In einem früheren Urteil hatte der BGH6 6 BGH, Urt. v. 15.1.2019 – VI ZR 506/17, NJW 2019, 781. festgestellt, dass das klagende Medienunternehmen gegen die Rechtsanwälte einen Anspruch aus §§ 1004 I 2, 823 I BGB hatte, es zu unterlassen, der Klägerin „presserechtliche Informationsschreiben“ per Telefax zu übermitteln. Dort hatten die Anwälte allerdings explizit unabhängig von einer Vertretung eines bestimmten Mandanten für sich selbst in Anspruch genommen, in der von der Klägerin beanstandeten Art und Weise vorgehen zu dürfen. Sie hatten sogar ausdrücklich angeregt, nicht einen konkreten Mandanten, sondern sie selbst zu verklagen. Der BGH sah daher in dem damaligen Fall ausnahmsweise einen Eingriff in das durch Art. 12 i.V.m. Art. 19 III GG verfassungsrechtlich gewährleistete Recht der Klägerin am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb durch die Rechtsanwälte. Auch in dem damaligen Urteil hatte der Senat jedoch schon klargestellt, dass ein Rechtsanwalt, soweit er sich im Interesse eines Mandanten äußert, nicht als Privatperson tätig wird, sondern in seiner Funktion als Rechtsanwalt und Vertreter seines Mandanten. Regelmäßig mache er sich Äußerungen im Namen und in Vollmacht seines Mandanten nicht als persönliche zu Eigen. Materiell-rechtlich sei in diesen Fällen ggf. nicht er, sondern sein Mandant als Störer anzusehen. Nur im Ausnahmefall könne die Berücksichtigung der Gesamtumstände eine persönliche Verantwortung des Rechtsanwalts nahelegen. Einen solchen Ausnahmefall sieht der BGH im jetzt entschiedenen Fall nicht. Es empfiehlt sich aber wohl, zur Vermeidung einer persönlichen Inanspruchnahme immer sehr deutlich zu machen, dass ausschließlich im Namen der Mandantschaft gehandelt wird. (ju) FRISTEN PRÜFEN DER KORREKTEN FRISTNOTIERUNG: NUR HANDAKTE ODER AUCH KALENDER? Der Sechste Senat beabsichtigt, die Auffassung zu vertreten, dass ein Rechtsanwalt die ihm obliegende Sorgfaltspflicht in Fristsachen nicht verletzt, wenn er sich in Bezug auf den Ablauf von Rechtsmittelbegründungsfristen auf die Prüfung der Vermerke in der Handakte beschränkt, sofern sich keine Zweifel an deren Richtigkeit aufdrängen, weswegen es einer zusätzlichen Prüfung, ob das Fristende auch tatsächlich korrekt im Fristenkalender eingetragen ist, nicht bedarf. Die hierin liegende entscheidungserhebliche Abweichung zur Rechtsprechung des Ersten, Dritten, Achten und Neunten Senats des Bundesarbeitsgerichts (10.1.2003 – 1 AZR 70/02; 17.10.2012 – 3 AZR 633/12; 31.1.2008 – 8 AZR 27/07 und 18.6. 2015 – 8 AZR 556/14; 18.1.2006 – 9 AZR 454/04) erfordert die Anfrage nach § 45 III 1 ArbGG, ob diese an ihrer Rechtsauffassung festhalten. BAG, Vorlagebeschl. v. 23.5.2024 – 6 AZR 155/23 Im konkreten Fall ging es um eine Revisionsbegründungsfrist zum BAG, die der Revisionsführer versäumt hatte. Zur Versäumung kam es, weil die dafür zuständige und entsprechend geschulte und erprobte Mitarbeiterin die Revisionsbegründungsfrist und die entsprechende Vorfrist versehentlich einen ganzen Monat zu spät in den Kalender eingetragen hatte. In der Akte waren allerdings die korrekten Daten angegeben und auch mit einem Haken zur Bestätigung, dass entsprechend eingetragen worden ist, versehen. Nach Revisionseinlegung verfügten die Prozessbevollmächtigten die Wiedervorlage zur Vorfrist, was dann auch geschah. Dabei fiel auf, dass die Begründungsfrist inzwischen abgelaufen war. Das BAG sieht sich aus den im Leitsatz dargelegten Gründen daran gehindert, dem Wiedereinsetzungsantrag stattzugeben. Als Grundsatz muss zunächst einmal festgehalten werden, dass immer dann, wenn eine Akte wegen einer fristgebundenen Handlung vorgelegt wird, auch die korrekte Eintragung der entsprechenden Frist durch den jeweiligen Prozessbevollmächtigten selbst zu prüfen ist. Bei Einlegung eines Rechtsmittels ist auch darauf zu achten, dass die Frist zur Begründung und die entsprechende Vorfrist eingetragen sind. Das setzt voraus, dass sich die jeweils im Kalender eingetragene Frist aus einem Handakteneintrag ergibt. Ist nun in der Handakte der korrekte Fristeintrag notiert, wurde aber bei der Notierung der Frist im Kalender durch einen Übertragungsfehler ein falsches Datum in den Kalender eingetragen, kann es zu Fristversäumungen kommen, die nach Ansicht des 6. Senats des BAG aber ausschließlich Personalverschulden darstellt und deshalb zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand führen müsste. Der 6. Senat sieht sich aber an einer entsprechenden Entscheidung gehindert, weil er in Entscheidungen anderer BAG-Senate eine andere Auffassung vertreten sieht. Ob die zitierte Rechtsprechung der anderen Senate tatsächlich die Anwältin bzw. den Anwalt verpflichtet, bei Vorlage einer Akte wegen einer fristgebundenen Handlung sowohl die Fristennotizen in der Akte als auch die tatsächlichen Einträge im Kalender zu überprüfen, erscheint aber nicht ganz eindeutig. In der im Leitsatz zitierten Entscheidung des 3. Senats7 7 BAG v. 17.10.2012 – 3 AZR 633/12, BeckRS 2012, 75792. wurde im Sekretariat lediglich die Revisionsfrist, aber weder die Frist zur Tatbestandsberichtigung noch die Begründungsfrist nebst Vorfrist notiert. Die Wiedereinsetzung wurde hier abgelehnt, weil der Prozessbevollmächtigte bei Vorlage der Akte zur Fertigung der Revision aus der Akte heraus hätte erkennen können, dass die weiteren Fristen gar nicht eingetragen waren und deshalb hätte reagieren müssen. In der Entscheidung des 1. Senats, die der 6. Senat zitiert,8 8 BAG v. 10.1.2003 – 1 AZR 70/02. sind gleich mehrere Fehler unterlaufen, die zum Fristversäumnis auch JUNGK/CHAB/GRAMS, PFLICHTEN UND HAFTUNG DES ANWALTS – EINE RECHTSPRECHUNGSÜBERSICHT BRAK-MITTEILUNGEN 5–6/2024 AUFSÄTZE 276
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