BRAK-Mitteilungen 5-6/2024

[24] Darüber hinaus sieht § 31a BRAO auch geeignete Maßnahmen i.S.v. Art. 14 V Buchst. c DSGVO zum Schutz der berechtigten Interessen der betroffenen Rechtsanwälte vor. Insoweit setzt Art. 14 V Buchst. c DSGVO voraus, dass die Rechtsvorschrift hinsichtlich ihres Informationsgehalts für die betroffene Person eine Mitteilung durch den Verantwortlichen zumindest annähernd gleichwertig ersetzt. Anhand der Vorschrift muss die betroffene Person absehen können, mit welchen Datenerhebungen und Weiterverarbeitungen sie zu rechnen hat. Eine ausdrückliche Regelung i.S.v. Art. 14 V Buchst. c DSGVO besteht nur, wenn eine Rechtsvorschrift zumindest die Art der erhobenen Daten, die Voraussetzungen der Datenerhebung oder Offenlegung und den Verarbeitungszweck hinreichend spezifisch und normenklar vorgibt (Bäcker, in Kühling/ Buchner, a.a.O., Art. 14 DSGVO Rn. 65; Steinrötter, in Beck OK IT-Recht, a.a.O. Rn. 62). Diese Voraussetzungen sind im Falle von § 31a BRAO erfüllt. Die Art der erhobenen Daten wird in § 31a II BRAO hinreichend spezifisch und normenklar vorgegeben. Gleiches gilt für die Regelung der Voraussetzungen der Datenerhebung (im Gesamtverzeichnis eingetragenes Mitglied einer RAK bzw. dort eingetragene weitere Kanzlei eines Mitglieds einer RAK) und des Verarbeitungszwecks (Einrichtung eines beA) in § 31a I und VII BRAO. [25] e) Die Auffassung des AGH, es sei nicht rechtswidrig, dass die Bekl. die beA technisch so betreibe bzw. betreiben lasse, dass ihr eine Auskunftserteilung zu den Inhalten, z.B. durch die Setzung von Leserechten für den Postfachinhaber, im Verhinderungsfall für den Zugriff durch ihn unmöglich gewesen sei (S. 11 des angefochtenen Urteils), begründet ebenfalls keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils. Der AGH hat insofern ausgeführt, aus §§ 22 und 23 RAVPV folge, dass nur der Postfachinhaber anderen Personen den Zugang zu seinem Postfach gewähren könne (vgl. insb. § 23 II und III RAVPV). Hieraus folge im Umkehrschluss, dass niemand anderes – und damit auch nicht die Bekl. – Zugang zu einem Postfach haben und daher den Inhalt nicht kennen könne, um darüber Auskunft zu erteilen. Es erscheine auch vor dem Hintergrund des von Rechtsanwälten zu wahrenden Berufsgeheimnisses nicht denkbar, dass ein Dritter, und sei es auch eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, Zugriff auf den Inhalt eines Anwaltspostfachs haben solle. Abgesehen von der darin liegenden Verletzung der Verschwiegenheitspflicht zulasten des Anwalts würde eine derartige Möglichkeit auch einen gravierenden Verstoß gegen den Datenschutz darstellen, da die Bekl. und die lokalen RAKn kein berechtigtes Interesse an einem derartigen Zugriff hätten. Dies gelte uneingeschränkt, weshalb auch eine Auskunftserteilung über die Absender von Nachrichten in einem beA nicht in Betracht komme. [26] Diesen zutreffenden Ausführungen schließt sich der Senat an. Soweit der Kl. daraus den Schluss zieht, die Bekl. müsse ihr beA-System so programmieren, dass Nachrichten für den Postfachinhaber erst ab dem Zeitpunkt eingelegt werden könnten, ab dem er auch den Zugang hierzu habe, ist dies nicht Gegenstand der vorliegenden Feststellungsklage. Entgegen der Auffassung des Kl. muss die Bekl. das beA auch nicht dergestalt programmieren, dass der Postfachinhaber die Absender jener Nachrichten, zu denen er noch keinen Zugang hat, da er die Zertifizierung noch nicht hat durchlaufen können, zur Kenntnis nehmen und über seine Verhinderung unterrichten kann. Mit einer solchen Programmierung würde dem betroffenen Rechtsanwalt ein vorzeitiger (beschränkter) Zugang zu seinem beA gewährt. Die Bekl. ist insofern jedoch an § 22 I RAVPV gebunden. Danach setzt der erstmalige Zugang („Erstanmeldung“) des Postfachinhabers zu seinem beA voraus, dass er über ein Zertifikat verfügt. Vor der Zertifizierung kann ihm kein Zugang, mithin auch kein beschränkter Zugang zu seinem beA gewährt werden. [27] Soweit der Kl. meint, es greife unverhältnismäßig in die Berufsfreiheit von Rechtsanwälten ein, sie zur Teilnahme an einem elektronischen Kommunikationssystem zu zwingen, in welchem ihnen Nachrichten „zugespielt“ werden können, die mit Einlegung in ihr beA als zugegangen gälten, die sie jedoch nicht bzw. erst mit einer erheblichen Verzögerung zur Kenntnis nehmen könnten, während derer Fristen bereits abgelaufen sein könnten, begründet dies jedenfalls nicht die Klageanträge. Auch wenn die Bekl. Rechtsanwälten, für deren weitere Kanzleien sie beA – empfangsbereit (vgl. § 31a I 1 BRAO, § 21 I 2 RAVPV) – eingerichtet hat, dies ausdrücklich mitteilte, würde hierdurch angesichts des sodann noch zu durchlaufenden Zertifizierungsverfahrens (vgl. § 22 I bis III RAVPV) nicht verhindert, dass in dem neuen empfangsbereiten beA Nachrichten eingehen können, von denen der betroffene Rechtsanwalt für einen begrenzten Zeitraum noch keine Kenntnis nehmen kann. Eine – ggf. beschränkte – Auskunft aus den neuen beA kommt vor Durchlaufen des Zertifizierungsverfahrens aus den vorgenannten Gründen nicht in Betracht. [28] f) Die Abweisung der Hilfsanträge des Kl. durch den AGH begründet ebenfalls keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils. [29] aa) Dies gilt zunächst im Hinblick auf den Antrag, die Bekl. zu verurteilen, es in zukünftigen Fällen zu unterlassen, für den Kl. weitere beA einzurichten, ohne ihn vor der Inbetriebnahme dieser Postfächer über die Einrichtung zu informieren. Eine gesetzliche Grundlage für eine solche Informationspflicht ist, wie der AGH zutreffend erkannt hat (S. 12 des angefochtenen Urteils), nicht ersichtlich. Sie ergibt sich, wie ausgeführt, insb. nicht aus Art. 14 DSGVO oder § 33 BDSG. Zudem muss dem Rechtsanwalt, der eine weitere Kanzlei errichtet, bekannt sein, dass die Bekl. gem. § 31a VII 1 BRAO verpflichtet ist, für die weitere Kanzlei ein empfangsbereites beA einzurichten. Er muss hiermit jederzeit nach Errichtung der weiteren Kanzlei rechnen. Im Übrigen würde auch eine vor Inbetriebnahme erfolgende Information über die Einrichtung eines solchen beA wegen des erforderlichen Zertifizierungsverfahrens gem. § 22 RAVPV nicht ohne weiteres gewährleisten, dass der beBRAK-MITTEILUNGEN 5–6/2024 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 334

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