BRAK-Mitteilungen 5-6/2024

Eine Einreichung im pdf-Format erfolgte daraufhin nicht. Stattdessen stellte die Prozessbevollmächtige einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Der BFH macht deutlich, dass dies der falsche Weg war: Ungeachtet aller anderen Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand darf die Frist nicht schuldhaft versäumt sein. Wenn der gesetzlich vorgesehene Weg über die nachträgliche Einreichung im zulässigen Dateiformat nicht erfolgt, gereicht dies dem Prozessbevollmächtigten zum Verschulden und schließt eine Wiedereinsetzung aus. (ju) STICHWORT BERUFSRECHT BELEHRENDER HINWEIS Der Beruf des Rechtsanwalts unterliegt, wie andere Berufe auch, der Wirtschaftsaufsicht. Die Besonderheit ist, dass auf Grund des Rechtsstaatsbezugs der anwaltlichen Tätigkeit die Wirtschaftsaufsicht nicht durch eine staatliche Behörde, sondern in Selbstverwaltung durch die Rechtsanwaltskammern wahrgenommen wird. Auch spricht man nicht von Wirtschaftsaufsicht, sondern von Berufsaufsicht. Die BRAO bedient sich dabei eines abgestuften Systems. Am niedrigschwelligsten ist die Belehrung eines Kammermitglieds durch den Kammervorstand. Zu den Aufgaben des Vorstands einer Rechtsanwaltskammer gehört es, die Kammermitglieder in Fragen der Berufspflichten zu beraten und zu belehren, § 73 II Nr. 1 BRAO. Bestehen bei einem Kammermitglied Zweifel hinsichtlich einer berufsrechtlichen Fragestellung, kann das Kammermitglied präventiv und neutral die Auffassung der Kammer einfordern. Die rechtliche Einordnung eines potentiell zukünftigen Verhaltens wird nicht mit einem Schuldvorwurf verbunden. In diesem Fall spricht die Kammer eine einfache Belehrung aus. Die einfache Belehrung ist weder eine Disziplinarmaßnahme noch ein Verwaltungsakt. Gegen sie ist daher auch kein Rechtsmittel möglich. Die stärkste berufsrechtliche Sanktion, die der Kammervorstand selbst aussprechen kann, ist die Rüge, §§ 73 II Nr. 4, 74 BRAO. Mit einer Rüge missbilligt und sanktioniert der Kammervorstand die Rechtsanwältin oder den Rechtsanwalt für eine vergangene, schuldhafte Berufspflichtverletzung. Gegen die Rüge kann die Rechtsanwältin oder der Rechtsanwalt Einspruch einlegen, § 74 V BRAO. Wird dieser Einspruch durch den Kammervorstand zurückgewiesen, hat die Rechtsanwältin oder der Rechtsanwalt die Möglichkeit, einen Antrag auf Entscheidung durch das Anwaltsgericht zu stellen, § 74a I BRAO. Im Rechtsbehelfsverfahren gegen die Rüge gilt gem. § 74a II BRAO die StPO. In der Praxis ist für bestimmte berufswidrige Verhaltensweisen der Kammermitglieder über die gesetzlich ausdrücklich normierten Maßnahmen hinaus eine Maßnahme notwendig, bei welcher die Erteilung einer Rüge noch nicht gerechtfertigt erscheint, eine einfache Belehrung jedoch nicht mehr ausreichend ist. Deshalb wurde von der Rechtsprechung ein Zwischeninstrumentarium entwickelt, welches je nach Terminologie als missbilligende Belehrung oder belehrender Hinweis bezeichnet wird. Rechtsgrundlage ist in diesem Fall § 73 II Nr. 1, 4 BRAO. Mit dem belehrenden Hinweis wird ein zurückliegendes Verhalten verbindlich als berufswidrig eingeordnet. In Abgrenzung zur einfachen Belehrung können dem Kammermitglied darüber hinaus Handlungsgebote oder -verbote auferlegt werden. In Abgrenzung zur Rüge ist der belehrende Hinweis die mildere Maßnahme, da sie nicht mit einem Schuldvorwurf verbunden wird. Aufgrund der Handlungs- und Unterlassungsgebote wird mit einem belehrenden Hinweis in die Rechtsstellung des Rechtsanwalts eingegriffen. Es handelt sich folglich um einen belastenden Verwaltungsakt. Deshalb ist gegen den belehrenden Hinweis eine Anfechtungsklage vor dem Anwaltsgerichtshof möglich, welche über eine Zulassungsberufung gem. §§ 112a II Nr. 1, 112e BRAO zum BGH gelangen kann. Im Gegensatz zum Rechtsbehelfsverfahren gegen die Rüge gilt in dem Verfahren gegen den belehrenden Hinweis die VwGO, § 112c I 1 BRAO. Das Ministerium plant derzeit eine Neuordnung des aufsichtsrechtlichen Verfahrens im Recht der rechtsberatenden Berufe. Danach soll u. a. der Begriff der „Belehrung“ durch den Begriff des „rechtlichen Hinweises“ ersetzt und der Rechtsweg von Anwaltsgericht und Anwaltsgerichtshof vereinheitlicht werden. Ob und wann der Referentenentwurf jedoch umgesetzt wird, erscheint angesichts der aktuellen politischen Lage schwer abzuschätzen. (CW) In der Rubrik „Stichwort Berufsrecht“ werden in jeder Ausgabe der BRAK-Mitteilungen Grundbegriffe des anwaltlichen Berufsrechts kurz erklärt. Die BRAK-Mitteilungen wollen so eine schnelle Information über wichtige Bereiche des Berufsrechts wie etwa die Selbstverwaltung oder die anwaltlichen Core Values ermöglichen. Die Stichworte verfassen abwechselnd u.a. Daniela Neumann (DN), Christian Dahns (Da), Dr. Tanja Nitschke (tn) und Prof. Dr. Christian Wolf (CW). BRAK-MITTEILUNGEN 5–6/2024 STICHWORT BERUFSRECHT 282

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