BEWERTUNG EINES RECHTSANWALTS ALS „NICHT BESONDERS FÄHIG“ BGB §§ 823 I, 1004 I 2 * 1. Die Aussage, eine Rechtsanwaltskanzlei könne nicht weiterempfohlen werden und dies liege allein an dem nicht besonders fähigen Rechtsanwalt X, stellt eine zulässige Meinungsäußerung dar. * 2. Dieser Bewertung lässt sich konkludent die Tatsachenbehauptung entnehmen, der Bewertete sei vom Bewertenden mandatiert worden. OLG Bamberg, Hinweisbeschl. v. 14.6.2024 – 6 U 17/24 e Volltext unter www.brak-mitteilungen.de HINWEISE DER REDAKTION: Vergleiche in diesem Zusammenhang aber auch das Urteil des OLG Oldenburg v. 4.6.2024 (in diesem Heft – mit Anm. Modi). Nutzt eine Person zur Bewertung einer Anwaltskanzlei das Google-BewertungsPortal, ohne eine anwaltliche Leistung in Anspruch genommen zu haben, ist eine negative Google-Bewertung nach Auffassung des OLG Oldenburg nur dann zulässig, wenn gleichzeitig deutlich gemacht wird, dass diese Person kein Mandant der bewertenden Kanzlei ist. UNZULÄSSIGE KRITIK GEGENÜBER EINER KANZLEI BGB §§ 823, 1004 I 2; GG Art. 5, 12 Nutzt eine Person zur Bewertung einer Anwaltskanzlei das Google-Bewertungs-Portal, ohne eine anwaltliche Leistung in Anspruch genommen zu haben, ist eine negative Google-Bewertung nur dann zulässig, wenn gleichzeitig deutlich gemacht wird, dass diese Person kein Mandant der bewerteten Kanzlei ist. OLG Oldenburg, Urt. v. 4.6.2024 – 13 U 110/23 AUS DEN GRÜNDEN: I. Von der Darstellung des Tatbestands wird gem. §§ 540 II, 313a I 1 ZPO abgesehen, weil ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung nicht zulässig ist (§§ 543, 544 II Nr. 1 ZPO). II. Die zulässige Berufung ist teilweise begründet. Die Klage ist nur hinsichtlich des Hilfsantrags begründet, während sie hinsichtlich des Hauptantrags unbegründet ist. Die Kl. kann von dem Bekl. die Unterlassung der streitgegenständlichen Google-Bewertung nicht uneingeschränkt verlangen. Vielmehr steht ihr ein Anspruch auf Unterlassung der streitgegenständlichen Google-Bewertung gem. § 1004 I 2 BGB analog § 823 I BGB i.V.m. Art. 12 I, 19 III GG nur insoweit zu, als zwischen den Parteien kein Mandantschaftsverhältnis besteht und der Bekl. auf diesen Umstand in der Bewertung nicht hinweist. 1. Das LG ist zu Recht davon ausgegangen, dass die streitgegenständliche Google-Bewertung einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Kl. darstellt. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen in dem erstinstanzlichen Urteil Bezug genommen (LGU 4 unter I 1). 2. Der Eingriff ist rechtswidrig, solange zwischen den Parteien kein Mandantschaftsverhältnis besteht und der Bekl. auf diesen Umstand in der Bewertung nicht hinweist. Das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb stellt einen offenen Tatbestand dar, dessen Inhalt und Grenzen sich erst aus einer Abwägung mit den im Einzelfall konkret kollidierenden Interessen anderer ergeben. Bei der Abwägung sind die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen. Der Eingriff in den Schutzbereich des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs ist nur dann rechtswidrig, wenn das Interesse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (BGH, Urt. v. 14.1.2020 – VI ZR 495/18, VersR 2020, 485 Rn. 43 m.w.N.). Vorliegend ist das durch Art. 12 I GG i.V.m. Art. 19 III GG gewährleistete Recht der Kl. am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb mit der in Art. 5 I GG und Art. 10 EMRK verankerten Meinungsäußerungsfreiheit des Bekl. abzuwägen. a) Art. 5 I 1 GG gibt das Recht, die eigene Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten. Das Grundrecht greift unabhängig davon ein, ob die Äußerung zugleich einen tatsächlichen Kern aufweist, denn der Schutzbereich von Art. 5 I 1 GG erstreckt sich auch auf Äußerungen, in denen sich Tatsachen und Meinungen vermengen und die insgesamt durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt werden (BVerfG, Beschl. v. 4.8.2016 – 1 BvR 2619/13 Rn. 13). Nach diesen Maßstäben ist die Google-Bewertung des Meinungsäußerung Bekl. als Meinungsäußerung einzuordnen. Dabei ist das LG zu Recht davon ausgegangen, dass es sich um eine Meinungsäußerung handelt, die zugleich auch eine tatsächliche Behauptung enthält (LGU 4 ff. unter I 2 a). Bewertungen unternehmerischer Leistungen auf Google-Profilen werden vom angesprochenen Verkehr nicht als reine Meinungsäußerung verstanden, sondern als Bewertung einer tatsächlich in Anspruch genommenen Dienstleistung (vgl. BGH, Urt. v. 1.3.2016 – VI ZR 34/15, BGHZ 209, 139 Rn. 34). Davon ausgehend ist für die Bewertung von anwaltlichen Dienstleistungen erforderlich, dass der Bewertende mit dem für die Bewertung der Kanzlei relevanten Leistungsangebot in Kontakt gekommen ist. Das setzt allerdings nicht zwingend voraus, dass der Bewertende Mandant der bewerteten Rechtsanwaltskanzlei BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 5–6/2024 349
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