bleibt der Referentenentwurf zum 5. Gesetz zur Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes auf halber Strecke stehen. Im Internet sollen nur die Geschäftsverteilungspläne der Gerichte, nicht aber die spruchkörperinternen Geschäftsverteilungspläne (§ 21g GVG) veröffentlicht werden, Art. 1 Nr. 1 des Referentenentwurfs. Sollte es bei dieser Beschränkung der Veröffentlichungspflicht bleiben und sollten die spruchkörperinternen Geschäftsverteilungspläne nur „in ... [der] Geschäftsstelle ... zur Einsichtnahme aufzulegen“ sein (§ 21g VII GVG-E), wären die Parteien weiterhin gehalten, zum Gericht zu reisen, um dort den spruchkörperinternen Geschäftsverteilungsplan einzusehen. Das ist antiquiert und nicht mehr zeitgemäß. Zumindest sollten die Parteien elektronisch Einsicht nehmen können oder einen Anspruch auf (elektronische) Übersendung des spruchkörperinternen Geschäftsverteilungsplans haben.126 126 BRAK-Stn.-Nr. 73/2024. Seit 26.6.2024 liegt ein Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Schiedsverfahrensrechts127 127 Hierzu: Armbrüster, ZRP 2024, 66. vor. Dieser will formfreie Schiedsvereinbarungen im Wirtschaftsverkehr ermöglichen, die Veröffentlichung von Schiedssprüchen durch das Schiedsgericht fördern, die Digitalisierung des Verfahrensrechts absichern und die Vorlage des Schiedsspruchs sowie anderer Schriftstücke in englischer Sprache im Aufhebungs- oder Vollstreckbarerklärungsverfahren erlauben. Der Bundesrat lehnt aus Gründen der Rechtssicherheit formfreie Schiedsvereinbarungen ab.128 128 BR-Drs. 386/24(B), dagegen wiederum: Gegenäußerung der Bundesregierung zu der Stellungnahme des Bundesrates: BT-Drs. 20/13257. Trotz Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs (§ 130a ZPO) ist bislang nicht sichergestellt, dass Verfahren durchgängig rein elektronisch durchgeführt werden können. Das gilt etwa bei der Einreichung höchstpersönlicher Erklärungen aus dem beA des Bevollmächtigten129 129 Vgl. etwa Formulare im Verbraucherinsolvenzverfahren: AG Ludwigshafen, Beschl. v. 7.12.2023 – 3d IK 258/23, NZI 2024, 274 Rn. 2 einerseits und AG Hamburg, Beschl. v. 16.10.2023 – 68g IK 491/23, NZI 2024, 85 Rn. 4 andererseits; eidesstattliche Versicherungen: Mantz/Windau, ZPO-Blog v. 20.10.2021; Erklärungen über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse: LAG Sachsen, Beschl. v. 25.10.2018 – 4 Ta 52/18 (8), NZA-RR 2019, 278 (elektronische Einreichung ausreichend); (Prozess-)Vollmachten: KG, Beschl. v. 12.1.2024 – 1 Ws 122/ 23 BeckRS 2024, 3250 sowie LG Frankfurt a.M., Urt. v. 22.6.2023 – 2-03 O 204/ 23, GRUR-RS 2023, 17278 (zu § 80 S. 1 ZPO); hierzu Fuchs, NZI 2024, 275 sowie Beschluss der Justizminister-Herbstkonferenz 2023 zu TOP I.13. sowie bei der Zwangsvollstreckung, bei der der Vollstreckungstitel grundsätzlich (Ausnahmen: §§ 754a, 829a ZPO) im Original einzureichen ist. Mit einem Gesetz zur weiteren Digitalisierung der Zwangsvollstreckung130 130 Regierungsentwurf v. 15.3.2024 (BR-Drucksache 124/24), vgl. zum Referentenentwurf: BRAK-Stn.