lauf von sechs Monaten im Anschluss an den RuhensBeschluss sei die Hemmung der Verjährung beendet gewesen, die Frist also weiter- und zwischenzeitlich auch abgelaufen. Daraufhin verklagte der Ehemann seine Anwälte. Diese hätten erkennen müssen, dass das Ruhen des Verfahrens nicht ausreichte, um eine ausreichend lange Hemmung der Verjährung herbeizuführen. In erster Instanz verurteilte das LG Bremen die Anwälte auf Zahlung von Schadenersatz. Das OLG Bremen meinte hingegen, dass in den Fällen, in denen ein Schaden aus anwaltlicher Pflichtverletzung aus dem Verlust eines Rechtsstreits geltend gemacht werde, das Regressgericht selbstständig zu entscheiden habe, wie der Vorprozess richtig hätte entschieden werden müssen. Hier sei die Entscheidung im Vorprozess fehlerhaft gewesen. Zwar sei seinerzeit das Verfahren in Stillstand geraten; der Kläger habe aber mit Blick auf das Parallelverfahren umgekehrten Rubrums einen triftigen Grund gehabt, das Verfahren nicht weiter zu betreiben, was als befristete Hemmungsvereinbarung ausgelegt werden könne. Jedenfalls hätte § 242 BGB der Erhebung der Verjährungseinrede der Ehefrau entgegengestanden. Interessant ist, dass der BGH auf diesen offensichtlichen Verständnisfehler, der dem OLG-Senat in seiner Entscheidung unterlaufen ist, gar nicht weiter eingeht, sondern ohne Umschweife auf die Pflichtverletzung verweist, die hier darin lag, dass die beklagten Anwälte den Mandanten nicht über den sichersten Weg aufgeklärt haben. Was in der BGH-Entscheidung nicht explizit erwähnt wird: Es ist schon richtig, dass das Regressgericht in eigener Verantwortung entscheiden muss, wie der Vorprozess zu entscheiden gewesen wäre. Das gilt aber nur für die Frage, ob die Ansprüche, die gerade durch das Versäumnis des Anwalts in der Vorprüfung (also wegen Verjährung oder auch wegen der Versäumung eines Rechtsmittels) „steckengeblieben“ sind, bei Hinwegdenken des anwaltlichen Fehlers auch materiell tatsächlich begründet waren. Hier nun hatte das OLG aber seine Ansicht über die Frage des triftigen Grundes an die Stelle des Vorgerichts gesetzt und kam so zu dem Schluss, es liege gar kein anwaltlicher Fehler vor. Dabei übersah das Berufungsgericht die ständige Rechtsprechung des BGH zum sichereren Weg. Die Frage, ob bei wechselseitigen Zugewinnausgleichsansprüchen ein triftiger Grund dafür vorliegt, die Ansprüche nicht mit Blick auf § 204 II BGB weiterzuverfolgen und das Verfahren rechtzeitig aufzurufen, war nämlich in der höchstrichterlichen Rechtsprechung und in der Literatur noch nicht zweifelsfrei geklärt. Solche Zweifel wiederum müssen für den Anwalt Anlass sein, den Mandanten darüber aufzuklären, dass er sich gleichsam auf dünnes Eis begibt, weil nicht sicher prognostiziert werden kann, wie nun die Gerichte entscheiden werden. Wartet der Mandant – richtig und vollständig aufgeklärt – dann trotzdem weiter zu, weil ihm beispielsweise ein Weiterprozessieren zu teuer erscheint und er lieber den Parallelprozess abwartet, ist das natürlich sein Risiko. Der BGH hob das Urteil deshalb auf und machte zum letzten Punkt noch Ausführungen. Das OLG müsse nun Feststellungen zur Kausalität treffen. Da dem vernünftigen Mandanten auch dann, wenn er über die unsichere Frage des triftigen Grundes und der Gefahr der Verjährung richtig aufgeklärt worden wäre, verschiedene Wege offen gestanden hätten (ins Risiko gehen und weiter Abwarten oder weitere Prozesskosten investieren und das Verfahren fortsetzen oder versuchen, entsprechende Verzichtserklärungen von der Ehefrau zu bekommen), stehe ihm nicht der Anscheinsbeweis für beratungsgerechtes Verhalten zu. Das heißt, er kann sich nicht schlicht darauf berufen, er hätte den Prozess fortgesetzt und entsprechend erfolgreich führen können, sondern müsste im Zweifel auch beweisen, dass er sich so entschieden hätte. Mit dieser Segelanweisung muss das OLG also nun den Prozess fortsetzen. Kommt es tatsächlich zu dem Ergebnis, dass die vom BGH verletzte Pflicht auch in diesem Sinne kausal war, dass also der Mandant seine Rechte in jedem Fall gesichert hätte, darf sich der Senat – und nun tatsächlich in eigener Verantwortung anstelle der Gerichte im Vorprozess – entscheiden, ob und in welcher Höhe dem Kläger Zugewinnausgleichsansprüche zugestanden hätten. (bc) ÄUSSERUNGEN ALS RECHTSANWALT MACHEN IHN NICHT ZUM STÖRER Ein Rechtsanwalt, der sich im Interesse eines Mandanten äußert, wird nicht als Privatperson tätig, sondern in seiner Funktion als Rechtsanwalt und Vertreter seines Mandanten. Regelmäßig macht er sich Äußerungen im Namen und in Vollmacht seines Mandanten nicht als persönliche zu Eigen. Materiell-rechtlich ist in diesen Fällen gegebenenfalls nicht er, sondern sein Mandant als Störer anzusehen. (eigener Ls.) BGH, Urt. v. 25.6.2024 – VI ZR 64/23, VersR 2024, 1362 = GRUR 2024, 1558 Die beklagten Rechtsanwälte – Presserechtler – pflegen, wenn sie etwa aufgrund einer aktuellen Veröffentlichung einer Presseredaktion von einer Übernahme der Berichterstattung durch andere Presseredaktionen ausgehen, sog. presserechtliche Informationsschreiben zu versenden, in denen sie für den Fall einer solchen Berichterstattung presserechtliche Rechtsbehelfe ankündigen. So geschah es auch für ihre hiesige Mandantin, eine bekannte Nachrichtensprecherin, über deren Privatleben in einer Zeitschrift berichtet worden war. Die Anwälte wurden daraufhin von den Adressaten, zwei Medienunternehmen, die Zeitschriften herausgeben und vertreiben, auf Unterlassung presserechtlicher Informationsschreiben verklagt. JUNGK/CHAB/GRAMS, PFLICHTEN UND HAFTUNG DES ANWALTS – EINE RECHTSPRECHUNGSÜBERSICHT AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 5–6/2024 275
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