BRAK-Mitteilungen 5-6/2024

waltskammer zu einer BAG zusammenschließen; nach § 55a I 1 Nr. 2 StBerG könnten auch zugelassene BAGen i.S.d. BRAO Gesellschafter einer BAG sein. Eine solche Unterscheidung erscheine unter dem gesetzlich gewollten Aspekt der „Angleichung der Berufsrechte“ widersinnig. Dementsprechend ergebe sich auch – entgegen des vermeintlich klaren Wortlauts des § 59i I 1 Nr. 1 BRAO – aus der Gesetzesbegründung ein anderer Grundtenor, nämlich die grundsätzliche Zulässigkeit mehrstöckiger Gesellschaften. Im Übrigen würde die Absicherung der berufsrechtlichen Grundpflichten bereits gesetzlich über §§ 59d, 59e BRAO (vgl. § 51 StBerG) sichergestellt, sodass die gesetzliche Einschränkung nicht erforderlich und angemessen sei (Art. 12 I GG) und im Hinblick auf die nahezu identischen Berufspflichten von Rechtsanwälten und Steuerberatern sowie der Unterscheidung zwischen der Beteiligung von Steuerberatern und steuerberatenden BAGen auch gegen Art. 3 I GG verstoße. [5] Nachdem die Bekl. die Kl. unter dem 14.12.2023 nach Beratung der zuständigen Abteilung mit ausführlicher Begründung auf ihre weiterhin bestehenden Bedenken hinsichtlich der Zulassung hingewiesen und die Kl. hierzu im Wesentlichen unter Wiederholung ihrer o.g. Auffassung Stellung genommen hatte, hat die Bekl. den Zulassungsantrag der Kl. mit Bescheid v. 15.2.2024 abgelehnt. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ausgeführt, nach dem engen Gesetzeswortlaut des § 59i I 1 BRAO sei die Beteiligung einer Steuerberatungsgesellschaft an einer BAG nicht möglich, denn eine BAG i.S.d. Vorschrift sei nur eine nach § 59f BRAO zugelassene BAG. Andere BAGen etwa nach dem StBerG oder der WPO würden von der Vorschrift nicht erfasst. Nachdem sich § 55a StBerG auf „anerkannte Berufsausübungsgesellschaften“ und § 28 WPO auf „Wirtschaftsprüfungsgesellschaften“ bezögen und damit alle drei Parallelvorschriften konsistent die jeweils spezifische Bezeichnung der jeweils geregelten Berufsgruppe verwandten, müsse der Ausdruck „zugelassene Berufsausübungsgesellschaft“ in § 59i I 1 BRAO so verstanden werden. [6] Tatsächlich sei auch nur § 55a I 1 StBerG in der Weise weiter gefasst, als er auch auf „zugelassene Berufsausübungsgesellschaften im Sinne der Bundesrechtsanwaltsordnung“ (Ziff. 2.) und „anerkannte Wirtschaftsprüfungsgesellschaften“ (Ziff. 3.) verweise. Demgegenüber erfasse § 28 IV Nr. 1a WPO nur Steuerberater und Rechtsanwälte und § 52c I 1 Nr. 1 PAO nur Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer als natürliche Personen, ebenso wie § 59c I Nr. 1 BRAO. Damit lasse allein das StBerG eine Doppelstöckigkeit über den eigenen Berufsstand hinaus zu. Deshalb könnten aus der fehlenden negativen Regelung in § 59i I 1 BRAO auch nicht die von der Kl. vorgenommenen Rückschlüsse gezogen werden. [7] Anderes ergebe sich auch nicht aus §§ 59d, 59e BRAO, auch wenn diese die Einhaltung der Berufspflichten durch die BAG und deren Gesellschafter sicherstellen sollten. Denn eine Steuerberatungsgesellschaft werde nicht von dieser Kontrolle erfasst, weil §§ 59d I 1, 59e II 2 BRAO auf § 59c I 1 BRAO verwiesen, der jedoch Steuerberatungsgesellschaften gerade nicht nenne. [8] Auch die Gesetzesbegründung (BT-Drs. 19/27670, 191) lasse keine andere Beurteilung zu, weil die Neuregelung des Berufsrechts keine vollkommene Angleichung der jeweiligen Regelungen zum Ziel gehabt habe, sondern nur „weitgehend einheitliche (...) Regelungen“ und ein „kohärentes Gesellschaftsrecht für die anwaltlichen und steuerberatenden Berufe“ habe schaffen sollen. „Soweit die rechtliche Stellung oder die tatsächliche Situation der Berufsgruppen sich voneinander unterscheiden, soll(t)en erforderliche Abweichungen bestehen bleiben“. Deshalb sei nach der Gesetzesbegründung eine Doppelstöckigkeit nur innerhalb des eigenen Berufszweigs von Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern zugelassen worden, ausdrücklich aber nicht für anwaltliche BAGen. Dort „sollen nur solche Gesellschaften eine Gesellschaftsposition innehaben dürfen, die selber den Anforderungen der §§ 59b ff. BRAO-EG genügen“, um die Kontrolle der Einhaltung der Vorgaben durch die RAK sicherzustellen. Noch deutlicher werde der gesetzgeberische Wille mit Blick auf die Gesetzesbegründung zu § 55a StBerG, in welcher die rechtsanwaltliche BAG und Wirtschaftsprüfergesellschaft als Gesellschafter einer doppelstöckigen Gesellschaft ausdrücklich angeführt würden (BT-Drs. 19/27670, 282). Der Ausschluss berufsfremder BAGen in § 59i I 1 BRAO sei damit beabsichtigt gewesen. [9] Daran sei die Bekl. auch unter Berücksichtigung der geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken der Kl. gebunden. [10] Gegen diesen Bescheid wendet sich die Kl. mit ihrer Klage, zu deren Begründung sie ergänzend meint, der einzig denkbare Grund für ein Verbot interprofessioneller BAGen nach der BRAO sei die nur eingeschränkten Rechtsdienstleistungsbefugnisse einer Steuerberatungsgesellschaft gegenüber den umfassenden Beratungs- und Vertretungsbefugnissen von Rechtsanwälten in allen Rechtsbereichen, damit auch im gesamten Feld der Steuerberatung. Insoweit bestehe aber kein Unterschied zu einem Steuerberater als natürlicher Person, der Gesellschafter einer anwaltlichen BAG sein dürfe. Diese Ungleichbehandlung sei nicht gerechtfertigt, weil die notwendige Absicherung der anwaltlichen Grundpflichten durch die RAKn gerade durch die §§ 59d, 59e BRAO erreicht werde und die Steuerberatungsgesellschaft ohnehin eigener Kammeraufsicht unterliege. [11] Abgesehen davon sei § 59i I 2 BRAO auch europarechtswidrig, weil durch diese die Freiheit des Kapitalverkehrs gem. Art. 63 I AEUV beschränkt werde. Denn die Vorschrift stehe dem Erwerb von Geschäftsanteilen an einer Rechtsanwaltsgesellschaft durch eine Steuerberatungsgesellschaft entgegen, ohne dass eine Rechtfertigung dieses Eingriffs i.S.v. Art. 15 IIIc der Dienstleistungsrichtlinie ersichtlich sei. Nach der Dienstleistungsrichtlinie sei es zwar zulässig, Beschränkungen vorzuseSOZIETÄTSRECHT BRAK-MITTEILUNGEN 5–6/2024 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 308

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