BRAK-Mitteilungen 5-6/2024

ähnlichem anzugreifen. Am 27.6.2024 entschied das Kammergericht über die Auslieferung, in der darauffolgenden Nacht wurde mit der Überstellung der nicht-binären Person nach Ungarn begonnen, sie hatte sich zu diesem Zeitpunkt in Berlin in Haft befunden. Gegen die Entscheidung des Gerichts gibt es kein ordentliches Rechtsmittel, die Anwälte von Maja T. riefen daher das BVerfGan. Im Zentrum der Stellungnahme der BRAK steht die Forderung nach effektivem Rechtsschutz im Auslieferungsverfahren. Seit Frühjahr 2021 befasst sich eine BundLänder-Arbeitsgruppe unter Mitwirkung auch der Anwaltschaft mit einer möglichen Reform des Rechtshilferechts. Die seit Erlass des Gesetzes stark intensivierte europäische und internationale Zusammenarbeit in Strafsachen, seitens der Europäischen Kommission im Rahmen von Vertragsverletzungsverfahren geltend gemachte Kritikpunkte und insb. die Absicherung der subjektiven Rechte betroffener Individuen unter Berücksichtigung der Rechtsprechung von EuGH und BVerfG machen eine Modernisierung notwendig. Die derzeitige Rechtslage im IRG wird den vom EuGH entwickelten europarechtlichen Ansprüchen insb. im Hinblick auf Europäische Haftbefehle nicht gerecht, zur Wahrung der dort entwickelten grundrechtlichen Verweigerungsgründe muss ein effektiver Rechtsschutz vorhanden sein. Ein Referentenentwurf des BMJ auf Grundlage der Ergebnisse der Arbeitsgruppe ist für diesen Sommer geplant. Konkret fordert die BRAK im Hinblick auf das künftige Regelwerk insb., dass verfolgte bzw. gesuchte Personen in jeder Lage des Verfahrens einen Rechtsbeistand zur Seite gestellt bekommen, dass sie – zumindest auf Antrag – von demjenigen Gericht, das über die Auslieferung und den Vollzug der Auslieferungshaft entscheidet, mündlich angehört werden müssen und dass gegen belastende Entscheidungen effektive Rechtsbehelfe zur Verfügung stehen. UNIVERSELLE KI-MODELLE IM RAHMEN DES AI ACTS Die BRAK hat sich im September 2024 an einer Konsultation der Europäischen Kommission zu universell verwendbaren Modellen künstlicher Intelligenz (KI) im Rahmen des KI-Gesetzes (AI Act) beteiligt.8 8 BRAK-Stn.-Nr. 72/2024. In der vom Ausschuss Gewerblicher Rechtsschutz und dem Ausschuss Europarecht erarbeiteten englischsprachigen Stellungnahme weist die BRAK auf Herausforderungen und Risiken im Bereich des Urheberrechts hin. Die neuen Anforderungen des AI Acts zur Wahrung der Vorschriften des Urheberrechtsschutzes brächten Rechtsunsicherheit mit sich. Der Erhalt eines hohen Schutzniveaus für urheberrechtlich geschützte Inhalte sei indes entscheidend um die Innovations- und Investitionsbereitschaft zu erhalten und zu fördern. Insofern sei es wichtig, die maßgeblichen Anforderungen des AI-Acts klarzustellen und an das Urheberrecht anzupassen. Dazu macht die BRAK in ihrer Stellungnahme konkrete Vorschläge. Mit dem AI-Act sollen die Entwicklung und Förderung sicherer und vertrauenswürdiger KI-Systeme in der EU bei gleichzeitiger Wahrung der Grundrechte gefördert werden. Hintergrund der Konsultation ist die Erarbeitung eines Verhaltenskodexes für Anbieter von KI-Modellen durch das neu geschaffene KI-Büro der Kommission. Der Verhaltenskodex soll die Vorgaben des AI-Acts als Durchführungsrechtsakt konkretisieren und voraussichtlich im April 2025 fertiggestellt werden. UMFRAGE ZUM EU-PROZESSFINANZIERUNGSMARKT Die Frage nach dem Bedürfnis einer EU-weiten Regulierung gewerblicher Prozessfinanzierung ging diesen Sommer in die nächste Runde in Form einer durch die Europäische Kommission in Auftrag gegebenen Umfrage, an der auch die BRAK am 3.9.2024 teilnahm. Das Europäische Parlament hatte bereits 2022 die „Entschließung und Empfehlung an die Europäische Kommission vom 13.9.2022 zur verantwortungsbewussten privaten Finanzierung von Rechtsstreitigkeiten“ veröffentlicht und damit auf EU-Ebene die Diskussion rund um das Bedürfnis einer EU-einheitlichen Regulierung gewerblicher Prozessfinanzierer eröffnet. Inhaltlich folgte das Parlament nahezu umfassend dem Bericht des Abgeordneten Axel Voss, dem sog. „Voss-Bericht“, und fordert u.a. die Einführung einer Offenlegungspflicht für prozessfinanzierte Rechtsstreitigkeiten sowie die Schaffung gewisser „Mindeststandards“: Hierunter u.a. die Einführung einer Höchstgrenze für die Vereinbarung des Erfolgshonorars von 40 %. Zudem soll dem Prozessfinanzierer jedwede Einflussnahme auf den Prozessverlauf untersagt sein. Die Europäische Kommission entschloss sich in ihrem ersten Schritt, eine Untersuchung des europäischen Prozessfinanzierungsmarktes in Form einer Mapping Study an einen externen Dienstleister – das British Institute of International and Comparative Law (BIIC) in Kooperation mit der Civic Consulting, bestehend aus dem Asser Institute und den Risks & Policy Analysts (RPA) – in Auftrag zu geben und sich durch Befragung von Interessenvertretern sowie gezielten Interviews einen Überblick über den europäischen Prozessfinanzierungsmarkt zu verschaffen. Hieraus resultierte die online geschaltete Umfrage, an der auch die BRAK teilgenommen hat. Die BRAK verwies im Rahmen ihrer Antworten u.a. auf die Intransparenz nicht nur des nationalen, sondern auch des europäischen Prozessfinanzierungsmarktes; diese ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass keinerlei Offenlegung eines prozessfinanzierten Rechtsstreits vorgesehen und gesetzlich verankert ist. Zudem wies die BRAK auf die weitreichenden Kündigungsrechte sowie die vertraglich eingeräumten Mitsprache- und Vetorechte der Prozessfinanzierer hin und betonte zugleich, dass zwischen dem Finanzierten und dem Finanzierer nicht grundsätzlicher Interessengleichklang besteht. Mit Blick auf die Likert-Skala der Umfrage zum Entschließungsentwurf des Europäischen Parlaments zur verantwortungsbewussten privaten Finanzierung AUS DER ARBEIT DER BRAK AUS DER ARBEIT DER BRAK BRAK-MITTEILUNGEN 5–6/2024 291

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