SONSTIGES WIRKSAMKEIT VON BEDINGUNGEN DER RECHTSSCHUTZVERSICHERUNG ZUM SCHIEDSGUTACHTERVERFAHREN VVG §§ 128 S. 1, 129; BGB § 307 Zur Wirksamkeit von Bestimmungen in Rechtsschutzversicherungsbedingungen über das Schiedsgutachterverfahren nach einer Ablehnung des Rechtsschutzes durch den Versicherer wegen mangelnder Erfolgsaussichten oder wegen Mutwilligkeit der Wahrnehmung der rechtlichen Interessen (hier: § 3a II 1 und 2, IV 1 und 2 ARB 2019). BGH, Urt. v. 12.6.2024 – IV ZR 341/22 AUS DEM TATBESTAND: [1] Der Kl., ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben die Interessenwahrnehmung von Verbrauchern durch Beratung und Aufklärung zählt und der in die Liste der qualifizierten Einrichtungen gem. § 4 UKlaG beim Bundesamt für Justiz eingetragen ist, und der beklagte Versicherungsverein, ein Unternehmen, das u.a. Rechtsschutzversicherungen anbietet, streiten über die Wirksamkeit von Klauseln, die der Bekl. in § 3a seiner „Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Rechtsschutz-Versicherung (M. ARB 2019)“ (im Folgenden: ARB) verwendet. [2] Diese Klauseln lauten – soweit für das Revisionsverfahren von Interesse – auszugsweise wie folgt: „§ 3a Ablehnung des Rechtsschutzes wegen mangelnder Erfolgsaussichten oder wegen Mutwilligkeit – Schiedsgutachterverfahren ... (2) Mit der Mitteilung über die Rechtsschutzablehnung ist der Versicherungsnehmer darauf hinzuweisen, dass er, soweit er der Auffassung des Versicherers nicht zustimmt und seinen Anspruch auf Rechtsschutz aufrechterhält, innerhalb eines Monates die Einleitung eines Schiedsgutachterverfahrens vom Versicherer verlangen kann. Mit diesem Hinweis ist der Versicherungsnehmer aufzufordern, alle nach seiner Auffassung für die Durchführung des Schiedsgutachterverfahrens wesentlichen Mitteilungen und Unterlagen innerhalb der Monatsfrist dem Versicherer zuzusenden. ... (3) Verlangt der Versicherungsnehmer die Durchführung eines Schiedsgutachterverfahrens, hat der Versicherer dieses Verfahren innerhalb eines Monates einzuleiten und den Versicherungsnehmer hierüber zu unterrichten. Sind zur Wahrnehmung der rechtlichen Interessen des Versicherungsnehmers Fristen zu wahren und entstehen hierdurch Kosten, ist der Versicherer verpflichtet, diese Kosten in dem zur Fristwahrung notwendigen Umfang bis zum Abschluss des Schiedsgutachterverfahrens unabhängig von dessen Ausgang zu tragen. ... (4) Schiedsgutachter ist ein seit mindestens fünf Jahren zur Rechtsanwaltschaft zugelassener Rechtsanwalt, der von dem Präsidenten der für den Wohnsitz des Versicherungsnehmers zuständigen Rechtsanwaltskammer benannt wird. Dem Schiedsgutachter sind vom Versicherer alle ihm vorliegenden Mitteilungen und Unterlagen, die für die Durchführung des Schiedsgutachterverfahrens wesentlich sind, zur Verfügung zu stellen. Er entscheidet im schriftlichen Verfahren; seine Entscheidung ist für den Versicherer bindend. ...“ [3] Der Kl. hält Teile der zitierten Klauseln infolge einer Abweichung von der Regelung in § 128 S. 1 VVG gem. § 129 VVG und wegen Verstoßes gegen § 307 BGB für unwirksam. Mit seiner Klage begehrt er die Verurteilung des Bekl., es bei Vermeidung eines festzusetzenden Ordnungsgeldes, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft zu unterlassen, in Bezug auf Verträge über Rechtsschutzversicherungen die Bedingungen in § 3a II 1 und 2 sowie IV 1 und 2 ARB oder inhaltsgleiche Klauseln zu verwenden oder sich gegenüber Versicherungsnehmern auf diese zu berufen. Ferner verlangt der Kl., den Bekl. zur Zahlung außergerichtlicher Abmahnkosten i.H.v. 260 Euro nebst Rechtshängigkeitszinsen zu verurteilen. [4] Das LG hat der Klage teilweise stattgegeben und den Bekl. verurteilt, die Verwendung der Klauseln in § 3a II 2 und IV 1 und 2 ARB zu unterlassen, wenn in § 3a IV 1 ARB nicht auch die Möglichkeit für den Versicherungsnehmer vorgesehen werde, den ausgewählten Schiedsgutachter wegen der Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, und in § 3a IV 2 ARB nicht auch die Möglichkeit vorgesehen werde, dass der Versicherungsnehmer dem Schiedsgutachter, auch während des laufenden Schiedsgutachterverfahrens, gleichermaßen Mitteilungen und Unterlagen zur Verfügung stellen könne. Ferner hat es den Bekl. zur Zahlung von 260 Euro nebst Zinsen verurteilt. [5] Das OLG hat – nach Anhörung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht – auf die Berufungen beider Parteien das Urteil des LG – unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel – abgeändert und den Bekl. zur Unterlassung der Verwendung der Klausel in § 3a II 1 ARB sowie zur Zahlung der Abmahnpauschale i.H.v. 260 Euro nebst Zinsen verurteilt. Die weitergehende Klage hat es abgewiesen. Dagegen richten sich die Revisionen beider Parteien, die – soweit zu ihrem Nachteil entschieden worden ist – ihre jeweiligen Begehren weiterverfolgen. AUS DEN GRÜNDEN: [6] Die Revision des Bekl. hat Erfolg, diejenige des Kl. ist unbegründet. [7] I. Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung u.a. in r+s 2022, 678 veröffentlicht ist, hat die Klausel in § 3a II 1 ARB als intransparent und mithin nach § 307 I 2 BGB unwirksam erachtet. [8] Sie sei aufgrund mehrerer Deutungsmöglichkeiten so zu verstehen, dass nach Ablauf der Monatsfrist die BRAK-MITTEILUNGEN 5–6/2024 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 338
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