BRAK-Mitteilungen 5-6/2024

[24] Unter Berücksichtigung der Gesamtumstände trägt aber auch dieses Indiz nicht wesentlich zur Auslegung bei. Herr D. hat sein M. beA nämlich bereits erstinstanzlich durchgehend zur Versendung der Schriftsätze der Bekl. genutzt, obwohl er erstinstanzlich eindeutig nur als „Head of Labour Relations“ der Bekl. handelte und so bezeichnet wurde. In dieser Funktion handelte er eindeutig im Rahmen seines Abhängigkeitsverhältnisses zur Bekl. Hat Herr D. aber sein beA schon erstinstanzlich zweckentfremdend für seinen Arbeitgeber genutzt, kann aus der Weiterverwendung dieses beA für den nämlichen Rechtsstreit nicht notwendigerweise auf eine unabhängige Rechtsanwaltstätigkeit rückgeschlossen werden. [25] c) Die „objektive Beweislast“ für das Vorliegen der Prozessvoraussetzungen trägt derjenige, der sich auf diese beruft (BAG, Urt. v. 20.1.2000 – 2 AZR 733/98; Saenger/Bendtsen, ZPO, 10. Aufl., § 56 Rn. 6). Die verbleibenden Zweifel gehen somit zu Lasten der Bekl. [26] 3. Die Verwerfung konnte gem. § 522 I 3 ZPO durch Beschluss erfolgen, welcher gem. § 66 II 2 ArbGG ohne mündliche Verhandlung durch den Vorsitzenden zu erfolgen hatte. [27] 4. (...) [28] 5. Die Revisionsbeschwerde war gem. §§ 77, 72 II Nr. 1 ArbGG wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. HINWEISE DER REDAKTION: Im Zusammenhang mit dieser Entscheidung, der im Ergebnis zu folgen ist, muss darauf hingewiesen werden, dass der allgemeine Verweis des LAG BadenWürttemberg auf eine fehlende Unabhängigkeit von Syndikusrechtsanwälten, der zudem auf eine sehr alte Rechtsprechung des BAG gestützt wird (die lange Zeit vor der Reform des Syndikusrechts ergangen ist), nicht verfängt. § 46 II BRAO verlangt für die Zulassung eines Syndikusrechtsanwalts stets eine fachlich unabhängige und eigenverantwortlich ausgeübte Tätigkeit. Das Verbot, seinen Arbeitgeber vor dem LAG bzw. BAG zu vertreten ergibt sich unmittelbar aus der vom LAG Baden-Württemberg nicht behandelten Vorschrift des § 46c II Nr. 2 BRAO. Dieses Verbot wird jedoch nicht auf eine fehlende fachliche Unabhängigkeit gestützt, sondern vom Gesetzgeber mit dem Grundsatz der Waffengleichheit begründet. VORLÄUFIGKEITSVERMERK ZUR GEWINNERZIELUNGSABSICHT BEI EINER NEBENBERUFLICHEN ANWALTSTÄTIGKEIT BRAO § 46; AO § 165 I 1 Bei der nebenberuflichen Anwaltstätigkeit einer Syndikusrechtsanwältin in eigener Kanzlei darf aufgrund einer dauerhaften Verlustsituation ein Vorläufigkeitsvermerk gem. § 165 I 1 der Abgabenordnung hinsichtlich einer ungewissen Gewinnerzielungsabsicht jedenfalls dann ergehen, wenn die Art und Weise der Betriebsführung der Kanzlei unklar ist. Weitere Umstände des Einzelfalls, die den grundsätzlich bestehenden Anscheinsbeweis für eine Gewinnerzielungsabsicht der nebenberuflichen anwaltlichen Tätigkeit in der eigenen Kanzlei erschüttern, müssen nicht festgestellt werden. BFH, Beschl. v. 17.7.2024 – VIII B 48/23 Volltext unter www.brak-mitteilungen.de HINWEISE DER REDAKTION: Langjährige Verluste eines selbstständig tätigen Rechtsanwalts, dessen Einnahmen ohne plausible Gründe auf niedrigstem Niveau stagnieren und der seinen Lebensunterhalt aus erheblichen anderweitigen Einkünften bestreitet, sprechen regelmäßig dafür, dass er seine Tätigkeit nur aus persönlichen Gründen fortführt (BFH, BRAK-Mitt. 2005, 143). ABWICKLUNG UND VERTRETUNG NOTWENDIGE BEILADUNG EINES KANZLEIABWICKLERS BRAO § 112e S. 2; VwGO §§ 65 II, 125 I 1 * 1. Im Falle der Anfechtung einer Abwicklervergütung ist der Kanzleiabwickler gem. § 65 II VwGO notwendig beizuladen. * 2. Ist eine Beiladung unterblieben, ist sie nachzuholen. Eine solche Nachholung ist auch im Berufungsrechtszug noch möglich. BGH, Beschl. v. 5.6.2024 – AnwZ (Brfg) 38/23 Volltext unter www.brak-mitteilungen.de HINWEISE DER REDAKTION: Für die Festsetzung einer angemessenen Vergütung des Abwicklers sind im Wesentlichen der Zeitaufwand, den der Abwickler für die Bewältigung seiner Aufgaben benötigt, seine berufliche Erfahrung und Stellung sowie die Schwierigkeit und Dauer der Vertretung von Bedeutung. Anhaltspunkt für die Bemessung ist das Gehalt, das für einen Angestellten oder BRAK-MITTEILUNGEN 5–6/2024 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 330

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