-Nr. 57/2023. soll erreicht werden, dass Zwangsvollstreckungsmaßnahmen künftig in mehr Fällen als bislang rein elektronisch beantragt werden können. Der Bundesrat hat keine grundlegenden Einwendungen erhoben.131 131 BT-Plenarprotokoll 20/169, S. 21880C-21882D sowie BR-Drs. 124/24(B). Seit dem 30.9.2024 liegt ein Referentenentwurf eines Gesetzes zur Zuständigkeitskonzentration der zivilrechtlichen Mobiliarvollstreckung bei den Gerichtsvollziehern und zu Zuständigkeitserweiterungen für die Rechtspfleger in Nachlass- und Teilungssachen vor. Mit diesem Gesetz soll die Rolle der Gerichtsvollzieher im Rahmen der Zwangsvollstreckung gestärkt werden; so soll der Gerichtsvollzieher künftig für die Zwangsvollstreckung in Geldforderungen zuständig sein. Weitreichende Änderungen für Zahlungsstreitigkeiten vor den Amtsgerichten sieht der Entwurf eines Gesetzes zur Entwicklung und Erprobung eines Online-Verfahrens in der Zivilgerichtsbarkeit132 132 Regierungsentwurf v. 6.9.2024. vor. In diesem Verfahren sollen Ansprüche (wohl) bis 8.000 Euro (!) „in einem einfachen, nutzerfreundlichen, barrierefreien und digital unterstützten Gerichtsverfahren“ durchgesetzt werden, etwa durch Klageerhebungen mit digitalen Eingabesystemen, durch die verstärkte Nutzung digitaler Kommunikationstechnik und eine Kommunikationsplattform. Zu begrüßen ist ein solches Verfahren nur, wenn es für alle Parteien freiwillig ist und es die Möglichkeit eines Opt-Out gibt. Warum das Gericht bei einem Online-Verfahren berechtigt sein soll, entgegen dem Wunsch der Parteien ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden (§ 1127 I 2 Nr. 4 Hs. 2 ZPO-E), erschließt sich nicht. Eine nur telefonische Beweisaufnahme, wie sie § 1128 I und II ZPO-E erlauben wollen, ist ebenso zweifelhaft wie die Einschränkung des § 357 ZPO und die in § 1127 V 2 ZPO-E angelegte Möglichkeit der Amtsermittlung.133 133 Ablehnend auch: Stellungnahme des BWD (Bundesverband der Wirtschaftskanzleien in Deutschland) v. 26.9.2024. Der Entwurf erweckt leider den Eindruck, die Amtsgerichte in die Lage versetzen zu wollen, „kurzen Prozess“134 134 Die Anregungen der BRAK, Stn.-Nr. 20/2022, ignoriert der Referentenentwurf weitergehend. Vgl. nun BRAK-Stn.-Nr. 47/2024. zu machen, jedenfalls in der ersten Instanz. Der Bundesrat hat keine grundsätzlichen Einwände gegen den Gesetzentwurf, wehrt sich aber gegen die im Entwurf vorgesehene Reduzierung der Gerichtsgebühren für Online-Verfahren.135 135 BR-Drs. 429/24(B). Im Jahr 2023 haben drei Bund-Länder-Digitalgipfel136 136 Vgl. gemeinsame Erklärung „Modernisierung der Prozessordnungen„ des BundLänder-Digitalgipfels v. 10.11.2023 und Beschluss „Digitalisierungsinitiative für die Justiz„ des Bund-Länder-Digitalgipfels v. 10.11.2023. stattgefunden, im Jahr 2024 einer. Als Themen sind hier insbesondere zu nennen: KI-Strategie137 137 Zur Forderung, die Forschung für KI-Anwendungen in der Justiz erleichtern: Beschluss der Justizminister-Frühjahrskonferenz 2024 zu TOP I.13. für die Justiz, Plattform für maschinelle Übersetzungen, Entwicklung einer digitalen Rechtsantragstelle und Entwicklung des Videoportals138 138 Vgl. Spoenle, NJW 2024, 2647, 2650 Rn. 13. der Justiz.139 139 Vierter Bund-Länder-Digitalgipfel in Hannover am 5.6.2024. Auf Initiative Bayerns haben die Justizministerinnen und Justizminister von Bund und Ländern die Bund-Länder-Reformkommission „Zivilprozess der Zukunft“ eingesetzt. Diese Kommission soll die Regelungen zum Zivilprozess grundlegend und mit breitem Blick auf weiteren AnULTSCH, DIE ENTWICKLUNG DES ZIVILVERFAHRENSRECHTS AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 5–6/2024 259
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