BRAK-Mitteilungen 5-6/2024

der Berufung gegen das Urteil des AGH und stützte sich auf die zunächst fehlende Rechtsbehelfsbelehrung sowie auf die angebliche Verletzung rechtlichen Gehörs. Der Anwaltssenat hält die zunächst unterbliebene und in einem Berichtigungsbeschluss nachgeholte Rechtsmittelbelehrung für unschädlich, da eine fehlende Rechtsbehelfsbelehrung lediglich die Jahresfrist gem. § 58 II 1 VwGO ausgelöst hätte und der Kläger durch die spätere Nachholung der Rechtsbehelfsbelehrung nicht beschwert sei, zumal er bereits rechtzeitig den Antrag auf Zulassung der Berufung angebracht hatte. Auch der Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs sei nicht verletzt. Der Kläger hatte einen Antrag auf Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung angebracht, den der AGH nicht beschieden hatte und sich in diesem Zusammenhang auf eine Entscheidung des BSG berufen, wonach allein die Nichtbescheidung des Verlegungsgesuchs bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung eine Versagung rechtlichen Gehörs darstelle. Der Anwaltssenat verwies jedoch auf die Besonderheit des von ihm zu entscheidenden Falls, die darin liege, dass auch der anwaltliche Bevollmächtigte des Klägers nicht zur mündlichen Verhandlung erschienen sei, ohne dass dargelegt worden wäre, warum dieser an einer Teilnahme gehindert gewesen wäre. b) AGH NORDRHEIN-WESTFALEN Die Entscheidung des AGH Nordrhein-Westfalen vom 19.4.2024 befasst sich inhaltlich mit der Problematik des Widerrufs der Befugnis zur Führung der Fachanwaltsbezeichnung wegen Nichterfüllung der Fortbildungspflicht gem. § 15 FAO. Die zuständige Kammer hatte den Kläger mehrfach aufgefordert, fehlende Fortbildungsstunden für die Kalenderjahre 2019 und 2020 nachzuweisen. Nachdem der Kläger auch für das Jahr 2022 keine Fortbildungsnachweise eingereicht hatte, drohte die Kammer zunächst den Widerruf an und sprach ihn sodann auch aus. Die dagegen gerichtete Klage des Klägers vor dem AGH blieb ohne Erfolg. Der AGH stützte seine Entscheidung darauf, dass der Kläger in den Kalenderjahren 2020 und 2022 keinerlei Fortbildungszeiten nachgewiesen habe. Zudem fehlten für das Kalenderjahr 2019 noch fünf Fortbildungsstunden. Vor diesem Hintergrund sei die Ermessensentscheidung der Kammer, die Erlaubnis zu widerrufen, nicht zu beanstanden. Dies gelte auch unter Berücksichtigung der Corona-Pandemie. Der AGH verweist in Bezugnahme auf eine frühere Entscheidung darauf, dass bei der Entscheidung, ob der Widerruf auszusprechen sei, regelmäßig von einer Ermessensreduzierung auf Null auszugehen sei, soweit der Rechtsanwalt die vorgeschriebene Fortbildung nicht absolviert habe und keine Gründe vorlägen, die den Verstoß gegen die Fortbildungspflicht entschuldigten. c) BAYERISCHER AGH – I Auch der Bayerische AGH kommt in seiner Entscheidung vom 16.11.202312 12 BRAK-Mitt. 2024, 39 Ls. zu dem Schluss, dass bei Nichterfüllung der Fortbildungsverpflichtung regelmäßig von einer Ermessensreduzierung auf Null auszugehen sei. Der dortige Kläger hat seine Fortbildungsverpflichtung in den Kalenderjahren 2020, 2021 und 2022 nicht erfüllt. Er legte dar, dass er durch die Lektüre von Fachzeitschriften und aufgrund seiner erheblichen Berufserfahrung von 48 Jahren über ausreichende Kenntnisse verfüge. Mit Bescheid vom 15.2.2023 widerrief die Rechtsanwaltskammer die Befugnis des Klägers zur Führung der Fachanwaltsbezeichnung „Fachanwalt für Steuerrecht“. Die Klage des Klägers vor dem AGH blieb erfolglos. Hinsichtlich der Ermessensentscheidung hält der AGH fest, dass regelmäßig von einer Ermessensreduzierung auf Null auszugehen sei und beruft sich dabei ebenfalls auf die Entscheidung des AGH Nordrhein-Westfalen. Der AGH hält abschließend fest, dass auch die intensive Lektüre einschlägiger Fachzeitschriften nicht geeignet sei, die formalisierte Fortbildungsobliegenheit gem. § 15 FAO zu erfüllen. d) BAYERISCHER AGH – II Die Nichterfüllung der Fortbildungsverpflichtung gem. § 15 FAO war schließlich auch Gegenstand der Entscheidung des Bayerischen AGH vom 25.1.2024.13 13 BRAK-Mitt. 2024, 167 Ls. Der dortige Kläger, der den Titel „Fachanwalt für Steuerrecht“ führte, wies für das Kalenderjahr 2020 Fortbildungen nur im Umfang von 7,5 Stunden und für das Kalenderjahr 2021 nur im Umfang von 6,5 Stunden nach und begründete dies mit einer schweren CoronaErkrankung sowie weiteren Erkrankungen. Die Kammer räumte dem Kläger zunächst unter Fristsetzung die Möglichkeit ein, die in Summe fehlenden 16 Stunden bis spätestens 30.9.2022 nachzuweisen. Überdies müsse die Fortbildung für 2022 bis 31.12. 2022 absolviert und nachgewiesen werden. Der Kläger wies daraufhin weitere 12,75 Fortbildungsstunden nach und teilte überdies mit, dass weitere gebuchte Seminare aufgrund krankheitsbedingten Ausfalls und Urlaubs nicht mehr bis zum 30.9.2022 wahrgenommen werden könnten. Mit Bescheid vom 15.2.2023 widerrief die Kammer die Befugnis des Klägers zum Führen der Fachanwaltsbezeichnung. Die Klage des Klägers vor dem AGH bliebt ohne Erfolg. Der AGH hält zunächst fest, dass eine heilende Nachholung der Fortbildung in Folgejahren nicht in Betracht komme und verweist insoweit auf eine Entscheidung des BGH vom 5.5.2014.14 14 BRAK-Mitt. 2014, 212. Allerdings führe eine einmalige Verletzung der Fortbildungspflicht nicht zwingend zum Widerruf. Vielmehr habe die Kammer alle UmstänENGEL, DIE ENTWICKLUNG DES FACHANWALTSRECHTS IM JAHR 2024 AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 5–6/2024 271

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