BRAK-Mitteilungen 5-6/2024

preis umfasst, fällt nach dem EuGH82 82 EuGH, Urt. v. 16.11.2023 – C-497/22 (EM/Roompot Service BV), BeckRS 2023, 31841 Rn. 47. nicht unter die „Miete oder Pacht von unbeweglichen Sachen“ i.S.v. Art. 24 Nr. 1 Abs. 1 Brüssel Ia-VO.73 h) VERSAGUNG DER ANERKENNUNG WEGEN ÜBERGEHEN EINER GERICHTSSTANDSVEREINBARUNG Nach dem EuGH ist es dem Gericht eines Mitgliedstaats nach Art. 45 I Buchst. a und e Ziff. ii Brüssel IaVO73 nicht gestattet, die Anerkennung einer Entscheidung eines Gerichts eines anderen Mitgliedstaats mit der Begründung zu versagen, dass sich das letztere Gericht für zuständig erklärt hat, über eine Klage aus einem Vertrag über eine internationale Beförderung zu befinden, und dabei eine in diesem Vertrag enthaltene Gerichtsstandsvereinbarung i.S.v. Art. 25 Brüssel Ia-VO außer Acht gelassen hat.83 83 EuGH, Urt. v. 21.3.2024 – C-90/22 (Gjensidige ADB), BeckRS 2024, 4949 Rn. 76. II. GESETZGEBUNG 1. ART. 3 KREDITZWEITMARKTFÖRDERUNGSGESETZ (KREDITDIENSTLEISTUNGSINSTITUTE) Kreditdienstleistungsinstitute mit einer Erlaubnis nach § 10 I KrZwMG (Kreditzweitmarktgesetz) sind seit 30.12.2023 Inkassodienstleistern nach §§ 79 II 2 Nr. 4, 692 I Nr. 5 und 702 II 2 ZPO gleichgestellt. 2. VERBRAUCHERRECHTEDURCHSETZUNGSGESETZ Mit Wirkung zum 13.10.2023 hat nun auch Deutschland – mit monatelanger Verspätung84 84 Zum Hintergrund der VerzögerungUltsch, BRAK-Mitt. 2023, 224, 231. – die Richtlinie (EU) 2020/1828 über Verbandsklagen zum Schutz der Kollektivinteressen der Verbraucher ...85 85 ABl. L 409 v. 4.12.2020, 1. umgesetzt. Die Richtlinie hätte nach ihrem Art. 24 I schon bis zum 25.12.2022 in nationales Recht umgesetzt sein sollen, so dass die neuen Vorschriften ab dem 25.6.2023 hätten angewendet werden können (Art. 22 I und 24 I der Richtlinie). Das Verbandsklagenrichtlinienumsetzungsgesetz (VRUG) führt durch das Verbraucherrechtedurchsetzungsgesetz (VDuG) u.a. eine neue zivilrechtliche Klageart, die Abhilfeklage, ein. In das Verbraucherrechtedurchsetzungsgesetz sind nun auch die bereits existierenden Regelungen zur Musterfeststellungsklage in einer modifizierten Form integriert. 3. REFORM DES KAPITALANLEGERMUSTERVERFAHRENSGESETZES Am 20.7.2024 ist das Zweite Gesetz zur Reform des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes (KapMuG) in Kraft getreten.86 86 BGBl. 2024 I Nr. 240; kritisch (zum Regierungsentwurf): Schmidt, ZRP 2024, 104. Das KapMuG bleibt als besondere Verfahrensordnung mit seinem bisherigen Anwendungsbereich erhalten, wird aber entfristet und reformiert. 4. NEUE AUSSETZUNGSMÖGLICHKEIT NACH § 148 III ZPO Im Hinblick auf die Verwertungsmöglichkeit von Gutachten aus anderen Verfahren hat das Verbandsklagenrichtlinienumsetzungsgesetz mit § 148 III ZPO eine neue Aussetzungsmöglichkeit geschaffen. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht, wenn eine für die Entscheidung des Rechtsstreits erhebliche Beweisfrage bereits Gegenstand einer schriftlichen Begutachtung durch einen in einem anderen Verfahren ernannten Sachverständigen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Vorlage des nach § 411a ZPO verwertbaren Gutachtens ausgesetzt wird. 5. ANERKENNUNG UND VOLLSTRECKUNG AUSLÄNDISCHER URTEILE IN ZIVIL- ODER HANDELSSACHEN Am 1.9.2023 ist das Haager Übereinkommen v. 2.7. 2019 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile in Zivil- oder Handelssachen (HAVÜ)87 87 Krit. Schack, ZEuP 2023, 285; dagegen: Jacobs/Lutzi, ZEuP 2024, 15. in Kraft getreten. Es gilt derzeit nur gegenüber der Ukraine. Ab dem 1.10.2024 wird es auch im Verhältnis zu Uruguay gelten. Unter den EU-Mitgliedstaaten hat die Brüssel Ia-VO nach Art. 23 IV HAVÜ Vorrang. Nach dem HAVÜ sind Urteile eines Vertragsstaates, die dort wirksam und vollstreckbar sind (Art. 4 III HAVÜ), anzuerkennen und zu vollstrecken, wenn sie von einem Gericht erlassen wurden, dessen internationale Zuständigkeit auf einem in Art. 5 HAVÜ aufgelisteten Grund beruht. Die Gründe zur Versagung der Anerkennung und Vollstreckung sind in Art. 7 HAVÜ geregelt. Art. 11 HAVÜ sieht auch die Anerkennung und Vollstreckung von Prozessvergleichen vor.88 88 MüKoZPO/Gottwald, 6. Aufl. 2020, ZPO § 328 Rn. 35a. Die Durchführung des HAVÜ bestimmt sich nach dem AVAG (§ 1 I Nr. 2 lit. c AVAG). Die Ausstellung der Bescheinigungen nach Art. 12 I lit. d und III HAVÜ obliegt dem Gericht, das für die Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung zuständig ist, Art. 59 I HAVÜ. 6. ELEKTRONISCHER RECHTSVERKEHR BEIM BUNDESGERICHTSHOF UND BUNDESPATENTGERICHT Die Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesgerichtshof und Bundespatentgericht vom 24.8.2007 (BGH/BPatGERVV) wurde zum 1.4.2024 aufgehoben.89 89 VO zur Aufhebung der VO über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesgerichtshof und Bundespatentgericht. Seitdem gelten in den Verfahren nach dem Patent-, dem Gebrauchsmuster-, dem Marken-, dem Halbleiterschutz- und dem Designgesetz beim Bundespatentgericht und beim Bundesgerichtshof für die Einreichung elektronischer Dokumente die Vorgaben der ULTSCH, DIE ENTWICKLUNG DES ZIVILVERFAHRENSRECHTS BRAK-MITTEILUNGEN 5–6/2024 AUFSÄTZE 256

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