nie 2014/104/EU.50 50 Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates v. 26.11.2014 über bestimmte Vorschriften für Schadensersatzklagen nach nationalem Recht wegen Zuwiderhandlungen gegen wettbewerbsrechtliche Bestimmungen der Mitgliedstaaten und der Europäischen Union, ABl. 2014, L 349, S. 1. Danach dürfe die Durchsetzung kartellrechtlicher Schadensersatzansprüche durch ein RDG-Verbot nicht praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert werden, so der Generalanwalt. Dies sei seiner Ansicht nach aber bei einem pauschalen Inkassoverbot der Fall, wenn es keine gleichwertigen effektiven Rechtsschutzmöglichkeiten gebe. Seine Ausführungen lassen jedoch Raumfür eine Einzelfallbetrachtung, die vom nationalen Gericht vorzunehmen ist, da sich die Prüfung der Vereinbarkeit auf ein Pauschalverbot beschränkt. Der Generalanwalt führt insoweit aus, dass ein Verbot wegen eines Interessenkonflikts oder wegen unzureichender Sachkenntnisse des Inkassodienstleisters im Einzelfall gerechtfertigt sein könnte.51 51 GRUR-RS 2024, 24302 Rn. 133. Das nationale Gericht habe auch zu klären, ob tatsächlich keine anderen gleichwertig effektiven Rechtsschutzalternativen vorhanden sind. Die Feststellung eines Verstoßes gegen das RDG durch das LG Dortmund erscheint daher noch möglich. Zu berücksichtigen ist dabei, dass das Verbraucherrechtedurchsetzungsgesetz (VDuG)52 52 Gesetz v. 8.10.2023, BGBl. 2023 I Nr. 272, S. 2. mit der Möglichkeit einer Abhilfeklage auch für kleine Unternehmen erst im Oktober 2023 in Kraft getreten ist. Folgt der EuGH den Schlussanträgen, muss das Landgericht noch einmal in eine Einzelfallprüfung einsteigen. 3. RECHTSDIENSTLEISTUNGSBEFUGNISSE NACH § 7 RDG Bei der gebündelten Geltendmachung von kartellrechtlichen Schadensersatzansprüchen sind nicht nur Inkassodienstleister tätig, sondern auch Dienstleister, die über keine Inkassoerlaubnis verfügen. In einem vom BGH zu beurteilenden Fall stand die Frage im Mittelpunkt, ob dafür auch § 7 RDG als Erlaubnisnorm zur Verfügung steht. Der BGH bejaht dies. Im Anschluss hat sich auch das OLG München in einer vergleichbaren kartellrechtlichen Fallgestaltung mit § 7 RDG befasst, deren Anwendbarkeit aber verneint und die Revision zugelassen. a) BGH – DIE FREIEN BRAUER In dem vom BGH53 53 BGH, Urt. v. 26.9.2023 – KZR 73/21, NJW 2024, 354 mit zustimmender Anm. Kerstges = GRUR-Prax 2024, 154 =Skupin, LTZ 2024, 171, 178: KG als Rechtsdienstleister für ihre Mitglieder – Die freien Brauer. zu beurteilenden Fall ging es – wie bei den Fällen des Sammelklageinkasso – um die gebündelte Geltendmachung kartellrechtlicher Schadensersatzansprüche vor Gericht. Allerdings berief sich die Anspruchstellerin nicht auf eine Inkassobefugnis, sondern auf § 7 I 1 Nr. 1 RDG, der Rechtsdienstleistungen von beruflichen oder anderen zur Wahrung gemeinschaftlicher Interessen gegründeter Vereinigungen für ihre Mitglieder im Rahmen ihres satzungsmäßigen Aufgabenbereichs erlaubt. Dies darf allerdings nach dem klaren Wortlaut von § 7 I 1 Nr. 1 RDG gegenüber der Erfüllung der übrigen satzungsmäßigen Aufgaben „nicht von übergeordneter Bedeutung“ sein. Damit sind Vereinigungen und Gesellschaften, die lediglich zur Rechtsverfolgung gegründet werden, nicht zulässig. In dem konkreten Fall war die Klägerin ein als KG organsierter Verbund mittelständischer Brauereien, der sich von vierzehn seiner Gesellschafter die Ansprüche aus dem sog. Zuckerkartell zur Durchsetzung abtreten ließ. Der BGH hat zwar eine Rechtsdienstleistung i.S.v. § 2 I RDG bejaht. Insbesondere könne die Fremdheit der für die Gesellschafter verfolgten Angelegenheit nicht mit Blick auf eine dem § 2 III Nr. 6 RDG vergleichbare Fallkonstellation verneint werden. Im Gegensatz zu den Vorinstanzen54 54 OLG Karlsruhe, NZKart 2022, 289; LG Mannheim, Urt. v. 29.1.2020 – 14 O 109/ 18Kart. hat der BGH die Anwendbarkeit von § 7 I 1 Nr. 1 RDG jedoch bejaht. Die Klägerin verfolge zwar einen gewerblichen Zweck. Der Anwendungsbereich von § 7 RDG sei aber nicht auf Idealvereine beschränkt. Es müsse entgegen der überwiegenden Ansicht in der Literatur55 55 Gaier/Wolf/Göcken/Piekenbrock, Anwaltliches Berufsrecht, 3. Aufl., RDG § 7 Rn. 3; Kramer/Schmidt, in Krenzler/Remmertz, RDG, 3. Aufl. 2023, RDG § 7 Rn. 13, 16; Deckenbrock/Henssler/Dux-Wenzel, RDG, 5. Aufl. 2021, RDG § 7 Rn. 18 und 22. kein ideeller Hauptzweck verfolgt werden. Ausreichend sei, dass die Verfolgung der Ansprüche nicht mit Gewinnerzielungsabsicht erfolge und sich im Rahmen der satzungsmäßigen Aufgaben, der Förderung der gemeinsamen Interessen ihrer Mitglieder als Einkaufsgemeinschaft halte. Hier habe die KG lediglich im Erfolgsfall eine geringe Aufwendungspauschale verlangt, so der BGH. Die Entscheidung ist kritisch zu sehen, denn der BGH eröffnet nichtanwaltlichen Rechtsdienstleistern neben dem gebündelten Sammelklage-Inkasso nach § 2 II RDG mit § 7 I 1 Nr. 1 RDG ein weiteres „Klagevehikel“, indem er § 7 RDG entgegen der überwiegenden Literaturmeinung für gewerbliche Unternehmen geöffnet hat. Ob diese sich durch eine fehlende Gewinnerzielungsabsicht ausbremsen lassen, wird sich noch erweisen müssen. Die Gründung von Rechtsverfolgungsgesellschaften ist nach dem BGH-Urteil zwar weiterhin nicht zulässig. Der BGH hat aber einen Weg aufgezeigt, wie sich dies unter bestimmten Voraussetzungen im Ergebnis nach § 7 RDG realisieren ließe. Dies könnte auch von Legal Tech-Unternehmen ohne Inkassolizenz genutzt werden.56 56 Zweifelnd insoweit Skupin, RDi 2024, 97, 99. b) OLG MÜNCHEN In dem vom OLG München57 57 OLG München, Urt. v. 6.6.2024 – 29 U 4041/19 Kart, BeckRS 2024, 14246 = NZKart 2024, 474 – Revision zugelassen. zu beurteilenden Fall ging es ebenfalls um die Durchsetzung von SchadensersatzREMMERTZ, AKTUELLE ENTWICKLUNGEN IM RDG BRAK-MITTEILUNGEN 5–6/2024 AUFSÄTZE 264
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