BRAK-Mitteilungen 4/2024

fordert. Nach § 1 II Nr. 1 StBerG umfasst die Hilfeleistung in Steuersachen auch die Hilfeleistung in Steuerstrafsachen und in Bußgeldsachen wegen einer Steuerordnungswidrigkeit. Der Begriff der Hilfeleistung in Steuersachen ist nach dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung weit auszulegen (vgl. BFH, Beschl. v. 19.5.2005 – VII B 8/05 Rn. 6). An diesen Maßstäben gemessen ist der Ast. im Prüfzeitraum 2022 Verpflichteter i.S.d. § 2 I Nr. 10 lit. e GwG gewesen, soweit er geschäftsmäßig Hilfeleistung in Steuersachen erbracht hat. Jedenfalls soweit er bei der Begleitung von Betriebsprüfungen geschäftsmäßig im Anwendungsbereich des Steuerberatungsgesetzes in Steuersachen einschließlich Steuerstrafsachen und Bußgeldsachen wegen einer Steuerordnungswidrigkeit tätig geworden ist bzw. Hilfe geleistet hat i.S.d. §§ 1, 2 II StBerG, ist er Verpflichteter gem. § 2 I Nr. 10 lit. e GwG gewesen. Das Besteuerungsverfahren als Ganzes ist nicht mit der Abgabe der Steuererklärung abgeschlossen, sondern grundsätzlich erst mit der Steuerfestsetzung durch Steuerbescheid nach § 155 AO. Hilfeleistung in Steuersachen im Anwendungsbereich des Steuerberatungsgesetzes kommt aber selbst nach erfolgter Steuerfestsetzung in Betracht, etwa wenn die Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheids nach den §§ 172 ff. AO in Rede steht. Eine nach § 193 I AO insb. bei gewerblichen und anderen Betrieben zulässige Außenprüfung dient, worauf das Verwaltungsgericht zutreffend abgestellt hat, gem. § 194 I 1 AO der Ermittlung der steuerlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen. Sie ist grundsätzlich auf eine umfassende und zusammenhängende Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen angelegt. Vgl. BFH, Beschl. v. 15.6.2022 – X B 87/21 (AdV) Rn. 22, und Urt. v. 2.10.1991 – X R 89/89, BFHE 166, 105 Rn. 14 f. Sie ist damit Teil des Besteuerungsverfahrens. Dies folgt aus der systematischen Stellung der §§ 193 ff. AO im Vierten Abschnitt des mit Durchführung der Besteuerung überschrieben Vierten Teils der Abgabenordnung. Die Hilfeleistungen des Ast. während seiner Begleitungen von Betriebsprüfungen im Hinblick auf steuerstrafrechtliche Gesichtspunkte stellte sich als Hilfeleistung in Steuerstrafsachen oder im Bußgeldverfahren wegen einer Steuerordnungswidrigkeit dar, sofern, was der Ast. nicht in Abrede stellt, damit eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls verbunden war. Sie war gem. § 1 II Nr. 1 StBerG Hilfeleistung in Steuersachen, die nicht der Ausnahme nach § 6 StBerG vom Verbot der unbefugten Hilfeleistung in Steuersachen gem. § 5 StBerG unterfiel und zu der der als Fachanwalt für Steuer- und Strafrecht tätige Ast. als Rechtsanwalt wegen § 3 S. 1 Nr. 1 StBerG befugt war. Auf die Frage steuerrechtlich relevanter Einwirkungs- und Gestaltungsmöglichkeiten auf Seiten des Ast. kommt es innerhalb dieses Rahmens nicht an, sofern sich seine Begleitung von Betriebsprüfungen nicht auf seine bloße Anwesenheit beschränkte. ANMERKUNG: Gerichtliche Entscheidungen zu den in § 2 I Nr. 10 GwG genannten Kataloggeschäften haben bislang Seltenheitswert. Um den Kataloggeschäften mehr Kontur zu verleihen, sind Angehörige rechtsberatender Berufe, aber auch Aufsichtsbehörden bisweilen auf einschlägige Auslegungs- und Anwendungshinweise sowie Meinungen in der Literatur angewiesen. Wie die Praxis zeigt, bestehen insb. bei dem Kataloggeschäft der geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen gem. § 2 I Nr. 10 lit. e GwG häufig Auslegungsschwierigkeiten. Begrüßenswert war insofern, als das VG Gelsenkirchen bereits mit Beschluss v. 11.1.2021 – 18 L 1703/20 feststellte, dass Rechtsanwälte bei richtlinienkonformer Auslegung nur dann nach § 2 I Nr. 10 lit. e GwG verpflichtet seien, wenn ihre wesentliche Tätigkeit in der steuerrechtlichen Beratung liegt. Entsprechend stelle nur eine solche steuerrechtliche Beratung ein Kataloggeschäft dar, die einen maßgeblichen Beitrag im Rahmen eines fachrechtlich gemischten Mandats leiste. Werde hingegen nur zu einem untergeordneten Teilaspekt in einem Mandat steuerlich beraten, das ansonsten kein Kataloggeschäft ist, würde dieses nicht geldwäscherechtlich „infiziert“ werden. Erfreulicherweise wurde klargestellt, dass die anwaltliche Vertretung in einem finanzgerichtlichen Verfahren sowie die steuerstrafrechtliche Vertretung gegenüber Strafermittlungsbehörden oder Strafgerichten nicht erfasst sei. Jedoch erfordert die Verteidigung in Steuerstrafsachen mitunter eine gezielte steuerstrafrechtliche Begleitung steuerlicher Außen- oder Betriebsprüfungen, da diese häufig nicht nur den Ausgangspunkt strafrechtlicher Ermittlungen markieren, sondern der Ermittlung der steuerlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen dienen. Dazu gehören auch strafrechtliche Feststellungen (BFH, Urt. v. 19.8.1998 – XI R 37/97, BStBl. II 1999, 7). Die Befugnis zur Ermittlung einer Steuerstraftat ist insoweit nicht auf die Steuerfahndung beschränkt (BFH, Urt. v. 4.11.1987 – II R 102/85, BStBl. II 1988, 113). Vielmehr sind alle Angehörigen der Finanzverwaltung hierzu berechtigt, sodass auch Betriebsprüfer an der Aufklärung einer Steuerstraftat mitwirken dürfen. Eine effektive Verteidigung in Steuerstrafverfahren, ohne gleichgerichtete steuerstrafrechtliche Begleitung der Außen- oder Betriebsprüfung dürfte daher nur schwer vorstellbar sein. Angesichts dessen erscheint die Relevanz für die Praxis hoch, wenn das VG Gelsenkirchen mit Beschluss v. 17.7.2023 – 18 L 786/23 feststellte, dass eine Begleitung von Betriebs- oder Außenprüfungen mit den vorgenannten Ausnahmen nicht gleichzusetzen sei, da diese Teil des Steuerfestsetzungsverfahrens sei. Die anwaltliche Begleitung einer Betriebsprüfung durch das Finanzamt biete demnach auf Beratungsebene Einwirkungs- und Gestaltungsmöglichkeiten auf das noch laufende Besteuerungsverfahren, die Risiken im Sinne des GwG begründen würden, etwa durch Hilfe bei Erfüllung der Erklärungspflichten des Steuerpflichtigen oder Herbeiführung einer tatsächlichen Verständigung im Rahmen der Schlussbesprechung. GELDWÄSCHE BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 4/2024 241

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