BRAK-Mitteilungen 5-6/2024

zusehen, die die Unabhängigkeit der Rechtsberatung und eine geordnete Rechtspflege sicherstellen. Gemäß Art. 15 IIIc der Dienstleistungsrichtlinie müssen solche Beschränkungen aber verhältnismäßig sein (Bayerischer AGH, EuGH-Vorlage v. 20.4.2023 – BayAGH III – 4 – 20/21 Rn. 159 betreffend die Übertragung von Geschäftsanteilen einer Rechtsanwaltsgesellschaft an Personen ohne Zulassung zur Rechtsanwaltschaft). [35] Davon ist aus den bereits dargestellten Gründe auszugehen. VERGÜTUNG TRANSPARENZ ANWALTLICHER VERGÜTUNGSVEREINBARUNGEN RVG § 1 I 1; BGB §§ 306 II, 307 I, 310 III, 675 I 1. Eine formularmäßig getroffene anwaltliche Zeithonorarabrede ist auch im Rechtsverkehr mit Verbrauchern nicht allein deshalb unwirksam, weil der Rechtsanwalt weder dem Mandanten vor Vertragsschluss zur Abschätzung der Größenordnung der Gesamtvergütung geeignete Informationen erteilt noch sich dazu verpflichtet hat, ihm während des laufenden Mandats in angemessenen Zeitabständen Zwischenrechnungen zu erteilen oder Aufstellungen zu übermitteln, welche die bis dahin aufgewandte Bearbeitungszeit ausweisen. 2. Ist eine formularmäßig getroffene anwaltliche Vergütungsvereinbarung aus AGB-rechtlichen Gründen insgesamt unwirksam, richten sich die Honoraransprüche des Rechtsanwalts nach den Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes. BGH, Urt. v. 12.9.2024 – IX ZR 65/23 AUS DEM TATBESTAND: [1] Der Kl. nimmt die Bekl. auf Zahlung von Anwaltshonorar für verschiedene Mandate in Anspruch, bei denen eine erb- und familienrechtliche Auseinandersetzung im Vordergrund stand. Die Parteien schlossen für jedes Mandat eine vom Kl. vorformulierte Vergütungsvereinbarung. In den jeweiligen Vergütungsvereinbarungen hieß es unter anderem: „Abweichend von den gesetzlichen Gebühren des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes erhält oben genannte Rechtsanwaltskanzlei für die Tätigkeit eines Rechtsanwalts eine Grundgebühr von 150 Euro und eine Vergütung von 190 Euro/h, für die Tätigkeit von Rechtsanwalt N. von 245 Euro/h zzgl. Auslagenpauschale und gesetzlicher MwSt. Für Streitwerte über 250.000 Euro erhöht sich der Stundensatz um 10 Euro je angefangene weitere 50.000 Euro. [...] Die Auslagenpauschale beträgt 5 % der Nettogebühren, mindestens 20 Euro. Die Notwendigkeit der Fertigung von Kopien steht im pflichtgemäßen Ermessen des Anwalts. Je kopierter Seite oder Scan fallen 0,50 Euro an. [...] [...] Endet eine Angelegenheit durch eine Einigung, steht dem Rechtsanwalt die Einigungsgebühr (VV 1.000 RVG) neben der Stunden- und Grundgebühr zu. Wird ein Strafverfahren, ein Betreuungsverfahren oder ein sonstiges nachteiliges gerichtliches Verfahren nach Auftragserteilung eingestellt oder erfolgt ein Freispruch, erhält der Rechtsanwalt als Erfolgsgebühr einen zusätzlichen Betrag von 750 Euro. [...] Entsteht Streit über die angefallene Arbeitszeit, kann der Rechtsanwalt anstelle des Zeithonorars oder hilfsweise nach seiner Wahl das Doppelte der gesetzlichen Vergütung mindestens jedoch eine 2,5 Geschäftsgebühr zuzüglich Umsatzsteuer verlangen. [...] Die vom Rechtsanwalt abgerechneten Zeiten gelten als anerkannt, wenn der Auftraggeber nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Wochen nach Zugang des Abrechnungsschreibens substantiiert widerspricht. [...]“ [2] Die Grundgebühr des Kl. wurde handschriftlich eingetragen. Bei einem Auftrag betrug der vorformulierte Stundensatz des Kl. 255 Euro/h. Der Kl. erstellte für seine Tätigkeit Abrechnungen. Die Bekl. beglich die Honorarforderungen des Kl. zum Teil. [3] Mit seiner Klage verlangt der Kl. auf der Grundlage seiner Abrechnungen die Zahlung restlicher Vergütung i.H.v. insgesamt 132.072,11 Euro nebst Zinsen. Die Bekl. begehrt im Wege der Widerklage die Erstattung gezahlter Gebühren i.H.v. 5.455,91 Euro nebst Zinsen. Sie macht überdies im Wege der Hilfsaufrechnung und Hilfswiderklage Ansprüche auf Rückerstattung überzahlten Honorars i.H.v. insgesamt 52.062,94 Euro nebst Zinsen geltend. [4] Das LG hat der Klage stattgegeben und die Widerklagen abgewiesen. Auf die Berufung der Bekl. hat das Berufungsgericht die Klage i.H.v. 92.575,71 Euro nebst Zinsen abgewiesen und dabei die Hilfsaufrechnung i.H.v. 3.421,68 Euro als durchgreifend erachtet. Im Übrigen hat es das Rechtsmittel der Bekl. zurückgewiesen und das Urteil des LG aufrechterhalten. [5] Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen. Die Bekl. erstrebt mit ihrer Revision die vollständige Abweisung der Klage und verfolgt ihre Widerklageanträge weiter. Der Kl. begehrt mit seiner Revision die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. AUS DEN GRÜNDEN: [6] A. Die Rechtsmittel beider Parteien sind statthaft. Das Berufungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil ohne Einschränkung zugelassen. Die Revisionen der VERGÜTUNG BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 5–6/2024 311

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