BRAK-Mitteilungen 5-6/2024

Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte mehr an Fortbildungsmaßnahmen im E-Learning-Format. Die Anzahl aller berufsbegleitenden Ausbildungsmaßnahmen zum EURecht ist um fünf Schulungen gestiegen. Die Anzahl der Fortbildungsmaßnahmen mit Bezug zum EU-Recht in den Bereichen Materielles Zivilrecht, Handels-, Gesellschafts- und Wettbewerbsrecht, Zivilprozessrecht und materielles Strafrecht sind jeweils im Vergleich zum Vorjahr um ein bis acht einzelne Fortbildungsmaßnahmen zurückgegangen, während es im Bereich Digitalisierung und künstliche Intelligenz elf Veranstaltungen mehr gab. AI ACT IN KRAFT GETRETEN Am 12.7.2024 ist das Gesetz zur Harmonisierung der Vorschriften für künstliche Intelligenz (AI Act) im EUAmtsblatt veröffentlicht worden.5 5 ABl. der Europäischen Union L v. 12.7.2024 = Nachr. aus Brüssel 14/2024 v. 14.7. 2024. Mit dem AI Act sollen die Entwicklung und Förderung sicherer und vertrauenswürdiger KI-Systeme in der EU bei gleichzeitiger Wahrung der Grundrechte gefördert werden. Es kategorisiert verschiedene Arten von künstlicher Intelligenz je nach Risiko. Je nachdem, wie hoch Letzteres ist, fallen die Anforderungen und Verpflichtungen höher oder niedriger aus. So sollen beispielsweise für Strafverfolgungsbehörden strenge Ausnahmen für die Nutzung biometrischer Fernidentifizierungssysteme gelten und Hochrisikosysteme wie solche, die im Rahmen von demokratischen Prozessen Einsatz finden, bestimmten Verpflichtungen unterliegen. Der AI Act wird zwanzig Tage nach seiner Veröffentlichung, also am 1.8.2024 in Kraft treten und überwiegend 24 Monate später uneingeschränkt anwendbar sein. Schon nach sechs Monaten treten allerdings die Regelungen über verbotene Praktiken in Kraft. Darunter fallen beispielsweise Techniken des Predictive Policing (vorhersagebasierte Polizeiarbeit), ursprünglich als High Risk eingestuft, in bestimmten Fällen. Dieses Verbot hatte die Anwaltschaft gefordert, da solche Systeme erwiesenermaßen gesellschaftliche Vorurteile reproduzieren, auch ohne eine böse Absicht des menschlichen Programmierers. Als Hochrisiko-KI werden gem. Art. 6 III i.V.m. Anhang 3 Nr. 8 auch Anwendungen im Bereich Rechtspflege eingestuft, wenn sie bestimmungsgemäß von einer oder im Namen einer Justizbehörde verwendet werden sollen, um diese bei der Ermittlung und Auslegung von Sachverhalten und Rechtsvorschriften und bei der Anwendung des Rechts auf konkrete Sachverhalte zu unterstützen. Die Europäische Kommission wird dazu Leitlinien erarbeiten, die Anwaltschaft wird sich aktiv in diesen Prozess einbringen. EUROPARATS-KONVENTION ZUM SCHUTZ DES RECHTSANWALTS AUF DER ZIELGERADEN Die BRAK hat sich in den Sommermonaten erneut intensiv für die Konvention zum Schutz der Berufsausübung von Rechtsanwälten engagiert.6 6 S. zu den Hintergründen, Zielsetzungen und geplanten Inhalten der Konvention Trierweiler/Boog, BRAK-Mitt. 2023, 70. Die Konvention wird seit April 2022 in einem zu diesem Zweck gegründeten Unterausschuss des Europarats (CJ-AV) erarbeitet. Die Erarbeitung der Konvention befindet sich auf der Zielgeraden, die Unterzeichnung des völkerrechtlichen Abkommens ist bereits für das Jahr 2025 zu erwarten. Nach der letzten Sitzung des dem CJ-AV übergeordneten Gremiums, dem Ausschuss für juristische Zusammenarbeit des Europarats (CDCJ), wurde der 14. Entwurf der Konvention vorgelegt. Insgesamt enthält dieser Entwurf – auch dank intensiver Beteiligung der BRAK und anderer europäischer Rechtsanwaltsorganisationen in den vergangenen Jahren – bereits weitreichende Schutzgarantien in zentralen Bereichen anwaltlicher Tätigkeit, und soll künftig rechtsverbindlich Rechte von Rechtsanwälten und ihren Mandanten gewährleisten und damit den Zugang zum Recht absichern. Zugleich findet sich im aktuellen Entwurf aber stellenweise eine Rückkehr zu Formulierungen früherer Entwurfsfassungen und damit ein partielles Absinken von Schutzstandards, z.B. hinsichtlich der Ausgestaltung der zivilund strafrechtlichen Haftungsbefreiung des Rechtsanwalts hinsichtlich für seinen Mandanten im Verfahren gemachter Äußerungen. Die BRAK wird sich daher auch weiterhin über das in Deutschland zuständige Bundesministerium der Justiz und als Teil der Deutschen Delegation beim Rat der Europäischen Anwaltschaften (CCBE) einbringen und gemeinsam mit europäischen Partnern auf eine starke, die anwaltliche Berufsausübung möglichst umfassend absichernde Konvention hinwirken. Auf diesem Weg waren die jüngsten Schritte die Sitzung des CJ-AV vom 9. bis 11.9.2024 sowie die nächste Sitzung des CDCJ vom 19. bis 21.11.2024. Voraussichtlich im Mai 2025 soll dann das Ministerkomitee des Europarats eine finale Textfassung annehmen, die bereits im Juli 2025 von Staatenvertretern förmlich unterzeichnet werden könnte. Die Ratifizierungsphase wird folgen. Nach Erreichen des Quorums von (nach derzeitigem Stand) acht Ratifikationen wird die Konvention in Kraft treten. RECHTSSCHUTZ IM AUSLIEFERUNGSVERFAHREN Ende Juni 2024 beschäftigte der Fall Maja T. Presse und Anwaltschaft, es ging um eine Überstellung nach Ungarn trotz eines beim BVerfG gestellten Eilantrags. Die BRAK nahm dies zum Anlass, auf die den dringenden Bedarf effektiven Rechtsschutzes im Auslieferungsverfahren und damit verbunden die Notwendigkeit der IRG-Reform hinzuweisen.7 7 BRAK-Stn Nr. 50/2024; BRAK-PE-Nr. 5/2024 sowie dazu Nachr. aus Berlin 14/2024 v. 107.2024. Maja T. wird von den ungarischen Behörden zur Last gelegt, Mitglied in einer kriminellen – linksextremen – Vereinigung zu sein, deren Ziel es gewesen sein soll, extreme Rechte unter Einsatz von Teleskopschlagstöcken und BRAK-MITTEILUNGEN 5–6/2024 AUS DER ARBEIT DER BRAK 290

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