BRAK MITTEILUNGEN FEBRUAR 2025 · AUSGABE 1/2025 56. JAHRGANG AKZENTE ACHTERBAHN Dr. Ulrich Wessels Kommt die Gebührenerhöhung jetzt oder kommt sie nicht? Klar ist jedenfalls: Eine Anpassung der gesetzlichen Anwaltsgebühren ist dringend notwendig. Anwältinnen und Anwälte müssen auskömmlich arbeiten können, um ihre wichtige Aufgabe für unseren Rechtsstaat erfüllen zu können. Die letzte Anpassung durch das Kostenrechtsänderungsgesetz im Jahr 2021 war nicht hinreichend, und seitdem sind Personalund Sachkosten inflationsbedingt erheblich gestiegen. Darüber, dass eine Erhöhung notwendig ist, besteht im Grundsatz Einigkeit zwischen Bund, Ländern und Anwaltschaft. Doch schon von der Forderung nach einer Anpassung, die bereits zu Beginn der jetzt auslaufenden Legislaturperiode unter anderem von der BRAK erhoben wurde, bis zu einem Gesetzentwurf war es ein weiter Weg – und er ist noch nicht ganz zu Ende. Anfang 2023 war aus dem Bundesjustizministerium zu vernehmen, der Minister wolle sich für eine Erhöhung noch in dieser Legislaturperiode einsetzen, er lasse bereits Daten zu Preissteigerungen zusammengetragen und sei an die Länder herangetreten. In den folgenden Diskussionen wurde neben der schon bekannten Verknüpfung mit einer Erhöhung der Gerichtsgebühren auch noch eine Erhöhung der Gebühren für Gerichtsvollzieher sowie der Vergütungssätze für Sachverständige und Sprachmittler mit den Anwaltsgebühren verknüpft. Im Juni 2024 legte das Bundesjustizministerium schließlich den lang erwarteten Referentenentwurf vor. Er sollte eine lineare Erhöhung der Gebühren nach dem RVG bringen, durchschnittlich um 6 % bei Wertgebühren und um 9 % bei Festgebühren. BRAK und DAV begrüßten den Entwurf – auch wenn die geplanten Erhöhungen hinter den Erwartungen der Anwaltschaft zurückbleiben. Weil sich das bisherige Bundeskabinett nicht einigen konnte, waren jedoch seitdem keine Fortschritte mehr zu verzeichnen. Mit dem Bruch der Ampelkoalition Anfang November und damit dem Ausscheiden des bisherigen Bundesjustizministers Dr. Buschmann, der das Anliegen der Anwaltschaft unterstützt hatte, schien die Hoffnung auf eine Gebührenerhöhung zerschlagen. Dann sorgte Interims-Bundesjustizminister Wissing für eine Überraschung: Auf seine Initiative beschloss das Bundeskabinett Mitte Dezember den Gesetzentwurf für das Kostenrechtsänderungsgesetz 2025 (KostRÄG) in Form einer Formulierungshilfe für die Koalitionsfraktionen, um den Gesetzentwurf in den Bundestag einzubringen. Wie der Referentenentwurf sieht er vor, dass Wertgebühren nach dem RVG um 6 % steigen, Festgebühren um 9 %. Auch die Gerichtskosten und die Gebühren für Gerichtsvollzieher, Sachverständige und Dolmetscher sollen angehoben werden, und zudem die Vergütung der Verfahrensbeistände. Der Bundestag sollte sich am 31.1.2025 mit dem Entwurf befassen. Doch kurzfristig wurde das KostRÄG wieder von der Tagesordnung gestrichen. Das sorgte für einige Aufregung, hatte aber letztlich nur den Grund, dass der Entwurf des KostRÄG in den des Betreuervergütungsgesetzes integriert wurde; die Tagesordnung wurde also lediglich bereinigt und der Bundestag beschloss das nunmehr als Kosten- und Betreuervergütungsrechtsänderungsgesetz 2025 bezeichnete Gesetz. Kommt die Gebührenerhöhung nun also? Nach der bisherigen Achterbahn hängt das nun von der Zustimmung des Bundesrates ab, der möglicherweise bereits Ende März entscheiden könnte. Es bleibt zu hoffen, dass sich die Länder trotz der schwierigen Lage ihrer Haushalte bewusst sind, dass ein funktionierendes und vertrauenswürdiges Rechtssystem eine starke Anwaltschaft braucht. Dafür ist es elementar, dass Anwältinnen und Anwälte auskömmlich arbeiten können – gerade in ländlichen Regionen mit eher kleineren Kanzleien. Es muss verhindert werden, dass gerade dort den Bürgerinnen und Bürgern der Zugang zum Recht nicht erschwert wird. Dafür ist die Anwaltschaft auf eine rasche Anpassung ihrer gesetzlichen Vergütung angewiesen. Die Länder sollten ihre Verantwortung jetzt ernst nehmen: Die Anwaltschaft als eine wichtige Säule des sozialen Rechtsstaats zu stärken ist eine unverzichtbare Investition in die Zukunft. Ihr Dr. Ulrich Wessels AKZENTE BRAK-MITTEILUNGEN 1/2025 1
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