aufgrund der bereits erfolgten Rechtsverletzung vermutet (BGH, Urt. v. 14.3.2023 – VI ZR 338/21, NJW 2023, 2479 Rn. 49 m.w.N.). Anhaltspunkte für eine Entkräftung dieser Vermutung hat der Bekl. nicht dargelegt. III. Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 I, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Gründe für eine Zulassung der Revision bestehen nicht. Insbesondere liegt keine Divergenz zu der zitierten Entscheidung des OLG Stuttgart vor. Abgesehen davon, dass dieser Entscheidung – wie ausgeführt – ein anderer Sachverhalt zugrunde lag, geht der Senat von denselben Rechtssätzen wie das OLG Stuttgart aus. ANMERKUNG: Mit der vorliegenden Entscheidung scheint die Rechtsprechung im Spannungsfeld des Persönlichkeitsrechts der Bewerteten, der Kommunikations-/Meinungsfreiheit der Bewertenden und Portalbetreiber sowie dem Informationsinteresse der Nutzer um eine für die Anwaltschaft maßgebliche Facette reicher. Verfehlt ist es allerdings, aus der Entscheidung verkürzt die Kernaussage abzuleiten, dass negative Bewertungen von Anwälten oder Kanzleien per se zulässig sind, solange mit der Bewertung deutlich gemacht wird, dass die bewertende Person kein Mandant ist.1 1 Vgl. Dahns, NJW-Spezial 2024, 542. Im Ausgangspunkt geht das OLG Oldenburg insoweit mit der herrschenden Rechtsprechung davon aus, dass nur derjenige bewerten darf, der tatsächlich bewerten kann. So stellt eine Sterne-Bewertung zwar ein Werturteil dar. Sie beinhaltet aber tatsächliche Elemente, da mit der Wertung zugleich behauptet wird, man sei mit dem Leistungsangebot des Bewerteten in einem relevanten Umfang in Kontakt gekommen. Unwahr ist die Behauptung dann, wenn ein Kontakt zum Bewerteten nicht bestand. Es fehlt sodann an der erforderlichen Tatsachengrundlage.2 2 BGH, GRUR 2016, 855 – www.jameda.de. In diesem Sinne hatten sowohl das OLG Stuttgart als auch das LG München I bereits konstatiert, dass für die Bewertung einer Kanzlei nicht unbedingt ein unmittelbares Mandatsverhältnis erforderlich sei, sondern jeder leistungsbezogene bzw. mandatsbezogene geschäftliche Kontakt zwischen den potenziellen (Vertrags-)Parteien – etwa bei der mündlichen Vereinbarung eines ersten Beratungstermins oder bei einer schriftlichen Anfrage an die Kanzlei – ausreichend sein könne.3 3 OLG Stuttgart, MMR 2023, 298; LG München, MMR 2020, 795 Ls. Hiernach sei die Bewertung durch einen Prozessgegner eines Mandanten der Kanzlei unzulässig, mithin irreführend und geschäftsschädigend. Dessen Bewertung beruhe auf einen sonstigen gelegentlichen Kontakt und besitze keine belastbare Aussagekraft für die vorzunehmende Bewertung der Leistung der Kanzlei. Hieraus ließe sich kein sachlicher Rückschluss auf die Qualität der anwaltlichen Leistungen entnehmen. Unter Anwendung dieser Grundsätze gelangt das OLG Oldenburg zu dem Ergebnis, dass in der vorliegenden Konstellation, in welcher der Bewertende die Kl. zur Überprüfung und Begleichung einer Rechnung kontaktierte, die er zuvor an eine von der Kl. vertretene GbR gestellt hatte, eine (negative) Bewertung hinzunehmen sei, jedoch nur unter der Bedingung, dass auf das Nichtbestehen des Mandatsverhältnisses hingewiesen werde. Unter Abwägung der widerstreitenden Interessen der Beteiligten sei im Streitfall am Maßstab des hohen Stellenwerts der Meinungsfreiheit dem Recht der Kl. am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb damit bereits hinreichend Rechnung getragen. Es wird also differenziert nach dem konkreten Kontakt zum Leistungsangebot der Kanzlei. Es bleibt aber dabei, dass die Bewertung auf ein Mindestmaß an tatsächlichen Bezugspunkten und Erfahrungswerten beruhen muss. Soweit also so gut. Überzeugen kann die Entscheidung des OLG Oldenburg dennoch nicht. So hat das Gericht nicht hinreichend gewichtet, dass die betroffene Kanzlei vorliegend als Interessenvertreterin ihres Mandanten, dem Rechnungsempfänger, agiert hat und der Bewertende als Rechnungssteller seine Rechnungsforderung naturgemäß unbeanstandet durchgesetzt haben wollte. Auch wenn die Parteien sich nicht in einem Rechtsstreit formell als Gegner gegenüberstanden, so ändert dies nichts daran, dass sie potenziell gegensätzliche Interessen verfolgen. Soweit die Kanzlei – wie im Streitfall geschehen – die Rechnung des Bewertenden beanstandet hat, wird sie womöglich den sichersten Weg für den eigenen Mandanten gegangen sein. Dies wird der Bewertende wiederum zumindest als Kritik verstanden und negativ empfunden haben. Die Wahrnehmung in der Qualität der tatsächlichen Leistung dürfte damit getrübt gewesen sein. Auch im Falle einer Bewertung wie der vorliegenden besteht also das nicht unerhebliche Risiko, dass die Bewertung nicht mehr ehrlich und unvoreingenommen ist, sondern vielmehr auf sachfremden Erwägungen beruht. Hieran vermag der Hinweis, nicht Mandant der bewerteten Kanzlei zu sein, nichts zu ändern. Mit einer solchen Kommentierung könnte zwar der unrichtige Tatsachenkern, tatsächlich als Mandant Leistungen der Kanzlei in Anspruch genommen zu haben, richtiggestellt werden, mehr aber auch nicht. Der maßgebliche Tatsachenkern – nämlich nicht eigentlicher (Forderungs-)Gegner des Bewerteten zu sein und unvoreingenommen/objektiv bewerten zu haben – bliebe hingegen bestehen. Ferner wäre selbst mit klarstellendem Hinweis die schlechte Bewertung für sich genommen präsent. Sie würde auch so in den Gesamtdurchschnitt der Bewertungen eingerechnet. Sie würde weiter ihre negative Wirkung entfalten, die nicht mit einem berechtigten Informationsinteresse zu rechtfertigen wäre. * Der Autor ist Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht. Er ist Mitglied des BRAKAusschusses Medienrecht. Rechtsanwalt Julian N. Modi, LL.M., Augsburg* SONSTIGES BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 5–6/2024 351
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