II 1 BRAO folgenden und unstreitig von § 5 II Nr. 3 HinSchG erfassten Verschwiegenheitspflicht der Berufsträger dar.29 29 Stn. der BNotK zum Referentenentwurf des HinSchG v. 11.5.2022, S. 4. Zusammenfassend bleibt daher festzuhalten, dass die Verpflichtung der Angestellten der Berufskammern zur Verschwiegenheit auch aus europäischer Warte gewollt und damit von der Bereichsausnahme in Art. 3 III lit. b und c WBRL mitumfasst ist.30 30 BeckOK HinSchG/Colneric/Gerdemann, HinSchG § 5 Rn. 76. Vor diesem Hintergrund ist die Einbeziehung der Mitarbeitenden der Berufskammern in die Bereichsausnahme des § 5 II Nr. 5 HinSchG sogar europarechtlich geboten. IV. ZUSAMMENFASSUNG 1. Durch die Aufgabe und Funktion der Berufskammern als Aufsichtsbehörde der Notare und Rechtsanwälte ergeben sich Situationen, in denen Angestellte der Notarund Rechtsanwaltskammern Informationen erlangen können, die dem Vertrauensverhältnis zwischen Mandant und Berufsträger entspringen. 2. Die vorstehende Untersuchung hat ergeben, dass auch die Angestellten in den Berufskammern der Notarinnen und Notare sowie Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte von der Bereichsausnahme des § 5 II HinSchG erfasst sind und daher grundsätzlich nicht unter dem Schutz des Hinweisgeberschutzgesetzes Informationen melden können. 3. Angestellte der Berufskammern sind zwar nicht von § 5 II Nr. 3 HinSchG, dafür aber von § 5 II Nr. 5 HinSchG erfasst. Hiergegen bestehen auch keine unionsrechtlichen Bedenken. 4. Gleichwohl ist dem Wunsch der Bundesnotarkammer zur Klarstellung dieses Auslegungsergebnisses im Hinblick auf Angestellte der anwaltlichen und notariellen Berufskammern beizupflichten.31 31 Stn. der BNotK zum Referentenentwurf des HinSchG v. 11.5.2022, S. 4. 5. Im Übrigen ist den Kammern zu empfehlen, in der nach § 69a I 5 BNotO bzw. § 76 I 5 BRAO erforderlichen Belehrung der Angestellten in Textform den Hinweis darauf aufzunehmen, dass sich auch durch das HinSchG keine andere Beurteilung ergibt und weiterhin eine Verschwiegenheitspflicht gilt. DIE ENTWICKLUNG DES ZIVILVERFAHRENSRECHTS RECHTSANWALT DR. MICHAEL L. ULTSCH* * Der Autor ist Rechtsanwalt in München, Mitglied des BRAK-Ausschusses ZPO/GVG und Mitglied der BRAK-Arbeitsgemeinschaft Elektronischer Rechtsverkehr. Der Aufsatz berichtet über aktuelle Probleme und Entwicklungen des nationalen und internationalen Zivilverfahrensrechts sowohl im Bereich der Rechtsprechung als auch der – aktuell sehr regen – Gesetzgebung. Er knüpft an die Berichterstattung des Autors in BRAKMitt. 2023, 224 an. I. RECHTSPRECHUNG 1. GERICHTE UND RICHTER a) AUSSCHLIESSLICHE ZUSTÄNDIGKEIT BEI KLAGE GEGEN GMBH-GESELLSCHAFTERBESCHLUSS Im Anschluss an das OLG München1 1 OLG München, Beschl. v. 14.9.2007 – 31 AR 211/07, NZG 2007, 947. hat das KG entschieden, dass die bei den Landgerichten eingerichteten Kammern für Handelssachen für Beschlussmängelklagen gegen Gesellschafterbeschlüsse einer GmbH nach § 246 III 2 AktG analog funktionell ausschließlich zuständig sind; solche Klageverfahren sind in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen an die Kammer für Handelssachen (formlos) abzugeben, ohne dass es des Antrags einer Partei bedarf.2 2 KG, Beschl. v. 26.9.2023 – 2 AR 39/23, BeckRS 2023, 27325 (Leitsätze). b) GERICHTSSTAND DER UNERLAUBTEN HANDLUNG BEI AMTSHAFTUNGSKLAGEN Nach dem LG Karlsruhe ist bei Amtshaftungsklagen im Hinblick auf den Gerichtsstand der unerlaubten Handlung zu differenzieren. Am Ort des Eintritts der Rechtsgutsverletzung oder eines Vermögensschadens ist eine unerlaubte Handlung nur dann „begangen“ i.S.d. § 32 ZPO, wenn die unerlaubte Handlung ohne den Eintritt eines solchen Erfolges nicht vollendet wäre.3 3 LG Karlsruhe, Beschl. v. 28.3.2024 – 10 O 208/23, NJOZ 2024, 575 (Leitsatz 1). Bei der Amtshaftung ist dies nur anzunehmen, wenn bereits die Amtspflichtverletzung den Eintritt einer Rechtsgutverletzung oder eines Vermögensschadens voraussetzt, nicht aber, wenn das fragliche Verhalten unabhängig von einem Erfolg amtspflichtwidrig ist.4 4 LG Karlsruhe, Beschl. v. 28.3.2024 – 10 O 208/23, NJOZ 2024, 575 (Leitsatz 2). Im Falle des Amtsmissbrauchs setzt die Amtspflichtverletzung als AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 5–6/2024 249
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