiervon ausschließen. Damit adressiert der Generalanwalt hier die alte Rechtslage nach § 59a BRAO (a.F.), die er in dem Punkt zugleich „berichtigt“ sehe vor dem Hintergrund des neuen § 59c BRAO. Mit Blick auf seine zweite Empfehlung soll auch das Tätigkeitsgebot, nach welchem Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte in der Rechtsanwaltsgesellschaft aktiv beruflich tätig sein müssen, um sich an einer Rechtsanwaltsgesellschaft zu beteiligen, ohne nähere Konkretisierung nicht mit Europarecht vereinbar sein. Der Generalanwalt rügt, dass zum einen weder ein Mindestmaß an tatsächlicher Betätigung vorgeschrieben ist, noch die Vorgabe in der Praxis kontrollierbar sei. Auch die nach alter Rechtslage geltende Regelung, nach der den Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten die doppelte Mehrheit im Hinblick auf die Geschäftsanteile und die Stimmrechte vorbehalten ist, leide an Inkohärenz, da sie alleine und ohne weitere Vorsichtsmaßnahmen nicht genüge, um potenziellen Druck auf die Anwaltschaft durch Investoren zu vermeiden. Das Risiko eines bestimmenden Einflusses wächst nach Ansicht des Generalanwalts, wenn das Kapital unter den anwaltlichen Gesellschaftern weit gestreut sei. DIE BRAK INTERNATIONAL RECHTSANWÄLTINNEN DR. VERONIKA DENNINGER, LL.M., UND SWETLANA SCHAWORONKOWA, LL.M., UND RECHTSANWALT RIAD KHALIL HASSANAIN, BRAK, BERLIN Der nachfolgende Beitrag gibt einen Überblick über die Tätigkeit der BRAK im internationalen Bereich im Mai und Juni 2024. VERANSTALTUNGEN ZU BTM-TATEN UND ZUR STÄRKUNG DER ANWALTSCHAFT IN BAHRAIN Die American Bar Association (ABA)/Rule of Law Institute (ROLI) veranstaltete gemeinsam mit dem Legal Studies Institute (LSI) einen dreitägigen Workshop vom 5. bis 7.5.2024 zum Thema Alternative Strafen für Betäubungsmittel-Taten in Manama, Bahrain. Daran nahm für die BRAK Riad Khalil Hassanain als deutscher Experte neben der Australierin Helen Child sowie dem US-amerikanischen Richter Marcus O. DeLarge teil. Ferner traf sich Khalil Hassanain am 6.5.2024 mit der Bahrain Law Society (BLS) und deren Präsidenten Salah AUS DER ARBEIT DER BRAK AUS DER ARBEIT DER BRAK BRAK-MITTEILUNGEN 4/2024 221
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