BRAK-Mitteilungen 5-6/2024

des Diözesanbischofs (vgl. Can. 515 § 2 CIC; ggf. nach Anhörung des Priesterrats). Der Pfarrer ist zwar der eigene Hirte der ihm übertragenen Pfarrei; er nimmt die Seelsorge aber für die ihm anvertraute Gemeinschaft unter der Autorität des Diözesanbischofs wahr (vgl. Can. 519 CIC). Der Hirtendienst des Pfarrers ist somit Teilhabe am Hirtendienst des Bischofs; er hängt im Vollzug der Pfarrseelsorge vom Bischof ab (Schwendenwein, Die Katholische Kirche, 2003, S. 449). [38] Dies bringt letztlich zum Ausdruck, dass es sich – wie auch der Kl. in der Anhörung ausgeführt hat – um „eine“ Kirche handeln soll und somit um eine Einheit, die nur ein Interesse verfolgt und auch nur einen Willen bildet und durchsetzt. Somit ist eine Gefahr von Interessenkonflikten nicht zu besorgen (vgl. BT-Drs. 18/5201, 31), so dass die Kirchengemeinde als „Mitglied“ i.S.d. § 46 V 2 Nr. 2 BRAO anzusehen ist. [39] 2. Auch die übrigen Voraussetzungen für eine Zulassung des Kl. als Syndikusrechtsanwalt sind gegeben. [40] a) Das Arbeitsverhältnis des Kl. ist durch anwaltliche Tätigkeiten geprägt (§ 46 III BRAO). [41] Das Arbeitsverhältnis eines Syndikusrechtsanwalts anwaltliche Prägung wird durch die in § 46 III Nr. 1 bis 4 BRAO näher beschriebenen anwaltlichen Tätigkeiten geprägt. Die anwaltlichen Tätigkeiten müssen folglich quantitativ und qualitativ den Schwerpunkt des Arbeitsverhältnisses eines SyndikusrechtsanwaltsBewerbers darstellen. Dabei liegt ein Anteil von 65 % anwaltlicher Tätigkeit am unteren Rand des für eine anwaltliche Prägung des Arbeitsverhältnisses Erforderlichen (BGH, Urt. v. 30.9.2019 – AnwZ (Brfg) 63/17, NJW 2019, 3649 Rn. 18; Beschl. v. 9.1.2020 – AnwZ (Brfg) 11/19 Rn. 6). Ein geringerer Anteil anwaltlicher Tätigkeiten reicht für die Annahme einer anwaltlichen Prägung in der Regel nicht aus (vgl. BGH, Urt. v. 25.3. 2022 – AnwZ (Brfg) 8/21, NJW-RR 2023, 57; v. 26.11. 2020 – AnwZ (Brfg) 47/19 Rn. 10). [42] Nach den Angaben in der Tätigkeitsbeschreibung und den ergänzenden Angaben des Kl. ist davon auszugehen, dass der Anteil anwaltlicher Tätigkeiten jedenfalls mehr als 65 % seiner Gesamttätigkeit ausmacht. [43] Der Kl. hat auf Seite 12 f. des Schriftsatzes v. 23.5. 2022 ausgeführt, dass den Schwerpunkt seiner Tätigkeit die Prüfung und Gestaltung von Verträgen für das Bistum, die Erstellung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen für Einrichtungen des Bistums, die Nachlassangelegenheiten des Bistums und die Prüfung urheberrechtlicher Fragestellungen für das Bistum sowie die allgemeine Rechtsberatung der Abteilungen des Bistums bildeten. Dies hat er durch die Auswertung der von ihm erstellten Dokumente und der von ihm bearbeiteten E-Mails näher dargestellt. [44] b) Auch die übrigen Voraussetzungen für den Zugang zur Rechtsanwaltschaft liegen vor. [45] aa) Entgegen der in der ersten Instanz geäußerten Auffassung der Beigeladenen scheitert die Zulassung des Kl. nicht