BRAK-Mitteilungen 5-6/2024

Schmitt, in Harbauer, Rechtsschutzversicherung, 9. Aufl., § 3a ARB 2010 Rn. 37 ff.; a.A. Lensing, inMünchener Anwaltshandbuch Versicherungsrecht, 5. Aufl., § 27 Rn. 506; offenlassend OLG Düsseldorf, VersR 2019, 291 Rn. 47), und – bejaht man dies – aus welchen Gründen eine Ablehnung erfolgen kann, bei wem das Ablehnungsgesuch in welcher Form und Frist anzubringen ist, wer über es entscheidet und ob und in welcher Form gegen die Entscheidung der Rechtsweg eröffnet ist (vgl. zum bedingungsgemäßen Sachverständigenverfahren auch Senatsurt. v. 1.4.1987 – IVa ZR 139/ 85, VersR 1987, 601 Rn. 14; v. 30.11.1977 – IV ZR 42/ 75, VersR 1978, 121 Rn. 23). [59] c) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht schließlich die Wirksamkeit der Klausel in § 3a IV 2 ARB bejaht. Die Klausel verstößt weder gegen § 307 I 1, II BGB noch weicht sie i.S.v. § 129 VVG von § 128 S. 1 VVGab. [60] aa) Die Klausel, die den Versicherer verpflichtet, dem Schiedsgutachter alle ihm vorliegenden Mitteilungen und Unterlagen zur Verfügung zu stellen, die für die Durchführung des Schiedsgutachterverfahrens wesentlich sind, schließt – wie bereits dargelegt – nicht die Möglichkeit des Versicherungsnehmers aus, sich selbst mit Mitteilungen und Unterlagen an den Schiedsgutachter zu wenden, die er für wesentlich hält. Wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, lässt sich dem Wortlaut von § 3a IV 2 ARB eine solche Einschränkung nicht entnehmen. Auch wenn die Klausel die Verpflichtung des Versicherers aus § 3a III 1 ARB konkretisiert, das Schiedsgutachterverfahren einzuleiten (vgl. OLG Düsseldorf, VersR 2019, 291 Rn. 48), findet der durchschnittliche Versicherungsnehmer, der den Wortlaut der Klausel zum Ausgangspunkt seiner Überlegungen nimmt, darin keinen Anhalt dafür, dass es im Rahmen der Entscheidung des Schiedsgutachters nur auf solche Mitteilungen und Unterlagen ankommen soll, die der Versicherer ihm zur Verfügung gestellt hat. Er wird § 3a IV 2 ARB lediglich entnehmen können, dass der Versicherer verpflichtet ist, dem Schiedsgutachter alle vorliegenden Mitteilungen und Unterlagen, die für die Durchführung des Schiedsgutachterverfahrens wesentlich sind, zur Verfügung zu stellen, während die Klausel ihm selbst hinsichtlich des weiteren Verfahrens keine weiteren Pflichten auferlegt. Hieraus wird der durchschnittliche Versicherungsnehmer allerdings nicht folgern, dass es ihm verwehrt sei, seinerseits mit dem Schiedsgutachter in Kontakt zu treten und ihm die aus seiner Sicht wesentlichen Mitteilungen und Unterlagen zu übermitteln. [61] bb) Die Klausel ist auch nicht deshalb unwirksam, weil sie den Versicherer nur zur Vorlage solcher Mitteilungen und Unterlagen an den Schiedsgutachter verpflichtet, die für die Durchführung des Schiedsgutachterverfahrens wesentlich sind, und dem Versicherer damit das Recht eröffnet, dem Schiedsgutachter die Übermittlung solcher Mitteilungen und Unterlagen vorzuenthalten, die er zwar vom Versicherungsnehmer erhalten hat, aber selbst nicht für wesentlich hält. Bereits dem Wortlaut der Klausel entnimmt der durchschnittliche Versicherungsnehmer, dass der Versicherer dem Schiedsgutachter alle ihm vorliegenden Mitteilungen und Unterlagen zur Verfügung zu stellen hat, die für die Durchführung des Verfahrens – objektiv – wesentlich sind. Die Klausel gibt dem Versicherungsnehmer demzufolge keine Anhaltspunkte dafür, dass der Versicherer berechtigt ist, im Wege einer „Vorauswahl“ nur das an den Gutachter weiterzuleiten, was er selbst – subjektiv – für wesentlich hält. [62] Dass dem Versicherer hinsichtlich der Frage, welche Mitteilungen und Unterlagen er dem Schiedsgutachter zur Verfügung zu stellen hat, kein Ermessen eingeräumt ist, wird der durchschnittliche Versicherungsnehmer im Zusammenspiel der Klausel mit der ihm selbst in § 3a II 2 ARB auferlegten Pflicht, die nach seiner Auffassung für die Durchführung des Schiedsgutachterverfahrens wesentlichen Mitteilungen und Unterlagen dem Versicherer zu übermitteln, bestätigt sehen. Der unterschiedlichen Formulierung der ihm und dem Versicherer auferlegten Pflichten entnimmt er, dass ihm mit der Beschränkung der Vorlagepflicht auf solche Mitteilungen und Unterlagen, die er – subjektiv – für wesentlich hält, das Risiko einer Fehleinschätzung in der rechtlichen Bewertung abgenommen werden soll, während der Versicherer seinerseits sich nicht durch den Hinweis auf einen Irrtum hinsichtlich der Bewertung der Wesentlichkeit soll entlasten können. Demzufolge kann eine Verletzung dieser Pflicht den Versicherer zum Schadensersatz verpflichten (vgl. Piontek, in Prölss/Martin, VVG, 31. Aufl., § 3a ARB 2010 Rn. 29). Dass es dem Versicherer hiernach freisteht, vom Versicherungsnehmer – subjektiv – für wesentlich gehaltene Mitteilungen und Unterlagen, denen diese Bedeutung – objektiv – nicht zukommt, dem Schiedsgutachter nicht zur Verfügung zu stellen, begründet weder Anhaltspunkte für eine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers nach § 307 I 1, II Nr. 1 BGB noch für einen Verstoß gegen § 128 S. 1 VVG. ANMERKUNG: Fasst man die umfangreiche Begründung des Urteils zusammen, hat der BGH entgegen der unter Rn. 17 aufgeführten überwiegenden Literaturmeinung geurteilt, dass § 128 VVG einer in § 3a ARB 2010 GDV aufgeführten Ausschlussfrist von einem Monat für die Durchführung des Schiedsgutachtens nicht entgegenstehe. In § 128 VVG finde sich zwar keine Ausschlussfrist, aus Sicht des „verständigen Versicherungsnehmers“ läge aber weder ein Verstoß gegen das Transparenzgebot noch eine unangemessene Benachteiligung vor, weil beide Parteien ein legitimes Interesse an der baldigen Klärung des Versicherungsschutzes hätten. Richtig ist, dass der Gesetzgeber die Ausgestaltung des Gutachterverfahrens damit, abgesehen von dem Erfordernis der Unparteilichkeit und der – in der Praxis wichtigen – Hinweispflicht auf das Verfahren gem. § 128 S. 2 VVG, vollständig der Versicherseite überlassen hat. Ob dies aber tatsächlich ausreicht, BRAK-MITTEILUNGEN 5–6/2024 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 346

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