HINWEISE DER REDAKTION: Die Zulässigkeit von mandats- und damit erfolgsunabhängigen Dienstleistungen ist in der Rechtsprechung anerkannt. Beispielsweise verstößt die Beteiligung an einer Anwalts-Hotline nicht gegen § 49b III BRAO, weil die fragliche Vergütung unabhängig davon geschuldet ist, ob und wie viele Ratsuchende in der fraglichen Zeit anrufen. Die erfolgsunabhängige Vergütung ist daher mit der Raummiete, mit den Kosten der Telefonanlage oder mit den Kosten für einen Anwaltssuchdienst im Internet vergleichbar. Auch eine Versteigerung von Beratungsleistungen in einem Internetauktionshaus verstößt nicht gegen das Provisionsverbot. Bei Internetauktionen erhält das Auktionshaus zwar neben einer Angebotsgebühr auch eine vom Höchstgebot abhängige Provision, so dass die zu zahlende Provision der Höhe nach vom konkreten Auftrag abhängig ist. Die Provision wird jedoch nicht für die Vermittlung eines Auftrags geschuldet; denn das Internetauktionshaus stellt lediglich das Medium für die Werbung der Anbieter zur Verfügung. Seine Leistung durch das Überlassen einer Angebotsplattform ist vergleichbar mit den Leistungen der herkömmlichen Werbemedien. VERSTOSS GEGEN DIE PFLICHT ZUR WEITERLEITUNG VON FREMDGELD BRAO § 43a VII; BORA §§ 4 II 1, 23; StGB § 17 S. 1 * 1. Der Anwendungsbereich des § 43a VII 2 BRAO ist auch bei Fremdgeldern der Rechtsschutzversicherung eröffnet. * 2. Dem Rechtsanwalt „anvertraut“ ist ein Vermögenswert, soweit er ihn im Rahmen seiner anwaltlichen Tätigkeit erlangt hat. Einbezogen werden auch Vermögenswerte, die Dritte dem Rechtsanwalt übermittelt haben. Von Dritten stammende Vermögenswerte sind dem Rechtsanwalt vom Mandanten anvertraut, weil der Mandant ihn ermächtigt hat, diese entgegenzunehmen. * 3. Da die Frage, ob ein Rechtsanwalt vom Gericht und vom Prozessgegner erhaltende Kostenerstattungen behalten und mit eigenen Honorarforderungen gegen den eigenen Mandanten verrechnen darf, zum Zeitpunkt der Aufrechnungen noch umstritten gewesen ist und noch keine höchstrichterliche Entscheidung vorgelegen hat, befand sich der Rechtsanwalt in diesem Fall in einem unvermeidbaren Verbotsirrtum. Hamburgischer AGH, Urt. v. 8.11.2023 – AGH I EVY 4/2023 (I-43) AUS DEN GRÜNDEN: Dem Rechtsanwalt ist in der Anschuldigungsschrift der Generalstaatsanwaltschaft H. v. 18.2.2021 vorgeworfen worden, seit 2012 in zwei Fällen gegen seine Berufspflicht zur gewissenhaften Berufsausübung nach § 43a V 2 BRAO a.F., § 4 II 1 BORA (Nichtweiterleiten von Fremdgeldern) und § 23 BORA (Abrechnungsverhalten) verstoßen zu haben. (a.) Für seinen Mandanten ... erlangte der Rechtsanwalt im Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall v. 28.7. 2016 eine Deckungszusage der E. Versicherung AG und stellte am 25.8.2016 eine Vorschussrechnung über 1.266,16 Euro. Abzüglich der Selbstbeteiligung zahlte die D. GmbH als Schadensabwicklerin der E. Versicherung AG einen Betrag von 1.166,16 Euro an den Rechtsanwalt. Am 10.11.2016 zahlte die Versicherung des Unfallgegners Rechtsanwaltsgebühren von 808,13 Euro an den Rechtsanwalt. Gleichwohl zahlte der Rechtsanwalt den Betrag nicht an die Versicherung und rechnete dieser gegenüber nicht ordnungsgemäß ab, so dass diese gegen den Rechtsanwalt Klage erheben musste und ein Versäumnisurteil datierend auf den 16.7.2019 erstritt. (b.) Im Zeitraum 2011 bis 2012 führte der Rechtsanwalt einen Rechtstreit für Frau ... bei dem LG Mönchengladbach zum Az. 6 O 318/11, in dessen Zusammenhang die Rechtschutzversicherung D. AG als Rechtsnachfolgerin der A. Rechtschutzversicherung Leistungen i.H.v. 5.227,73 Euro erbrachte. Am 1.3.2012 teilte der Rechtsanwalt dieser zwar mit, dass der Rechtsstreit durch einen Vergleich beendet worden war, zahlte aber die erhaltene Gerichtskostenerstattung von 484 Euro nicht an diese aus und rechnete dieser gegenüber nicht ordnungsgemäß ab. Rückfragen der Versicherung v. 7.3.2014, 7.5.2014, 11.12.2014 und 5.1.2015 und 4.12.2018 blieben unbeantwortet. Der daraufhin von der Rechtsschutzversicherung angestrengte Rechtsstreit auf Auskehrung der 484 Euro endete am 28.8. 2019 durch Vergleich, demzufolge der Rechtsanwalt 330 Euro zurückzuerstatten hatte. Mit Beschluss v. 17.12.2021 wurde die Anschuldigungsschrift zur Hauptverhandlung zugelassen und das Hauptverfahren vor dem Hamburgischen AnwG eröffnet. Die 3. Kammer des Hamburgischen AnwG hat den anwesenden Rechtsanwalt mit Urteil v. 17.11.2022 vom Vorwurf des Verstoßes gegen § 43a VII 2 BRAO n.F., §§ 4 II 1, 23 BORA in zwei Fällen aus Rechtsgründen freigesprochen. Es sei kein Verstoß gegen § 43a VII 2 BRAO n.F. i.V.m § 4 II 1 BORA und § 23 BORA festzustellen, da der Rechtsanwalt seinen Abrechnungspflichten ordnungsgemäß nachgekommen sei und die Einhaltung der Berufspflichten nicht gegenüber der Rechtsschutzversicherung seines Mandanten schulde (unter Hinw. auf BGH, Urt. v. 23.7.2019 – VU ZR 307/18 Rn. 14 ff.). Gegen das Urteil hat die Generalstaatsanwaltschaft H. mit Schriftsatz v. 22.11.2022 Berufung mit dem Ziel eingelegt, das freisprechende Urteil aufzuheben und den Rechtsanwalt entsprechend den Anklagevorwürfen gem. § 43a V 2 BRAO a.F. i.V.m. § 4 II 1 BORA zu verurteilen, da Fremdgelder an die berechtigte Versicherung auszuzahlen seien. Der Anklagevorwurf zu § 23 BORA BERUFSRECHTE UND PFLICHTEN BRAK-MITTEILUNGEN 4/2024 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 230
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