BRAK-Mitteilungen 5-6/2024

gewesen ist. Vielmehr genügt schon jeder leistungsbezogene bzw. mandatsbezogene geschäftliche Kontakt, etwa bei der Vereinbarung eines ersten Beratungstermins oder bei einer schriftlichen Anfrage an die Kanzlei. Ein Kontakt des Bewertenden als Gegner eines Mandanten des bewerteten Rechtsanwalts ist jedoch kein hinreichender geschäftlicher Kontakt (OLG Stuttgart, Urt. v. 31.8.2022 – 4 U 17/22 Rn. 34; LG München I, Urt. v. 20.11.2019 – 11 O 7732/19 Rn. 38, 40, 46). b) Meinungsäußerungen genießen grundsätzlich einen weiten Schutz. Bei wertenden Äußerungen treten die Belange des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gegenüber der Meinungsfreiheit regelmäßig zurück, es sei denn, die in Frage stehende Äußerung stellt sich als Schmähkritik oder Formalbeleidigung dar. In anderen Fällen bedarf es einer abwägenden Prüfung im Einzelfall, ob die Vermutung für die Freiheit der Rede durch gegenläufige Belange des Persönlichkeitsschutzes überwunden wird. Die zugunsten des Bekl. streitende Meinungsäußerungsfreiheit findet jedoch dort ihre Grenze, wo es für eine bestimmte und einen anderen belastende Meinung schlechthin keine tatsächlichen Bezugspunkte gibt. Fehlen also tatsächliche Bezugspunkte, auf die sich eine Meinung stützt oder sind die tatsächlichen Bezugspunkte unwahr, muss die Meinungsfreiheit regelmäßig gegenüber dem kollidierenden Schutzgut zurücktreten (vgl. OLG Stuttgart, a.a.O. Rn. 38 m.w.N.). aa) Bei der streitgegenständlichen Google-Bewertung keine Schmähkritik handelt es sich nicht um Schmähkritik. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen in der erstinstanzlichen Entscheidung Bezug genommen (LGU 8 unter I b aa). bb) Somit ist das Recht der Kl. an ihrem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb mit dem Recht auf Meinungsäußerungsfreiheit der Bekl. abzuwägen. Dabei fiele die Abwägung zugunsten der Kl. aus, wenn der tatsächliche Bestandteil der Bewertung unzutreffend wäre. Insoweit bleibt zunächst einmal festzuhalten, dass der vorliegende Sachverhalt nicht mit denjenigen vergleichbar ist, die den zitierten Entscheidungen des OLG Stuttgart und des LG München I zugrunde lagen. Dort waren die Bewertenden jeweils Parteien eines Rechtsstreits, deren Gegenseite von den jeweils bewerteten Rechtsanwaltskanzleien vertreten wurden, so dass die Bewertenden keine Leistungen der Kanzleien in Anspruch genommen hatten und mit diesen nur in deren Eigenschaft als Prozessvertreter der Gegenseite in Kontakt gekommen waren (vgl. OLG Stuttgart, a.a.O. Rn. 5, 41; LG München I, a.a.O. Rn. 2). So liegt der Fall hier nicht. Der Bekl. und die von der Kl. vertretene Hof E. GbR führten gegeneinander keinen Rechtsstreit, sondern standen zueinander in Geschäftsbeziehungen. Der Bekl. hatte an die Hof E. GbR Futter verkauft (LGU 2). Die Hof E. GbR hatte die Kl. mit der Prüfung der Rechnungslegung des Bekl. und – unter Vorbehalt der rechtlichen Prüfung – mit dem Zahlungsausgleich beauftragt (S. 2 des Schriftsatzes v. 8.5.2023 der Kl., GA I 44). Eine Begleichung der Rechnung unterblieb zunächst, weil die Kl. gegen die vom Bekl. ausgestellte Rechnung formelle Bedenken hatte (LGU 2). Auf Bitten der Hof E. GbR wandte sich der Bekl. deshalb an die Kl., um deren rechtliche Bedenken zu klären (S. 4 der Klageerwiderung v. 4.5.2023, GA I 39 mit Anl. B5 und B7 im Anlagenband). Daraufhin kam es am 1.3.2023 zwischen den Parteien zu einem Telefonat (LGU 2). Zusätzlich teilte die Kl. dem Bekl. mit Schreiben vom gleichen Tag mit, dass die bisher vorgelegte Rechnung auf Vollständigkeit und Richtigkeit zu überprüfen sei, insb. im Hinblick auf die Angaben nach § 14 IV i.V.m. § 14a V UStG (Anl. B6 im Anlagenband). Mittlerweile ist die Rechnung beglichen. Anders als in den vom OLG Stuttgart und vom LG Münzwar Kontakt mit Leistungsangebot chen I entschiedenen Fällen liegt der Google-Bewertung des Bekl. somit ein Kontakt mit dem Leistungsangebot der Kl. zugrunde. Vor diesem Hintergrund würde es dem hohen Stellenwert der Meinungsäußerungsfreiheit (vgl. BVerfG, Beschl. v. 16.6.2022 – 2 BvR 784/ 21 Rn. 30) nicht gerecht, dem Bekl. grundsätzlich zu untersagen, eine Bewertung des Kontakts mit der Kl. abzugeben. Der von der Kl. in der mündlichen Verhandlung vorgebrachte Einwand, sie sei hinsichtlich derartiger Bewertungen in ihren Verteidigungsmöglichkeiten beschränkt, weil sie ihren Mandanten gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichtet sei, greift nicht durch. Ihre anwaltliche Verschwiegenheitspflicht hat die Kl. bei Reaktionen auf Bewertungen von Mandanten in gleicher Weise zu beachten. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass die Eigenart aber kein Mandatsverhältnis des Rechtsanwaltsberufs darin besteht, die Interessen von Mandanten zu vertreten und dass sich Bewertungen von Rechtsanwälten in erster Linie an Personen richten, die auf der Suche nach einem Interessenvertreter sind (LG München I, a.a.O. Rn. 40 ff.). Vor diesem Hintergrund besitzt die Bewertung des Bekl. nicht dieselbe Aussagekraft wie die von Mandanten der Kl., weil für die Zielgruppe von Rechtsanwaltsbewertungen vornehmlich die Leistung des Rechtsanwalts für seinen Mandanten und sein Auftreten ihm gegenüber von Interesse ist. Die angemessene Berücksichtigung des Rechts der Kl. am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb im Rahmen der Abwägung gebietet es daher, dem Bekl. die Bewertung nur unter der Voraussetzung zu gestatten, dass er dabei ggf. offenlegt, in keinem Mandantschaftsverhältnis zur Kl. zu stehen. Die Ausführungen des Bekl. im Schriftsatz v. 3.6.2024 geben keinen Anlass zu einer anderen rechtlichen Bewertung. 3. Die für den Unterlassungsanspruch gem. § 1004 I 2 BGB analog erforderliche Wiederholungsgefahr wird BRAK-MITTEILUNGEN 5–6/2024 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 350

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