BRAK-Mitteilungen 5-6/2024

wie insb. die Anwaltschaft als „Rechtsuchende“ nach dem RDG zu schützen sind (Stichwort „Legal Outsourcing“), rückt bei den juristischen Spezialanwendungen wieder verstärkt in den Fokus. Insgesamt werfen diese Modelle eine Vielzahl neuer Fragen auf, die bisher noch nicht Gegenstand der Rechtsprechung und in der Literatur umstritten sind.85 85 Einen Verstoß gegen das RDG grundsätzlich bejahendRemmertz, RDi 2023, 401; Ebers/Quarch, Rechtshandbuch ChatGPT/Ebers § 13 Rn. 47 ff.; Lobinger, LTZ 2023, 187, 191 f.; Nickl, MMR 2023, 328; verneinend Hartung, RDi 2023, 209; Schlegl, https://anwaltsblatt.anwaltverein.de/de/news/vereinbarkeit-sprachmodelle-rdg (zuletzt abgerufen am 8.11.2024). IV. AUSBLICK Die Zentralisierung der Aufsicht über Inkassodienstleister durch das Bundesamt für Justiz ab 1.1.2025 lässt hoffen, dass die Registrierung und Aufsicht künftig einheitlich und konsequenter als bisher erfolgt. Das Problem, wie ein insgesamt kohärentes System der Rechtsdienstleistungen durch Anwaltschaft und Legal Tech-Anbieter auf Dauer gewährleistet werden kann, bleibt aber noch ungelöst. Nach wie vor genießen Inkassodienstleister größere berufliche Freiheiten als die Anwaltschaft, obwohl sie im Bereich des Inkasso identische Rechtsdienstleistungen erbringen. Hier ist weiterhin der Gesetzgeber gefordert, für ein insgesamt kohärentes System zum Schutz der Rechtsuchenden zu sorgen.86 86 S. dazu bereits die BRAK-Stn.-Nr. 02/2022. Angesichts des Bruchs der aktuellen Bundesregierung und der bevorstehenden Neuwahlen zum Bundestag ist mit einer baldigen Lösung jedoch nicht mehr zu rechnen. In der Rechtsprechung ist die EuGH-Entscheidung in dem Vorlageverfahren des LG Dortmund zum Sammelklage-Inkasso im Kartellrecht mit Spannung zu erwarten, nachdem sich der Generalanwalt zugunsten der Inkassomodelle positioniert hat. Folgt der EuGH dieser Einschätzung, bleibt dennoch Raum für eine Einzelfallbetrachtung, weil sich die Schlussanträge des Generalanwalts nur auf ein pauschales Inkassoverbot beschränken. Weitere Fälle zur Durchsetzung kartellrechtlicher Schadensersatzansprüche werden voraussichtlich bald vom BGH, möglicherweise erneut unter Einbeziehung des EuGH entschieden. Die vielleicht spannendste aktuelle Entwicklung ist aber die nach der Vereinbarkeit von KI-Sprachmodellen mit dem RDG und die Frage nach möglichen Konsequenzen, sollte hier einmal mehr eine Gesetzeslücke entstehen. Es wird sich noch erweisen müssen, ob das RDG dafür unverändert sachgerechte Lösungen bereithält oder Anpassungen erforderlich werden. DIE ENTWICKLUNG DES FACHANWALTSRECHTS IM JAHR 2024 RECHTSANWALT DR. DIRK ENGEL* * Der Autor ist Fachanwalt für Erbrecht in Potsdam und Mitglied der Satzungsversammlung bei der BRAK. Er gehört dem Ausschuss 1 – Fachanwaltschaften – an. Der nachfolgende Beitrag befasst sich im Anschluss an die vorherige Berichterstattung des Autors1 1 S. Engel, BRAK-Mitt. 2023, 374 ff. mit der Entwicklung des Fachanwaltsrecht seit November 2023. Er behandelt dabei sowohl die Normsetzung unter besonderer Beachtung der Tätigkeit der Satzungsversammlung als auch die Rechtsprechung in Fachanwaltssachen. I. GESETZ- UND SATZUNGSGEBUNG 1. SATZUNGSVERSAMMLUNG Die Satzungsversammlung trat im Berichtszeitraum am 1.12.2023 und am 22.4.2024 jeweils in Präsenzform zusammen. Die konstituierende Sitzung der 8. Satzungsversammlung setzte erneut den Ausschuss Fachanwaltschaften als Ausschuss 1 ein. Dieser nahm am Tag der Plenumssitzung seine Beratungen auf und kam bis zur zweiten Sitzung der Satzungsversammlung am 22.4.2024 zu zwei weiteren Sitzungen zusammen. Im Ergebnis konnte die Vorsitzende des Ausschusses der Satzungsversammlung bereits umfassend über das Programm des Ausschusses für die 8. Wahlperiode berichten. So hat sich der Ausschuss 1 zum Ziel gesetzt, die FAO zu modernisieren. Dabei wird der Rückgang der Neuzulassungen in den Fachanwaltschaften ebenso Berücksichtigung finden müssen wie die Veränderung anwaltlicher Tätigkeit von einer starken Konzentration auf gerichtliche Verfahren zur überwiegenden Bedeutung der außergerichtlichen Beratung und Vertretung. Der Ausschuss wird daher sämtliche Fachanwaltschaften im Hinblick auf die Anforderungen der theoretischen Kenntnisse und der besonderen praktischen Erfahrungen einer Prüfung unterziehen. Dazu hat der Ausschuss zunächst 14 Unterausschüsse eingesetzt, die sich jeweils mit einer Fachanwaltschaft befassen. Zur umfassenden Informationsgewinnung hat der AusENGEL, DIE ENTWICKLUNG DES FACHANWALTSRECHTS IM JAHR 2024 AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 5–6/2024 267

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