solche keinen Schadenseintritt voraus, so dass der besondere Gerichtsstand der unerlaubten Handlung nach §32ZPOamSchadensort nicht eröffnet ist.5 5 LG Karlsruhe, Beschl. v. 28.3.2024 – 10 O 208/23, NJOZ 2024, 575 (Leitsatz 3). c) GERICHTSSTANDSBESTIMMUNG NACH § 36 ZPO Nach dem BayObLG scheidet eine Gerichtsstandsbestimmung nach § 36 I Nr. 3 ZPO aus, wenn schon bei Mahnbescheidsantrag für den Antragsteller erkennbar ein gemeinsamer besonderer Gerichtsstand für sämtliche Antragsgegner bestand, der Antragsteller aber dennoch als Streitgerichte für den Fall des Widerspruchs die jeweiligen unterschiedlichen (Wohn-)Sitzgerichte der Antragsgegner angegeben hat.6 6 BayObLG, Beschl. v. 1.9.2023 – 102 AR 130/23, NJW-RR 2024, 119 (Leitsatz). Wählt der Kläger im Mahnbescheidsantrag ein örtlich zuständiges Gericht, ist die Wahl des Gerichtsstands nach dem BayObLG mit Zustellung des Mahnbescheids auch dann verbindlich, wenn der Kläger in der Anspruchsbegründung eine Klageerweiterung nach § 264 Nr. 2 ZPO vornimmt; die Bindungswirkung der Wahl der örtlichen Zuständigkeit erstreckt sich in diesem Fall auch auf die in der Anspruchsbegründung erweiterten Klageanträge.7 7 BayObLG, Beschl. v. 30.8.2023 – 102 AR 33/23, BeckRS 2023, 22583 Rn. 30. d) RICHTERABLEHNUNG BEI WILLKÜRLICHEM VERFAHREN Eine Ausnahme vom Grundsatz, nach dem eine Richterablehnung grundsätzlich nicht auf die Verfahrensweise oder die Rechtsauffassung eines Richters gestützt werden kann,8 8 OLG Brandenburg, Beschl. v. 14.3.2024 – 13 WF 32/24, BeckRS 2024, 6174 Rn. 15. ist nach dem OLG Brandenburg im Anschluss an den BGH9 9 BGH, Beschl. v. 12.10.2011 – V ZR 8/10, NJW-RR 2012, 61 Rn. 7. dann geboten, wenn die Gestaltung des Verfahrens oder die Entscheidungen des Richters sich so weit von den anerkannten rechtlichen – insb. verfassungsrechtlichen – Grundsätzen entfernen, dass sie aus der Sicht der Partei nicht mehr verständlich und offensichtlich unhaltbar erscheinen und dadurch den Eindruck einer willkürlichen oder doch jedenfalls sachfremden Einstellung des Richters erwecken.10 10 OLG Brandenburg, Beschl. v. 14.3.2024 – 13 WF 32/24, BeckRS 2024, 6174 Rn. 16. 2. VERFAHRENSFRAGEN a) RECHTSMITTEL GEGEN GEHEIMHALTUNGSVERPFLICHTUNG IM SELBSTSTÄNDIGEN BEWEISVERFAHREN Unter die Geschäftsgeheimnisstreitsachen i.S.d. § 16 I GeschGehG fallen nach dem BGH auch selbstständige Beweisverfahren.11 11 BGH, Beschl. v. 9.11.2023 – I ZB 32/23, GRUR 2024, 152 Rn. 28 ff. Soweit § 20 V 4 GeschGehG die Anfechtbarkeit von Anordnungen nach § 16 I GeschGehG und § 19 I GeschGehG beschränkt, gilt dies nicht für in einem selbstständigen Beweisverfahren ergangene Anordnungen.12 12 BGH, Beschl. v. 9.11.2023 – I ZB 32/23, GRUR 2024, 152 Rn. 28 ff. Insbesondere kann ein dem selbstständigen Beweisverfahren eventuell nachfolgendes Klageverfahren nicht als Hauptsache i.S.d. § 20 V 4 GeschGehG zu dem selbstständigen Beweisverfahren angesehen werden.13 13 BGH, Beschl. v. 9.11.2023 – I ZB 32/23, GRUR 2024, 152 Rn. 28 ff. b) GEBÜNDELTE GELTENDMACHUNG ABGETRETENER KARTELLSCHADENSERSATZFORDERUNGEN Eine Kommanditgesellschaft (hier: Verbund mittelständischer Brauereien) darf nach dem BGH Rechtsdienstleistungen für ihre Mitglieder (hier: Abtretungsvereinbarungen zur Geltendmachung kartellrechtlicher Schadensersatzforderungen) erbringen, sofern sie zur Wahrung gemeinsamer Interessen gegründet worden ist, ohne Gewinnerzielungsabsicht lediglich eine Kostenpauschale für die bei der Verfolgung der Schadensersatzansprüche entstehenden Allgemeinkosten erhebt und die Rechtsdienstleistung im Rahmen ihres satzungsmäßigen Aufgabenbereichs (hier: gemeinsamer Einkauf von Zucker) erfolgt.14 14 BGH, Urt. v. 26.9.2023 – KZR 73/21, NZKart 2024, 47 Rn. 17 ff. c) ANSPRUCH AUF RECHTLICHES GEHÖR Für den rechtzeitigen Eingang einer Berufungsbegründungsschrift ist allein entscheidend, dass diese vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist an das zur Entscheidung berufene Gericht gelangt.15 15 BGH, Beschl. v. 8.11.2023 – VIII ZB 59/23, NJW-RR 2024, 480 Rn. 9. Ein Gericht verstößt nach dem BGH gegen seine aus Art. 103 I GG folgende Pflicht, die Ausführungen eines Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, wenn es einen ordnungsgemäß bei Gericht eingegangenen Schriftsatz nicht berücksichtigt. Auf ein Verschulden des Gerichts kommt es dabei nicht an; das Gericht ist insgesamt für die Einhaltung des Gebots des rechtlichen Gehörs verantwortlich. Deshalb ändert es an der Verletzung von Art. 103 I GG nichts, wenn den erkennenden Richtern der Schriftsatz im Zeitpunkt der Entscheidung nicht vorlag. Hierbei macht es keinen Unterschied, ob der Schriftsatz den Richtern nach Eingang bei Gericht nur nicht vorgelegt wurde oder erst gar nicht zur Verfahrensakte gelangt ist.16 16 BGH, Beschl. v. 8.11.2023 – VIII ZB 59/23, NJW-RR 2024, 480 Rn. 7. Schlüssiger Parteivortrag ist nach dem BGH auch dann erheblich, wenn er widersprüchlich ist.17 17 BGH, Beschl. v. 23.11.2023 – V ZR 170/22, BeckRS 2023, 40073 Rn. 7. Widersprüchlichkeiten im Parteivortrag können allenfalls im Rahmen der Beweiswürdigung berücksichtigt werden. Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots wegen vermeintlicher Widersprüche stellt eine prozessual unzulässige vorweggenommene tatrichterliche Beweiswürdigung dar und verstößt damit gegen Art. 103 I GG. BRAK-MITTEILUNGEN 5–6/2024 AUFSÄTZE 250
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