an §§ 46a I 1 Nr. 2, 7 Nr. 8 BRAO. Der Kl. übt keine Tätigkeit aus, die mit dem Beruf eines Syndikusrechtsanwalts, insb. seiner Stellung als unabhängiges Organ der Rechtspflege, nicht vereinbar ist oder das Vertrauen in seine Unabhängigkeit gefährden kann. [46] Zwar kann das Zulassungshindernis des § 7 Nr. 8 BRAO auch einer Zulassung als Syndikusrechtsanwalt entgegenstehen (vgl. Senat, Urt. v. 22.6.2020 – AnwZ (Brfg) 81/18, NJW-RR 2020, 1317 Rn. 17; v. 30.9.2019 – AnwZ (Brfg) 38/18, NJW 2019, 3644 Rn. 16; v. 15.10. 2018 – AnwZ (Brfg) 20/18, NJW 2018, 3701 Rn. 25 ff. und v. 15.10.2018 – AnwZ (Brfg) 68/17, NJW 2018, 3712 Rn. 20). Danach ergibt sich eine Gefährdung der Interessen der Rechtspflege i.S.v. § 7 Nr. 8 BRAO und damit ein Ausschluss der Zulassung insb. dann, wenn der im öffentlichen Dienst beschäftigte Antragsteller am Erlass hoheitlicher Maßnahmen mit Entscheidungsbefugnis beteiligt ist (vgl. Senat, Urt. v. 30.9.2019 – AnwZ (Brfg) 38/18, NJW 2019, 3644 Rn. 17 ff.). So liegt der Fall hier indes nicht, da der Kl. als Angestellter der Kirche keine staatlichen Aufgaben wahrnimmt (vgl. BVerfG, NJW 2007, 2317, 2318; Schmidt-Räntsch, in Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, 3. Aufl., § 7 Rn. 85) und auch nicht hoheitlich tätig wird. Die bloße Vorbereitung hoheitlicher Maßnahmen durch Stellungnahmen, Rechtsgutachten, mündliche oder schriftliche Beratungen sowie Fertigung von Entscheidungsentwürfen erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 7 Nr. 8 BRAO (vgl. Senat, Urt. v. 6.5.2019 – AnwZ (Brfg) 31/17, NJW-RR 2019, 879 Rn. 24). Darin erschöpft sich die Tätigkeit des Kl. [47] bb) Entgegen der erstinstanzlich geäußerten Ansicht der Beigeladenen bestehen keine Zweifel an der fachlichen Unabhängigkeit des Kl. nach § 46 III und IV BRAO. Diese ist vertraglich gewährleistet. Nach Ziffer III. der von ihm und seinem Arbeitgeber unterzeichneten Tätigkeitsbeschreibung bearbeitet der Kl. Sachverhalte und juristische Fragestellungen fachlich unabhängig, selbstständig und eigenverantwortlich. Ihm gegenüber bestehen danach keine Vorgaben zur Art und Weise der Bearbeitung und Bewertung bestimmter Rechtsfragen. [48] Nach § 46 IV 2 BRAO ist allerdings, worauf die Beigeladene zu Recht hinweist, die fachliche Unabhängigkeit der Berufsausübung auch tatsächlich zu gewährleisten. Insoweit ist erforderlich, dass die fachliche Unabhängigkeit im Rahmen des Anstellungsverhältnisses tatsächlich gelebt wird (vgl. BT-Drs. 18/5201, 29; Senat, Beschl. v. 5.4.2019 – AnwZ (Brfg) 79/18, NJWRR 2019, 829 Rn. 7). [49] Soweit die Beigeladene darauf verweist, dass die fachliche Unabhängigkeit Synodalstatuten des Bistums E. Vorgaben für die Bewertung und Bearbeitung bestimmter Rechtsfragen enthalten könnten, findet dies keine Bestätigung in den vom Kl. zur Gerichtsakte gereichten SynodalstatuSYNDIKUSANWÄLTE BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 5–6/2024 327

RkJQdWJsaXNoZXIy ODUyNDI0